Bonitätsranking: So gut oder schlecht ist Ihre Gemeinde finanziell aufgestellt

"Erdrückende Finanzlage der Gemeinden", titeln die Vorarlberger Nachrichten in ihrer Donnerstagausgabe. Tatsächlich ist es um die finanzielle Lage der Vorarlberger Gemeinden nicht allzu gut bestellt. Die Rücklagen der Gemeinden sinken weiter dramatisch. Gleichzeitig sind die langfristigen Schulden 2024 auf fast 1,3 Milliarden Euro gestiegen. Heuer budgetieren die Kommunen in Vorarlberg mit einem Minus von 71,5 Millionen Euro, wie eine Untersuchung der „Agenda Austria“ zeigt. Mit einem Gegentrend ist laut Experten nicht zu rechnen.
Zum Vergleich: Im Jahr 2012 konnten Vorarlbergs Kommunen noch Geld auf die Seite legen. Sie machten – zusammengezählt – 46 Millionen Euro plus.
Die Finanzlage der Gemeinden im Detail
Dieser negative Trend spiegelt sich auch in den Zahlen des KDZ (Zentrum für Verwaltungsforschung) wider. Das KDZ bewertet mit einem sogenannten "Quicktest" die finanzielle Leistungsfähigkeit aller Gemeinden aus einem Mix verschiedener Faktoren.
Die Daten basieren auf den Rechnungsabschlussdaten der Gemeinden. Dabei wird analysiert, ob eine Gemeinde einen ausreichenden finanziellen Spielraum hat, um ihre operativen Ausgaben zu decken und Investitionen zu tätigen. Neben dem laufenden Betrieb werden auch Investitionen, Investitionszuschüsse und die Verschuldung einbezogen. Für jedes Kennzahlenergebnis werden entsprechende Punkte nach einem Notenschlüssel verteilt, woraus sich in Summe eine Gesamteinschätzung der finanziellen Entwicklung einer Gemeinde ergibt.
4er im Zeugnis
Im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Bewertung der Vorarlberger Gemeinden noch bei Note 2,8. Zwei Jahre später hat sich dieser Wert deutlich verschlechtert: Aktuell steht im „Bonitätszeugnis“ eine 3,8 – ein klares Indiz für die angespannte Lage.
Reuthe ist finanzkräftigste Gemeinde Vorarlbergs
Doch wie ist es um die finanzielle Situation in den einzelnen Gemeinden bestellt? In einem Bonitätsranking haben wir einen Dreijahresdurchschnitt der KDZ-Quicktests für die Jahre 2022 bis 2024 herangezogen, um ein aussagekräftiges Bild aufzuzeigen. Das Ranking liefert zwar keine umfassende Bewertung der kommunalen Leistungsfähigkeit, gibt aber einen guten Hinweis auf die finanzielle Stabilität, die in vielen Gemeinden zunehmend unter Druck gerät.
Trotz des Negativtrends gibt es auch positive Ausnahmen. Die Bregenzerwälder Gemeinde Reuthe mit ihren rund 700 Einwohnern weist mit einem Durchschnittswert von 1,1 die beste Bonitätsnote im Land auf.


Bürgermeisterin Bianca Moosbrugger-Petter aus Reuthe macht vor allem zwei Faktoren für die gute finanzielle Situation in ihrer Gemeinde verantwortlich. Einerseits habe man in Reuthe seine Hausaufgaben gemacht und wirtschafte seit Jahren verantwortungsvoll und nachhaltig. Andererseits würden erfolgreiche Betriebe durch hohe Kommunalsteuereinnahmen für stabile Gemeindefinanzen und Zukunftssicherheit sorgen, so die Bürgermeisterin.
Ebenfalls solide präsentieren sich Stallehr, Viktorsberg, Bizau und Innerbraz.
Am unteren Ende des Rankings finden sich hingegen Eichenberg, Laterns, Doren und Thüringerberg. Sie kommen auf Bonitätsnoten zwischen 4,5 und 4,8.

Eichenbergs Bürgermeister Nico Flachsenberger erklärt die schwache Finanzkennzahl seiner Gemeinde vor allem mit umfangreichen Infrastrukturvorhaben der vergangenen Jahre. Diese seien von der Gemeinde vorfinanziert worden, Fördermittel des Landes stünden aber noch aus. Als Beispiele nennt Flachsenberger den Ausbau des Glasfasernetzes um 1,3 Millionen Euro, ein Abwasserprojekt mit 600.000 Euro sowie eine umfassende Straßensanierung. Für alle Projekte seien Förderungen zugesichert worden, die jedoch zeitverzögert fließen. "Für 2026 schaut es dann wieder besser aus", zeigt sich der Bürgermeister optimistisch. Grundsätzlich werde es für Gemeinden jedoch zunehmend schwieriger, finanzielle Herausforderungen zu bewältigen. Die Zuweisungen des Landes würden weit weniger stark steigen als die laufenden Ausgaben.
Factbox: Was der KDZ-Quicktest misst
Grundlage:
Der KDZ-Quicktest bewertet die finanzielle Lage von Gemeinden anhand des Finanzierungshaushalts – dieser erlaubt langfristige Vergleiche bis ins Jahr 2001 zurück.
Bewertete Bereiche und Kennzahlen:
- Ertragskraft
Kennzahl: Öffentliche Sparquote
→ Wie viel Geld bleibt nach Abzug aller laufenden Ausgaben übrig? - Finanzielle Leistungsfähigkeit
Kennzahl: Freie Finanzspitze
→ Welche Mittel stehen trotz Zahlungsverpflichtungen für neue Projekte zur Verfügung? - Eigenfinanzierungskraft
Kennzahl: Eigenfinanzierungsquote
→ Können Investitionen aus eigenen Mitteln gedeckt werden? - Verschuldung
Kennzahlen: Verschuldungsdauer und Schuldendienstquote
→ Wie hoch ist die Verschuldung und wie stark belastet sie den Haushalt?
Punktevergabe:
Insgesamt sind maximal 100 Punkte möglich. Je höher der Wert, desto besser die Bonität. Aus den Einzelwerten ergibt sich eine Gesamtbewertung – dargestellt als Schulnote.
Der KDZ Quicktest kurz erklärt:
(VOL.AT)
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