Der Sender war in der Nacht von Demonstranten gestürmt worden, nachdem die Polizei dessen Verteidigung vorübergehend aufgegeben hatte. Am Dienstagmorgen nahm MTV erneut seine Sendetätigkeit auf, nachdem die Polizei die Demonstranten wieder aus dem Gebäude drängen konnte. Die Polizei errichtete in den frühen Morgenstunden erneut den von den Demonstranten zeitweise durchbrochenen zweiten Schutzkordon um das Parlament.
Die Demonstration auf dem Kossuth- und Szabadsag-Platz gegen den sozialistischen Premier Ferenc Gyurcsany und seine Regierung dauerte insgesamt 32 Stunden. Zurzeit sollen sich laut Bericht der ungarischen Nachrichtenagentur MTI nur noch rund 100 Demonstranten auf dem Platz vor dem Parlament befinden, während es in der Nacht auf Dienstag 10.000 Personen gewesen sein sollen. Laut Medienberichten wurden rund 200 Personen verletzt, die Hälfte davon Polizisten.
Justizminister Jozsef Petretei bot in den Morgenstunden seinen Rücktritt an, der von Premier Ferenc Gyurcsany aber nicht akzeptiert wurde. Wie der Premier im Rundfunk erklärte, gebe es ständige Konsultationen mit dem Staatspräsidenten und den betroffenen Ministerien, um festzustellen, ob eine Mobilmachung begründet sei. Das halte ich in der gegenwärtigen Situation nicht für notwendig – erklärt Gyurcsany, wobei politische und sonstige Konsequenzen weit schwerwiegender seien.
Was geschah, waren Gewalttaten, die den Rahmen der demokratischen Meinungsäußerung sprengten. Ich sehe, die Straße ist keine Lösung, die Straße bedeutet Probleme, eine Krisensituation, betonte der Premier. Im Zusammenhang mit der Kritik an der Polizei und deren Rückzug meinte Gyurcsany: Die Polizei war uns in den vergangenen 15 Jahren eine wahre Stütze. Jetzt hat sie offensichtlich am Fernsehgebäude versagt. Doch auch hier möchte ich vor extremen Äußerungen warnen. Ich möchte nicht, dass nach der heutigen Nacht der Stab gebrochen wird über die Polizei.
Justizminister Petretei erinnerte im Fernsehen daran, dass bisher in Ungarn verfassungsmäßige Demokratie herrschte, in der niemand die Grundrechte missbrauchte, wie etwa das Versammlungsrecht. Das gab es bisher nicht. Es ist leicht, die Menschen auf die Straße zu führen, sie dort zu halten, doch sehr schwer, sie aufzuhalten. Dabei müsse erkannt werden, dass es eine sehr ernste politische Verantwortung all jener gebe, die sich für das Politisieren auf der Straße entscheiden.
Der stellvertretender Landespolizeipräsident, Bela Szabadi, gab zu, mit keinem solch hohen Grad der Gewalt wie in Budapest gerechnet zu haben. Dabei hat auch die Demonstration in Budapest nicht so gewalttätig begonnen, sondern wurde durch einen relativ kleinen aggressiven Kern ergänzt, der die Straftaten verübte. Die Ermittlung dieser Personen erfolge nun mittels Videoaufnahmen der Polizei und Aufnahmen der TV-Sender. Noch am heutigen Dienstag sollen diese Personen ermittelt und rechtliche Schritte gegen sie eingeleitet werden.
Peter Szijjarto, Sprecher des rechtskonservativen Oppositionellen FIDESZ-Ungarischer Bürgerverband, der sich solidarisch mit den Demonstranten erklärte, betonte im Rundfunk, es müsse klar gesagt werden, wer die Verantwortung für die Ereignisse trägt: Nämlich jene Person, die über die eigenen Lügen gestolpert ist (Ferenc Gyurcsany – Anm) . Wir bitten nun die Menschen, unserem Aufruf entsprechend auf keine Provokation reinzufallen und nur im Rahmen von Verfassung und Demokratie an den Demonstrationen teilzunehmen.
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