Bundesheer: Österreicher mehrheitlich für Budgeterhöhung

Angesichts des Kriegs in der Ukraine sind die Menschen in der EU mehrheitlich für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben. 52 Prozent der EU-Bürger sprechen sich in einer Gallup-Umfrage dafür aus. In Österreich sind es 55 Prozent, die für mehr Geld fürs Bundesheer eintreten. Nur 10 Prozent wären für Kürzungen. Der Gallup-International-Vizepräsident Michael Nitsche sieht hier einen eindeutigen "Wandel in der öffentlichen Meinung", wie er der APA am Freitag sagte.
Österreicher mehrheitlich für Plus bei Bundesheer-Budget
In anderen EU-Ländern wie Schweden oder Polen ist der Wunsch nach höheren Verteidigungsausgaben mit 78 und 69 Prozent noch deutlicher. Nur 45 Prozent der EU-Europäer beurteilen Ausrüstung und Einsatzfähigkeit der Armee ihres Landes als gut oder sehr gut. Auch die Österreicher sind sich der militärischen Schwächen bewusst. 76 Prozent erachten die Ausrüstung und Einsatzfähigkeit des Bundesheeres als schlecht oder weniger gut. Dennoch ist die Mehrheit von 54 Prozent der Österreicher gegen eine eigene EU-Armee.
93 Prozent sehen Österreich von Russland abhängig
Die Hauptsorge der EU-Bürger im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gilt der Inflation, Energieversorgung, der Gefahr eines Weltkrieges sowie dem möglichen Einsatz von Nuklearwaffen, ergab die Erhebung, für die vom 7. bis 23. März 23.000 Personen in 24 EU-Ländern befragt wurden. "Die Energieabhängigkeit von Russland lässt in ganz Europa die Alarmglocken läuten, am lautesten in Österreich, Deutschland, Ungarn, Italien und der Slowakei", teilte Gallup mit. 93 Prozent der Österreicher sehen Österreich nämlich von Russland abhängig. Zwei Drittel davon finden es sehr wichtig, auf erneuerbare Energien zu setzen, sagte Nitsche. Der Ersatz russischer Energielieferungen durch erneuerbare Energie finde EU-weit ungeteilte Zustimmung.
35 Prozent der Österreicher gegen EU-Beitritt der Ukraine
EU-weit ist im Durchschnitt außerdem jeder zweite Bürger dafür, die Ukraine in die EU aufzunehmen. Unter den Ländern, die einem ukrainischen EU-Beitritt am skeptischsten gegenüber eingestellt sind, befindet sich Österreich. Während in Polen, im Baltikum und auf der iberischen Halbinsel die Zustimmung zu einem EU-Beitritt der Ukraine meist bei über 70 Prozent liegt, sind es in Österreich nur 33 Prozent. 35 Prozent der Österreicher lehnen eine Aufnahme der Ukraine in die europäische Gemeinschaft dezidiert ab. Auch in der Slowakei, Ungarn und besonders Griechenland sind die Bürger diesbezüglich wesentlich skeptischer.
In der Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen sind sich die Europäer laut Gallup-Umfrage weitgehend einig: 50 Prozent sind für die unbegrenzte, 44 Prozent für eine zahlenmäßig begrenzte Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge in ihrem Land.

Position zu Russland-Sanktionen
Auch die Haltung zu den Sanktionen wurde erhoben: 42 Prozent der EU-Bürger sind der Meinung, dass die gegen Russland verhängten Sanktionen angemessen sind: 43 Prozent sprechen sich für eine Verschärfung aus, 15 Prozent finden, dass die aktuellen Strafmaßnahmen bereits zu weit gehen. Am stärksten ist das Ja zu einer Verschärfung der Sanktionen in Litauen, Polen und Finnland. Über ein Drittel der Bulgaren, Slowaken und Griechen bewertet die Sanktionen hingegen bereits jetzt als zu scharf.
