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CDU wählt Merz zum neuen Vorsitzenden

Merz soll CDU-Vorsitz übernehmen
Merz soll CDU-Vorsitz übernehmen ©APA/AFP/POOL
Mit der Wahl des früheren Unionsfraktionschefs Friedrich Merz zum neuen Vorsitzenden will die CDU vier Monate nach ihrem Desaster bei der deutschen Bundestagswahl das Signal für einen Neuanfang geben. Merz kam am Samstag in der Früh in die CDU-Parteizentrale in Berlin, wo er gegen 11.30 Uhr vor zugeschalteten 1.001 Delegierten seine Vorstellungsrede halten wollte. Anschließend sollten eine Fragerunde und die Online-Wahl folgen.

Das Ergebnis dürfte gegen 12.30 Uhr vorliegen. Wegen der Corona-Pandemie wird nur die engste Führungsriege in der Parteizentrale in Berlin anwesend sein. Die Wahl von Merz gilt als sicher, nachdem er im Dezember in der ersten Mitgliederbefragung der Geschichte der CDU zum Parteivorsitz mit 62,1 Prozent zum Nachfolger des als Kanzlerkandidat gescheiterten Armin Laschet bestimmt worden war. Die Wahl ist eine Konsequenz aus dem mit 24,1 Prozent historisch schlechtesten Unionsergebnis bei einer Bundestagswahl. Das Ergebnis muss anschließend per Briefwahl formell bestätigt werden.

Direkt nach dem Parteitag wollte Merz die neue Führungsspitze erstmals um sich versammeln. Offiziell sollen die konstituierenden Sitzungen der neuen Führungsgremien am 7. Februar sein.

Kraftvolles Signal

Merz rief seine Partei indes zu Geschlossenheit und einem kraftvollen Aufbruch in der Opposition auf. Vom Parteitag gehe ein "kraftvolles Signal des Aufbruchs und der Erneuerung der CDU aus", so Merz. "Wir haben unser Selbstvertrauen nicht verloren." Gerade wegen der neuen Ampel-Regierung habe Deutschland Anspruch auf eine Union, "die dem Land weiter dient, die Antworten gibt auf die drängenden Fragen unserer Zeit" und die als Opposition zunächst den Anspruch an sich selbst stelle, wieder die Regierung von Morgen sein zu können.

"Täuschen wir uns nicht: Bis dahin kann es ein weiter Weg sein", warnte Merz die Union zugleich. "Wie lang der Weg wirklich wird, liegt nicht allein, aber auch an uns", ergänzte er. Die CDU müsse nun schnell Tritt fassen.

Regierung kontrollieren

Dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf Merz Untätigkeit vor. Weder in der Debatte über die allgemeine Impfpflicht, noch bei der hohen Inflation, noch im Ukraine-Konflikt habe Scholz die von ihm versprochene Führung gezeigt, so Merz. Wichtigste Aufgabe der CDU als Opposition im Bund werde es deshalb sein, "diese Regierung zu kontrollieren, diesen Bundeskanzler herauszufordern".

Laschet rief seine Partei zu Selbstbewusstsein und Gemeinsamkeit auf: "Zieht euch warm an! Die CDU kommt wieder". Die SPD versuche es so darzustellen, als läge die CDU am Boden und sei zerstört. Dazu sage er: "Vertut Euch nicht." Die CDU sei mehr als eine Bundespartei, sie regiere in vielen Bundesländern und wolle auch die anstehenden Landtagswahlen in diesem Jahr gewinnen.

Eine offene Wunde

Ausdrücklich unterstützte er seinen designierten Nachfolger Merz, der Rückendeckung weit über die unterschiedlichen Flügel hinweg habe und "in dieser Zeit genau der Richtige" sei. Es müsse zudem eingelöst werden, dass sich CDU und CSU nie wieder so streiten wie zuletzt über die Kanzlerkandidatur. Laschet, der sich gegen CSU-Chef Markus Söder durchgesetzt hatte, betonte erneut seine Verantwortung für die Wahlniederlage. "Es ist eine offene Wunde, noch immer. Und die Narbe wird bleiben."

Merz dankte Laschet für dessen "großartigen Einsatz" für die CDU. Es ehre Laschet, dass er persönliche Verantwortung für die Niederlage übernommen habe. Die CDU habe die Wahl aber "zusammen verloren". Er und Laschet seien bei dessen Wahl zum Parteichef vor einem Jahr Gegner und Wettbewerber gewesen, sagte Merz. Doch daraus sei nie eine persönliche Feindschaft geworden. Er freue sich auf eine weitere Zusammenarbeit mit Laschet im Bundestag.

"Wir sind das Team CDU"

Der scheidende CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak rief die Delegierten und Mitglieder der CDU zu "voller Unterstützung" für die neue Parteiführung auf. "Wir sind das Team CDU", sagte er. Zudem appellierte er an seine Partei, Pläne für die Einführung einer Frauenquote umzusetzen. Die Struktur- und Satzungskommission habe vorgeschlagen, "dass es eine verbindliche Quote geben soll für mehr Frauen in den Führungspositionen der CDU", so Ziemiak.

Mit Spannung wurde erwartet, wie groß der Rückhalt ist, mit dem die 1.001 Delegierten den 66-jährigen Merz ausstatten - und ob er auf die von ihm angepeilten über 80 Prozent der Stimmen kommt. Merz wird der dritte CDU-Vorsitzende innerhalb von gut drei Jahren sein, nachdem die damalige Kanzlerin Angela Merkel sich 2018 nach 18 Jahren vom Parteivorsitz zurückgezogen hatte. Bei zwei früheren Anläufen auf den Parteivorsitz hatte der Wirtschaftsexperte im Dezember 2018 gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und im Jänner 2021 gegen Armin Laschet verloren.

Ex-Kanzlerin Merkel ist beim Parteitag nicht dabei. Das hatte ihr Büro auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitgeteilt. Sie sagte aus "terminlichen Gründen" auch eine Einladung von Merz für ein Essen am Samstagabend ab, ebenso wie ihre Nachfolgerin als CDU-Chefin, Annegret Kramp-Karrenbauer. Entsprechende Informationen des "Spiegel" waren der dpa bestätigt worden.

Auf Wunsch von Merz soll der Bundestagsabgeordnete und frühere Berliner Sozialsenator Mario Czaja auf dem Parteitag zum Generalsekretär gewählt werden. Czaja soll unter anderem den Arbeitnehmerflügel abdecken.

Von den fünf bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden tritt nur die niedersächsische Bundestagsabgeordnete Silvia Breher erneut an. Neu bewerben sich die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Andreas Jung und der Bundestagsabgeordnete und Wirtschaftsexperte Carsten Linnemann.

Für die übrigen sieben Posten im Parteipräsidium kandidieren acht Frauen und Männer, darunter die Vorsitzende der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz, sowie der bisherige stellvertretende Parteichef und frühere Gesundheitsminister Jens Spahn. Auch um die weiteren 26 Plätze im Bundesvorstand der Partei bahnt sich ein harter Wettbewerb an: Bis Freitagabend hatten sich dafür 38 Kandidaten beworben. Von den insgesamt 54 Bewerbern für die Führungsgremien der CDU ist die Hälfte weiblich.

(APA/dpa/AFP)

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