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Bushs Kyoto-Alternative

Die Klimaschutz-Initiative von US-Präsident Bush unterwirft die eigene Wirtschaft keinerlei Verpflichtungen. Das Programm sei für einen wirksamen Schutz ungeeignet.

Mit Steueranreizen und dem Prinzip der Freiwilligkeit macht sie den Kampf gegen die Erderwärmung ausgerechnet beim weltgrößten Verursacher von klimaschädlichen Treibhausgasen zu einer Sache der Beliebigkeit. Nach Einschätzung von Experten, Umweltverbänden und EU-Politikern ist das Bush-Programm für einen wirksamen Klimaschutz ungeeignet und wird selbst einen weiteren drastischen Treibhausgas-Anstieg in den USA nicht verhindern.

Die USA, auf die rund ein Drittel des Ausstoßes des wichtigsten Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) entfällt, haben sich auf eine für sie bequeme Position ohne internationale Verpflichtungen oder Kontrollen zurückgezogen. Bush zweifelt zwar nicht grundsätzlich an den Forschungsergebnissen zur Erderwärmung und ihren verheerenden Folgen für Leben und Umwelt. Er betont aber, dass es dabei „wissenschaftliche Unsicherheiten“ geben. Gleichwohl sei es „weise“, eine Risikovorsorge zu betreiben. Diese soll aber der US-Wirtschaft, den Energie- und Ölkonzernen im Besonderen, nicht schaden.

Seit 1990, dem Basisjahr für die Kyoto-Ziele, ist der CO2-Ausstoß in den USA durch Kraftwerke, Industrie, Verkehr und Energieverbrauch privater Haushalte weiter um 16,7 Prozent gestiegen. Das Wirtschaftswachstum, an das Bush nun sein Programm ausdrücklich gekoppelt hat, wird auch für weitere Steigerungen sorgen, ist sich der deutsche Klimapolitik-Wissenschaftler Hermann E. Ott vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie sicher. Außerdem sei eine Verbesserung der „Energieintensität“, wie sie das Bush-Konzept vorsehe, auch nicht gleichzusetzen mit tatsächlichen CO2- Reduktionen. „Die Bush-Initiative ist Augenwischerei und heiße Luft. Statt zu einer Treibhausgas-Senkung wird es in den USA zu einer deutlichen Erhöhung kommen.“

Eine ähnliche Entwicklung befürchten neben Umweltverbänden wie Greenpeace und WWF auch der deutsche Umweltminister Jürgen Trittin und EU-Umweltkommissarin Margot Wallström, die beide an vorderster Front für das Kyoto-Protokoll kämpften. Die USA sollten laut Protokoll eine nationale Minderung von sieben Prozent beisteuern. Durch das Bush-Programm könnten die Emissionen nun aber bis 2012 sogar um knapp 30 Prozent steigen, warnte Trittin. Die Bush-Initiative tauge nicht als Alternative für das Kyoto-Protokoll, betonten Trittin wie Wallström.

Die USA waren unter dem neuen Präsidenten Bush vor einem Jahr überraschend aus den Kyoto-Vereinbarungen ausgeschert, die sie zuvor selbst mitformuliert hatten. Ohne die aktive Teilnahme der USA beschloss die Staatengemeinschaft auf den folgenden Gipfeltreffen in Bonn und Marrakesch die Detailregelungen zum Kyoto-Protokoll, das eine Verminderung der Treibhausgase in Industriestaaten um im Schnitt 5,2 Prozent bis 2012 (im Vergleich zu 1990) vorsieht.

Das Protokoll ist zwar ohne die USA weniger effektiv, kann aber auch ohne sie in Kraft treten. Allerdings muss es dazu von mindestens 55 Staaten ratifiziert werden, auf die 1990 mindestens 55 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes entfiel. Die EU ist fest entschlossen, die Ratifizierung in den nächsten Monaten unter Dach und Dach zu bringen, auch wenn es plötzlich wieder internen Streit – die Dänen wollen noch Zugeständnisse – und Hader um den Handel mit Emissionen gibt.

Von den „Wackelkandidaten“ Russland und Japan, deren Teilnahme zwingend ist, wurde das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das breite UNO-Ziel, das Protokoll bereits zum Weltumweltgipfel in Johannesburg im August/September dieses Jahres – zehn Jahre nach dem Erdgipfel von Rio de Janeiro – in Kraft treten zu lassen, sei inzwischen allein schon vom Prozedere kaum noch haltbar, meint Ott.

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