Im EU-Schnitt spricht sich eine überwältigende Mehrheit der Befragten, nämlich 78 Prozent, für eine aktivere Rolle der EU in der Welt aus. Diese Haltung ist in Polen, Litauen, Spanien und Portugal mit 90 und mehr Prozent Zustimmung am stärksten, in Österreich und Dänemark am schwächsten ausgeprägt. Hierzulande sind 64 Prozent für eine aktivere EU-Rolle und 36 Prozent dagegen.
Wertschätzung für EU
Die Wertschätzung für die EU als integrierende Kraft auf dem Kontinent ist offenbar groß: Fast zwei Drittel der Befragten sehen einen großen Zusammenhalt zwischen den EU-Staaten. Besonders ausgeprägt ist diese Haltung in Schweden, Portugal, Finnland, Dänemark und Irland, am geringsten in Ungarn, Tschechien, Griechenland und Bulgarien. 63 Prozent sehen die EU derzeit als gewichtigsten Stabilitätsfaktor der Weltordnung. Nur 38 Prozent gestehen diese Bewertung den USA zu. Lediglich 12 Prozent sehen China in dieser Rolle. Russland wird als destabilisierende Macht wahrgenommen.
Gewerkschaft will höheres Bundesheer-Budget
Die Bundesheergewerkschaft hat am Freitag in der Debatte um die finanzielle Ausstattung des Bundesheeres eine deutliche Aufstockung des Heeresbudgets gefordert. "Die letzten Wochen haben den Österreicherinnen und Österreichern mit Nachdruck vor Augen geführt, dass der Krieg und die Gewalt leider niemals als Mittel der Konfliktlösung verschwinden werden", sagte Walter Hirsch (FCG), Vorsitzender der GÖD-Bundesheergewerkschaft, in einer Aussendung.
"International sind Verteidigungsausgaben im Bereich von 1,5 bis 2,0 Prozent des BIP üblich und stellen sicher, dass einerseits der Schutz der Soldatinnen und Soldaten durch moderne persönliche Schutzausrüstung gewährleistet ist und andererseits die Verteidigungsfähigkeit gegeben sein muss." Leider sei das Budget mit 0,6 Prozent des BIP über viele Jahre zu gering gewesen.
"Beschusssichere Kampfwesten, Sicherheitsbrillen oder modernste Kampfhelme gehören genauso zur Normausstattung, wie gehärtete Fahrzeuge, eine zeitgemäße Drohnen-, Luft- und Panzerabwehr. Wie überhaupt die Gewährleistung der Souveränität in der Luft - in anderen Staaten selbstverständlich - in Österreich viel zu lange Gegenstand der politischen Debatte war", fordert Hirsch eine entsprechende Infrastruktur sowie Ausstattung. Die Gewerkschaft vertraue auf die Absichtserklärungen aller politischen Parteien, "dass jetzt und in Zukunft auch das Budget des Bundesheeres normal dotiert werden", so Hirsch.
Bundesheer-Budget: Rückenwind für Tanner-Einwurf
Auch die Plattform Wehrhaftes Österreich, Dachverband der wehrpolitischen Vereine Österreichs, appelliert am Freitag an alle Abgeordneten im Parlament, das Wohl des Landes ins Zentrum der Überlegungen zu stellen und parteipolitische und ideologische Hürden zu überwinden. "Es gilt jetzt Nägel mit Köpfen zu machen. Deshalb unterstützen wir ausdrücklich den Vorschlag von Ministerin Tanner, das Bundesheer-Budget auf 1,5 Prozent des BIP zu erhöhen und einen Investitionsfonds mit 10 Mrd. Euro zu dotieren", erklärt Erich Cibulka, Vorsitzender des Dachverbands.
"Die ausreichende Finanzierung und die Sicherung der personellen Stärke durch verpflichtende Übungen sind die Basis eines modernen und leistungsfähigen Bundesheeres. Nur so können wir unseren Auftrag erfüllen, das Land und die Bevölkerung zu schützen und unsere bewaffnete Neutralität glaubhaft zu verteidigen", so Brigadier Cibulka.
(APA/Red)
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