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Budapest: Bisher größte Demonstration

In der ungarischen Hauptstadt Budapest ist es am Wochenende zur größten Kundgebung seit Beginn der Proteste am vergangenen Montag gekommen. Bilder: 

Am Samstag forderten rund 40.000 Menschen den Rücktritt von Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany. Die Demonstration verliefen friedlich. Nicht zuletzt verantwortlich dafür dürfte das konsequente Auftreten der Polizei und der Gerichte bei der Festnahme und Verurteilung von Straftätern, die an den Straßenkämpfen beteiligt waren, sein, so die Polizei. Auch am Sonntag versammelten sich rund 100 Personen vor dem Parlament.

Die oppositionelle Fidesz-Partei hatte eine ursprünglich für Samstagabend geplante Großkundgebung aus Sorge vor Gewalttätigkeiten abgesagt. Sonntag Nacht wurde das Büro der regierenden Sozialisten (MSZP) in der westungarischen Stadt Köszeg angezündet, berichtet die Nachrichtenagentur MTI. Dabei soll ein Molotowcocktail durch das Fenster geworfen worden sein, wodurch ein Büro ausbrannte.

Laszlo Toroczkai, Leiter der Jugendbewegung der rechtsextremistischen Organisation “64 Varmegye“ (64 Burgkomitate), erklärte auf dem Kossuth-Platz, eine Petition mit den Forderungen der Demonstranten dem ungarischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen überreicht zu haben. Die Redner auf der Bühne hielten Non-Stop-Ansprachen, die die Demonstranten auf einer großen Leinwand verfolgen konnten. An die 500 Polizisten sicherten den Schauplatz der Massendemonstration

Einen Höhepunkt bildete der Auftritt eines vermummten Redners. Dabei handelte es sich um György Budahazy, der unter den Randalierern war, die in der Nacht auf Dienstag auf dem Szabadsag-Platz das sowjetische Ehrenmal demoliert hatten. Nach ihm läuft eine landesweite Fahndung. Der vermummte Mann forderte vor den Demonstranten, die Polizei solle „nicht ihn, sondern Premier Ferenc Gyurcsany verhaften“. Unter Beifallssturm tauchte er in der Menge unter.

Unterdessen gaben zehn bekannte ungarische Persönlichkeiten am Sonntag im „Namen des Volkes“ bekannt, Forderungen der Bevölkerung bei der ungarischen Parlamentspräsidentin Katalin Szili in Form einer Petition deponieren zu wollen. Zu den Unterzeichnern des Dokuments gehören Reformpolitiker Imre Pozsgay, Ex-Staatschef Matyas Szürös, der Architekt Imre Makovecz und der ungarnstämmige reformierte Bischof aus dem rumänischen Siebenbürgen, Laszlo Tökes. „Im Namen des Volkes fordern wir die Einberufung einer konstituierenden Nationalversammlung und die Bildung einer Übergangsregierung, verlangen wir den Beginn sofortiger Verhandlungen“, erklärte der namhafte Herzchirurg Lajos Papp, der ebenfalls zu den Unterzeichnern gehört. Die Zurückweisung der Forderungen würde zu einer Eskalierung der Demonstrationen führen, drohte Papp. Innerhalb von 48 Stunden werde eine Antwort erwartet.

Unabhängig vom Ergebnis der Kommunalwahlen am 1. Oktober und den Protesten nach seinem Eingeständnis von Lügen und Untätigkeit der Partei wird Gyurcsany im Frühjahr 2007 für den MSZP-Parteivorsitz kandidieren. Dies unterstrich er gegenüber der Zeitung „Vasarnap reggel“ (Sonntagmorgen). Der derzeitige Parteichchef und Unterrichtsminister Istvan Hiller hatte seinen Rücktritt für Anfag kommenden Jahres angekündigt. Zu seiner Rede, in der er eingeräumt hatte, dass Volk belogen zu haben, um die Parlamentswahl im April 2006 zu gewinnen, sagte Gyurcsany: „Meine Rede war Eingeständnis und Konfrontation.“ Die „ganze Situation“ müsse besprochen werden. Es sei das „Schauspiel“ der ganzen politischen Elite gewesen, was in den letzten 16 Jahren geschehen sei. Wegen des Stils seiner Rede, die er hinter verschlossenen Türen hielt, gebe es aber berechtigte Enttäuschung, so Gyurcsany.

Zu den Persönlichkeiten, die bei der Kundgebung durch Abwesenheit glänzten, gehörte der Vorsitzende des oppositionellen rechtskonservativen Fidesz-Ungarischer Bürgerverband, Viktor Orban. Der Fidesz-Chef habe nicht den Anschein wecken wollen, die Partei habe die Demonstrationen der vergangenen Tage organisiert und wolle diese für politische Ziele ausnutzen, hieß es aus seiner Umgebung. Budapester Medien behaupteten am Sonntag, die Position Orbans sei „bedeutend geschwächt“ worden. Innerhalb von Fidesz würden immer mehr eine Verantwortung Orbans für die Schwächung der internationalen Anerkennung des Landes und der Landeswährung Forint sehen, behauptet die Zeitung „Vasarnapi Hirek“.

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