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Boeing räumt Probleme mit Steuerungssoftware ein

Laut Boeing-Chef Muilenburg werden solche Unfälle nie mehr passieren
Laut Boeing-Chef Muilenburg werden solche Unfälle nie mehr passieren ©APA (AFP)
Der nach zwei Abstürzen binnen weniger Monate massiv in der Kritik stehende US-Flugzeugbauer Boeing hat ein weiteres Softwareproblem identifiziert. Zwar wurde beteuert, dass es sich um keine größere Sache handle. Doch das Vertrauen in den Konzern ist ohnehin schon stark beschädigt. Zudem wird immer ungewisser, wie es mit den weltweit mit Startverboten belegten 737-Max-Maschinen weitergeht.

Mitten in die Nachlese des ersten Ermittlungsberichts zum Absturz in Äthiopien platzte Boeing mit der Nachricht, ein neues Softwareproblem gefunden zu haben. Dieses sei bei der Überarbeitung des umstrittenen Steuerungsprogramms MCAS festgestellt worden, stünde aber nicht in direktem Zusammenhang damit, teilte Boeing in der Nacht auf Freitag mit. Zuvor hatte die “Washington Post” berichtet, dass die US-Luftfahrtbehörde FAA das neue Problem beanstandet habe. Solange es nicht gelöst sei, werde das 737-Max-Flugverbot nicht aufgehoben.

Entscheidend für die Flugsicherheit

Die Zeitung schrieb unter Berufung auf zwei mit der FAA-Untersuchung vertraute Quellen, dass das Problem als entscheidend für die Flugsicherheit eingestuft werde. Boeing bezeichnete es hingegen als “relativ geringfügige Angelegenheit”, die zusammen mit dem MCAS-Update adressiert werde. “Wir haben bereits eine Lösung dafür in Arbeit”, hieß es in der Stellungnahme des Konzerns. In den “kommenden Wochen” werde das Update soweit sein, dass es der FAA zur Zertifizierung vorgelegt werden könnte. Boeing verfolge einen “umfassenden, disziplinierten Ansatz, um es richtig zu machen”.

Vorstandschef Dennis Muilenburg hatte kurz zuvor so deutlich wie noch nie Probleme mit der Steuerungssoftware MCAS eingeräumt. Es scheine nach dem vorläufigen Ermittlungsbericht zum Absturz in Äthiopien, als ob das Programm durch falsche Sensordaten unnötigerweise eingeschaltet worden sei, teilte Muilenburg am Donnerstag mit. Damit wird die Theorie, dass ein Softwarefehler die Maschine Richtung Boden lenkte, erstmals quasi von oberster Konzernstelle gestützt.

Sicherstellen, dass so etwas nie wieder passiert

Das dringend erwartete MCAS-Update werde sicherstellen, dass Unfälle wie in Äthiopien und Indonesien “nie wieder passieren”, versicherte Boeing-Chef Muilenburg. Bisher hatte der Flugzeughersteller stets bestritten, dass die MCAS-Software ein Sicherheitsrisiko darstellt. Kurz vor Muilenburgs Stellungnahme hatte der Konzern aber bereits angekündigt, dass Piloten künftig immer die Möglichkeit haben werden, die Automatik auszuschalten und zur manuellen Kontrolle zu wechseln.

Das eigens für die spritsparende Max-Neuauflage von Boeings 737-Serie entwickelte MCAS-Programm soll eigentlich dafür sorgen, in bestimmten Flugsituationen – etwa bei einem zu steilen Aufstieg der Maschine – automatisch den Flugwinkel zu korrigieren. Doch die bisherigen, vorläufigen Unfallberichte deuten darauf hin, dass das System bei den Abstürzen durch Einspeisung falscher Sensordaten irrtümlicherweise automatisch angesprungen ist – mit fatalen Folgen.

346 Menschen mussten sterben

Beim Crash der Lion-Air-Maschine in Indonesien Ende Oktober soll der Bordcomputer die Nase der Boeing 737 Max 8 wegen der MCAS-Fehlfunktion automatisch immer wieder nach unten gedrückt haben, während die Crew gegenzusteuern versuchte. Ein ähnliches Szenario gilt inzwischen auch beim Ethiopian-Airlines-Absturz am 10. März als wahrscheinlich. Insgesamt starben bei den Unglücken 346 Menschen. Trotz der bisherigen Beteuerungen, MCAS sei sicher, arbeitet Boeing schon seit dem Crash in Indonesien an einem umfassenden Update.

Vergangene Woche hatte der Hersteller die geplanten Neuerungen, mit denen die FAA dazu bewegt werden soll, die 737-Max-Serie wieder als flugtüchtig einzustufen, vor mehr als 200 Piloten, Technikern und Regulierern in seinem Werk in Renton im US-Bundesstaat Washington präsentiert. Über das Software-Update hinaus versprach Boeing weitere Alarmfunktionen im Cockpit und zusätzliches Training für Flugcrews. Dem Konzern war zuvor vorgeworfen worden, Airlines und Piloten nicht ausreichend über das MCAS-Programm informiert zu haben.

Ein Auge zugedrückt

Boeing und die FAA stehen wegen der Zulassung der 737-Max-Baureihe, wegen der in den USA bereits das Verkehrsministerium ermittelt, stark in der Kritik. Die Luftfahrtbehörde wird verdächtigt, bei der Zertifizierung ein Auge zugedrückt zu haben und Boeing wurde schon beschuldigt, bei dem Prozess Informationen unterschlagen zu haben. Das Ganze könnte rechtlich noch ein Nachspiel haben, laut US-Medien ermitteln auch Justizministerium und FBI inzwischen in dem Fall.

Nach den Flugverboten fährt Boeing die Produktion seiner Baureihe 737 Max herunter. Die monatliche Fertigungsrate werde ab Mitte April um fast ein Fünftel von 52 auf 42 Maschinen gedrosselt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Eigentlich war geplant gewesen, die Produktion der bestverkauften Modellserie bis zum Sommer deutlich zu erhöhen.

Die Flugzeuge können derzeit nicht ausgeliefert werden und es drohen Stornierungen. Konzernchef Dennis Muilenburg bezeichnete die Produktionskürzung als vorübergehende Maßnahme.

(APA/dpa)

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