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Bulgarien: Negatives Votum über neue Regierung

Bulgarien steht einen Monat nach den Parlamentswahlen weiterhin ohne Regierung da: Am Dienstag scheiterte eine Abstimmung im Parlament über das geplante neue Kabinett.

Das Votum über das Kabintett des designierten sozialistischen Ministerpräsidenten Sergej Stanischew scheiterte, weil nicht genügend Abgeordnete an dem Votum teilnahmen. Alle Parteien, die nicht in der Minderheits-Koalition aus Sozialistischer Partei (BSP) und Partei der türkischen Minderheit (DPS) vertreten sind, boykottierten die Abstimmung, und alle ihre Mandatare verließen den Plenarsaal in Sofia.

Die Sitzung des Parlaments wurde danach unterbrochen, da die noch anwesenden 116 der insgesamt 240 Volksvertreter nicht beschlussfähig waren. Um das erforderliche Quorum zu Stande zu bringen, müssen mindestens 121 Parlamentarier anwesend sein. Eine nächste Parlamentssitzung wurde für Mittwoch in der Früh anberaumt. Ob dabei erneut über BSP-DPS-Koalition abgestimmt werden soll, blieb unklar.

Bulgarien braucht nach Ansicht von Experten dringend eine tatkräftige Regierung mit solider Unterstützung im Parlament, um die für den Anfang 2007 angestrebten EU-Beitritt erforderlichen Reformen zu bewältigen. Sollte das Balkanland seine Verpflichtungen nicht erfüllen, könnte die EU-Mitgliedschaft gemäß einer „Schutzklausel“ im Beitrittsvertrag um ein Jahr verschoben werden.

Nach dem Sieg der BSP bei der Parlamentswahl am 25. Juni hatte Stanischew zusammen mit der DPS eine Minderheitsregierung formiert, die nur über 117 der 240 Parlamentssitze verfügt. Sollten seine Regierung nicht vereidigt, und sollten Neuwahlen angesetzt werden, würde das „eine fatale Verzögerung“ des von der EU geforderten Reformprozesses zur Folge haben, warnte Stanischew die Abgeordneten. Der designierte Regierungschef nannte das Verhalten der Opposition „verantwortungslos“.

Die DPS war bisher Koalitionspartner der Nationalen Bewegung (NDSW) von Ministerpräsident Simeon Sakskoburggotski. Auch DPS-Chef Ahmed Dogan warnte vor Neuwahlen, die eine Streichung des „Programms zur EU-Integration des Landes“ und eine Destabilisierung zur Folge hätten.

Im Zuge der Regierungsbildung waren Gespräche über eine Beteiligung der NDSW nach 25 Tagen gescheitert. „Wir dürfen keine Krise und Neuwahlen zulassen“, warnte aber auch Sakskoburggotski nach der gescheiterten Plenarsitzung.

Vertreter der vor der Parlamentswahl zerstrittenen drei Parteien des rechten Spektrums in Bulgarien forderten die Sozialisten dazu auf, auf ihr Mandat zur Regierungsbildung zu verzichten. Sie beantragten außerdem die Ablösung von Parlamentspräsident Georgi Pirinski von der BSP wegen angeblicher Mängel bei der Abwicklung der Sitzung.

Während die Abgeordneten der konservativen Oppositionsparteien die Abstimmung über das neue Kabinett boykottierten, protestierten Anhänger der ultranationalistischen Ataka (Attacke) unterdessen vor dem Parlamentsgebäude gegen eine Regierungsbeteiligung der Partei der türkischen Minderheit.

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