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"Blumen für Kim Il Sung" eröffnet

Verherrlichende Porträts bestimmen die Ausstellung.
Verherrlichende Porträts bestimmen die Ausstellung. ©APA
Dienstagabend wird die Schau um Kunst aus Nordkorea eröffnet. Im Vorfeld gab es Bedenken bezüglich einer etwaigen Instrumentalisierung. MAK-Direktor Peter Noever: "Natürlich ist das Ganze Ideologie."
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Lernwillig und wissbegierig hängt die Gruppe junger Leute an den Lippen des hohen Besuchers, ihre Rücken sind durchgestreckt, die Notizblöcke aufgeschlagen, die Stifte gespitzt. “Präsident Kim Il Sung bei den Kunstschaffenden” heißt eines der monumentalen Gemälde, die ab morgen, Mittwoch, im Wiener MAK in der Ausstellung “Blumen für Kim Il Sung. Kunst und Architektur aus der Demokratischen Volksrepublik Korea” gezeigt werden. Das 1972 kollektiv hergestellte Gemälde zeigt sinnbildhaft die Beziehung zwischen Staat und Kunst in Nordkorea. Aber auch in den übrigen rund 100 Ölbildern, Tuschmalereien und Aquarellen sowie rund 30 Plakaten ist ihre ideologische Funktion unübersehbar.

“Natürlich ist das Ganze Ideologie”, räumte MAK-Direktor Peter Noever, der das immer wieder gefährdete Ausstellungsprojekt seit 2003 verfolgte, bei der heutigen Presseführung ein: “Ich glaube, dass kein Kunstwerk frei von Ideologie ist, aber auch keines nur Ideologie ist.” Fünfmal hat Noever die nicht nur von Menschenrechtsorganisationen als strenge Diktatur beschriebene Volksrepublik bisher besucht, und es schließlich in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Kunstmuseum, der Korean Art Gallery, geschafft, sogar Werke nach Wien zu bekommen, die als nationaler Schatz gehütet werden und selbst in Korea kaum jemand zu Gesicht bekommt.

Verherrlichende Porträts

Dazu zählen vor allem verherrlichende Porträts des 1994 verstorbenen ‘Ewigen Präsidenten’ Kim Il Sung und seines Nachfolgers Kim Jong Il, die in eigenen, mit Kordeln abgesperrten und eigens bewachten Nischen gezeigt werden. Die koreanische Seite hat Angst vor Beschädigungen, vor der Ausstellung muss man eine von Flughäfen bekannte Sicherheitsschleuse passieren. Umso unverständlicher findet Noever, dass das Finanzministerium die übliche Übernahme einer Staatshaftung für die Schau abgelehnt habe. “Ich kann das nicht nachvollziehen. Ich glaube, dass es sich da um ein Missverständnis gehandelt hat”, sagte der Direktor, der sich an einen vergleichbaren Vorgang nicht erinnern kann.

Nicht müde wurde der MAK-Chef zu betonen, dass er selbst mit der Ausstellung keine ideologischen Ziele verfolge, sondern “Dinge aufzeigen” wolle, “die wenig bekannt sind”: “Was politisch oft verfahren und ausweglos scheint, gelingt auf dem Gebiet der Kunst”, sagte er nicht ohne Stolz: “Es ist in dieser Dichte die weltweit erste Ausstellung von Kunst aus der Volksrepublik Korea. Die Herausforderung hat noch niemand angenommen.” Und leicht sei es auch keineswegs gewesen, gab er zu. “Wenn zwei so unterschiedliche Systeme aufeinandertreffen, kommt es zwangsläufig zu Divergenzen.” Nur mühsam sei es gelungen, das Misstrauen zu überwinden, und erst vor wenigen Tagen habe ihn der nordkoreanische Botschafter nochmals jene Frage gestellt, die er im Zusammenhang mit der Ausstellung immer wieder gehört habe: “Warum?”

Spektakuläre Großbauten

Eine an der Kunst orientierte Antwort darauf in der Ausstellung zu finden, ist nicht leicht. Es gibt eine kleine, aber interessante Architektur-Sektion mit Fotos von spektakulären Großbauten und einem eigens angefertigten Modell des 170 Meter hohen Chuch’e-Turms, des höchsten Steinturms der Welt, in dem die überragende Größe der herrschenden Staatsideologie ihren weithin sichtbaren Ausdruck finden soll. Vor allem aber gibt es in Ölfarben und Tusche ausgeführte Landschaftsdarstellungen und jene Motive, die man aus anderen Diktaturen zur Genüge kennt: Glückliche Menschen in allen Lebensposen, Bauern, die ihre Feldarbeit für einen Augenblick unterbrechen, um ein Propagandafoto ihres als Soldaten dienenden Sohnes zu bewundern, strahlende Arbeiter, emsig dabei, die Utopie des idealen Staates Wirklichkeit werden zu lassen.

Die endgültige Auswahl der Werke, die neben einigen nordkoreanischen Klassikern vor allem Arbeiten des vergangenen Jahrzehnts beinhaltet, sei gemeinsam mit den nordkoreanischen Stellen in vielen Diskussionen getroffen worden, schilderte Kuratorin Bettina Busse. Nordkorea legt Wert darauf, auch in der Kunst einen eigenständigen Weg jenseits des sozialistischen Realismus eingeschlagen zu haben. Westliches Kunstverständnis ist ihnen fremd: “Kunst soll dem Volk verständlich sein”, sagte Busse, “Da ist abstrakte Kunst kein Thema.” Und freies Künstlertum offenbar auch nicht. Künstler sind in Künstlerverbänden mit festem Gehalt organisiert, auf seinen Nordkorea-Reisen hat Noever keine Berührung mit Nicht-Staatskunst gehabt. Auch von den rund 25 nun in Wien präsentierten Künstlern (denen in den Beschriftungen durchaus Autorenschaft zugestanden wird) habe er nur mit vier gesprochen.

Hintergründe ohne Beipacktext

Gewiss habe man über Auswahl, Hängung, Beschriftung und Katalog Diskussionen gehabt, sagte Noever, aber das sei bei jeder Zusammenarbeit mit großen Leihgebern so. Die gezeigte Kunst vermittle auch ohne Beipacktexte Hintergründe über die ihr zugrunde liegende Gesellschaft. “Es macht Sinn, sich darauf einzulassen und die Kunst vorurteilslos zu betrachten.” Was bei Werken mit Titeln wie “Wir sind die glücklichsten Kinder in der Welt” und “Präsident Kim Il Sung ist immer bei uns” allerdings nicht immer leicht fällt. Für Hintergrundinformation verweist das MAK auf ein Rahmenprogramm und ein Symposium.

“Blumen für Kim Il Sung. Kunst und Architektur aus der Demokratischen Volksrepublik Korea”

MAK-Ausstellungshalle, Wien 1, Weiskirchnerstraße 3

Eröffnung am Dienstag, 20 Uhr; 19. Mai bis 5. September, Di 10-24 Uhr, Mi-So 10-18 Uhr, Symposium am 3./4. September

www.MAK.at

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