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Bringt Terror den Überwachungsstaat mit sich?

In Computerdatenbanken ist schon so allerhand über uns erfasst: Kreditkartennummern nach dem Kauf eines Flugscheins, wann wir uns wo einen Wagen geliehen haben, ...

Arbeit an Techniken zur Vernetzung von Daten und Informationen
wird voran getrieben – Bürgerrechtler warnen

Hinzu kommen natürlich noch die Daten beim Finanzamt und der Bank. Was ist, wenn Computer bald alle diese Daten zusammenführen und analysieren können? Kann unser Verhalten dann vorhergesagt, können Terroranschläge wie der vom 11. September verhindert werden?

Tatsächlich stehen diese Fragen im Mittelpunkt von Projekten wie dem des früheren Sicherheitsberaters John Poindexter, die in den USA nach dem 11. September in Angriff genommen wurden. Solche neuartigen Mechanismen sollen das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stärken, aber sie werfen auch die Frage auf, ob damit nicht unfreiwillig ein Überwachungsstaat aufgebaut wird.

Zu den neuen Sicherheitstechniken gehören Kamerasysteme, die Gesichter automatisch mit den Fahndungsfotos der Polizei abgleichen oder Scanner für Fingerabdrücke. Zu den Folgen des 11. Septembers gehört auch, dass Flugpassagiere in den USA, die bar bezahlt oder nur einen Hinflug gebucht haben, stärker überprüft werden. Jede Technik für sich genommen ist dabei wohl unverdächtig, zusammengenommen und kombiniert, so befürchten Bürgerrechtler, würden die Privatsphäre und der Datenschutz massiv verletzt.

Tatsächlich ist eine solche Entwicklung noch nicht in Sicht. Bei den meisten derartigen Projekten wie dem von Poindexter handelte es sich um Forschungsarbeiten. Auch er sieht die Bedenken der Bürgerrechtler und verweist darauf, dass Politiker gerade erst begonnen hätten, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Sicher ist aber auch, dass viele Projekte zu Überwachungstechniken, die vor dem 11. September schnell im Sande verlaufen wären, jetzt voran getrieben werden.

Und zudem hat die Technik auch eine gewisse Eigendynamik. Systeme, die für einen bestimmen Zweck entworfen wurden, bekommen neue und erweiterte Aufgaben. Im Gebiet von San Francisco soll ein System zur elektronischen Abrechnung von Autobahngebühren bald auch die Bewegungsmuster der Pendler erfassen. Und eine Autovermietung nutzt jetzt ein Satellitensystem zur Positionsbestimmung, um Fahrer bei Geschwindigkeitsübertretungen zur Kasse zu bitten. In Washington will die Polizei die verschiedenen öffentlichen und privaten Überwachungskamerasysteme vereinen.

Bürgerrechtler befürchten, dass die Behörden aus Informationen leicht auch falsche Schlüsse ziehen könnten. Denn was sagen etwa Internet-Nutzungsdaten und die Titel ausgeliehener Bücher über die tatsächlichen politischen Ansichten eines Menschen aus? Entsprechende Anfragen von US-Behörden hat es bei Bibliotheken und Internet-Providern nach dem 11. September tatsächlich gegeben. Der stellvertretende Direktor der Juristischen Fakultät der Universität Harvard, Jonathan Zittrain, warnt: „Wenn wir einmal die Möglichkeit haben, ist es schwer, ’Nein“ zu sagen.“ In der jetzigen Zeit ist der beste Schutz der Bürgerrechte die Verhinderung bestimmter Techniken.“

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