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Blocher drängt an die Macht

Noch nie ist der Schweizer Rechtspopulist Christoph Blocher so nahe an die Schalthebel der politischen Macht gerückt wie in diesen Tagen. Parallelen zum "Fall Haider" drängen sich auf.

Seit den Parlamentswahlen vom Oktober ist Blocher zum einflussreichsten Politiker in der größten Partei der Schweiz, der SVP (Schweizerische Volkspartei) aufgestiegen. Parallelen zum „Fall Haider“ drängen sich geradezu auf, auch wenn sich die beiden Politiker im Stil deutlich voneinander unterscheiden.

Blocher, der Pfarrerssohn aus bescheidenen Verhältnissen, der zum erfolgreichen Unternehmer mit einem geschätzten Vermögen von über zwei Mrd. Franken (1,284 Mrd. Euro) wurde, ist entschlossen, in den Bundesrat (Regierung) einzuziehen, sollte ihn das eidgenössische Parlament am morgigen Mittwoch wählen. Damit gelänge dem populärsten Oppositionspolitiker der Schweiz der Sprung in die Regierung, den Jörg Haider bis heute nicht geschafft hat.

Dass der helvetische Volkstribun dem Lockruf der Macht nicht widerstehen kann, verwundert, misst man ihn an früheren Aussagen. In den über zwanzig Jahren als Abgeordneter (Nationalrat) sparte Blocher nicht mit Kritik an Parlament und Regierung. Immer wieder nahm er politische Gegner und Bundesrat als „angeblich aufgeklärte, allwissende Elite“ aufs Korn. Diesen „Schein-Eliten“ haftet aus seiner Sicht überdies der Geruch des „Landesverrats“ an, arbeiten sie doch mit „Brüssel“ zusammen. Jede Forderung Brüssels werde in Bern als „Befehl“ aufgenommen, wetterte Blocher etwa vor der weit rechts angesiedelten außerparlamentarischen Oppositionsbewegung Auns (Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz), die der Zürcher SVP-Vorsitzende ebenfalls anführt.

Die Verhinderung eines möglichen EU-Beitritts der Schweiz sieht Blocher denn auch als seine wichtigste Aufgabe im Bundesrat an. Der schweizerische Populist kann dabei auf eine wesentlich größere Gefolgschaft zählen als seinerzeit Jörg Haider mit seiner Kampagne gegen die EU. Zu seinen größten „Erfolgen“ gehört die „Abwehrschlacht“ gegen eine Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Ende 1992.

Blocher rief zum Widerstand auf und mobilisierte dabei vor allem gegen die „fremden Richter“ und den unkontrollierten Zuzug ausländischer Arbeitnehmer als Gefahr für den eigenen Wohlstand. Er appellierte damit geschickt an die Schweizer Urängste vor fremder Einmischung, die heute nicht mehr den Namen „Habsburg“, sondern „EU“ trägt. Siebenhundert Jahre Kampf gegen „fremde Richter“ wären umsonst gewesen, mahnte Blocher damals. Der EWR wurde abgelehnt.

Die EU als Feindbild und das Schüren fremdenfeindlicher Gefühle gehört offensichtlich zum Standard-Repertoire der Rechtspopulisten in der Schweiz wie in Österreich. Im Gegensatz zu Haider verzichtet der rhetorisch brillante Blocher in der Regel allerdings auf die persönliche Verunglimpfung vermeintlicher oder echter Gegner im In- und Ausland, Stammtischsprüche wie etwa „Westentaschen-Napoleon“ (gemeint war Frankreichs Staatspräsident Chirac nach dem Sanktionsbeschluss der vierzehn EU-Partner) sind nicht seine Sache. So etwas würde in der Schweiz wenig goutiert.

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