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Bohrung: Wien treibt Bayern auf die Barrikaden

Wird der Chiemsee bald so aussehen?
Wird der Chiemsee bald so aussehen? ©khv24 / pixelio.de
Eine geplante Erdgas-Probebohrung in der Nähe des Chiemsees beunruhigt die Bewohner in der Region. Sie haben sich in einer Initiative "Gegen Gasbohren am Langbürgner See" zusammengeschlossen.

Das Gewässer gehört zur Eggstätter Seenplatte. Das aus mehreren kleinen Seen bestehende Naturschutzgebiet ist bei Einheimischen und Urlaubern gleichermaßen als Badeplatz beliebt. Die österreichische Rohöl-Aufsuchungs-Aktiengesellschaft (RAG Austria) mit Sitz in Wien plant dort im Frühjahr 2012 Versuchsbohrungen. In bis zu 3000 Metern Tiefe werden reichhaltige Gasvorkommen vermutet – bis zu 300 Millionen Kubikmeter.

Erst der Bürger, dann die Bohrung

In einem Schreiben forderte die Bürgerinitiative die RAG am Freitag auf, das laufende Genehmigungsverfahren auszusetzen. Erst müssten die Bürger die Gelegenheit haben, selbst Alternativstandorte für die Probebohrung vorzuschlagen. Diese Idee hatte das Unternehmen bei einer Informationsveranstaltung ins Spiel gebracht, ohne allerdings Kriterien für andere Orte zu nennen.

Die Bürgerinitiative wirft den Betreibern vor, hinter ihrem Rücken das Genehmigungsverfahren beantragt zu haben. Sie verlangt eine Umweltverträglichkeitsprüfung und umfassende Bürgerbeteiligung. Der Bohrplatz grenze an ein Wasserschutzgebiet, “das für die Trinkwasserversorgung Tausender Bürger im Landkreis Rosenheim geradezu lebenswichtig ist”, heißt es in dem Schreiben.

Verseuchung durch ähnliche Bohrung

Die Bürgerinitiative erinnerte die RAG-Vorstände daran, dass erst vor wenigen Tagen bei einer vergleichbaren Erdgasbohrung in Niedersachsen benzolverseuchtes Lagerstätten-Wasser ins Erdreich eingedrungen sei und das Grundwasser verseucht habe.

Zu einer Info-Veranstaltung der RAG kamen kürzlich rund 400 Interessierte und machten ihrem Unmut Luft. Sie befürchten Einbußen im Tourismus durch die Bohrtürme. Auch Geruchsbelästigung durch Gas wird nicht ausgeschlossen.

Sorge bereitet den Anwohnern zudem, dass das Genehmigungsverfahren dem Bergrecht unterliegt, bei dem es kaum Mitwirkungsrechte der Bürger gibt und das selbst die betroffenen Kommunen außen vor lässt. Die Initiative forderte die RAG daher außerdem auf, von sich aus einen anderen Standort an einer weniger sensiblen Stelle zu suchen. “Sie müssen davon ausgehen, dass gegen den geschlossenen Widerstand der Bevölkerung und der politischen Gremien die geplante Erdgasbohrung hier nicht durchsetzbar sein wird”, schrieben die Gegner.

Eine Firmensprecherin sagte auf Anfrage, man suche den Dialog mit den Bürgern. Dazu soll es kommende Woche ein Gespräch hinter verschlossener Tür mit den Sprechern der Bürgerinitiative geben. “Dort wollen wir gemeinsam nach Lösungen suchen”, sagte die Sprecherin.

Die RAG sucht seit 75 Jahren nach Erdöl und -gas. Ihr Umsatz lag 2010 bei 340 Millionen Euro. Das Unternehmen beschäftigt rund 400 Mitarbeiter. Gefördert werden soll der Rohstoff im Erfolgsfall von der Bayerngas.

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