Blau-schwarze Gewitterwolken trüben Koalitionsverhandlungen

Alle sollten einen "kühlen Kopf bewahren", empfahl die ÖVP. Unterdessen tauchte mit der FPÖ-Forderung nach einer Bankenabgabe allerdings ein weiterer Stolperstein auf, ebenso dürfte die ÖVP mit jüngsten EU-Aussagen aus der FPÖ keine Freude haben.
Ursprung des Unmuts in den blauen Landesparteien, die teils mit der ÖVP regieren, war ein mediales Hintergrundgespräch Stockers, wo er von der FPÖ eine Bewegung "vom rechten Rand in die Mitte" und einmal mehr etwa auch ein klares Bekenntnis zur EU verlangt hatte. Salzburgs FPÖ-Chefin und Landeshauptmann-Vize Marlene Svazek stieß sich am Samstag an diesem "medialen Alleingang" - "wer ernsthaft und seriös verhandeln will, der tut das im dafür vorgesehenen Rahmen", richtete sie dem ÖVP-Chef per Aussendung aus. "Verhandelt wird am Verhandlungstisch", folgte der niederösterreichische Landesparteichef und Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer. Auch die blauen Chefs aus Wien und dem Burgenland rügten Stocker in Aussendungen.
Kunasek: Stocker "gefährdet Gesprächsbasis"
Stocker habe "nicht nur eine unzulässige Standortbestimmung über die Freiheitliche Partei" getroffen, sondern der ÖVP-Chef "gefährdet auch die Gesprächsbasis für konstruktive Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer gemeinsamen Bundesregierung", warnte der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ).

"Zu ernst gemeinten Verhandlungen gehört, dass beide Partner sich im Rahmen von vertraulichen Gesprächen austauschen und sich nicht über Medien und andere Dritte gegenseitig Standpunkte ausrichten." Die ÖVP müsse Wahlergebnisse akzeptieren und "einsehen, dass sie nicht mehr die stärkste Kraft in diesem Land ist und daher auch zu Kompromissen bereit sein muss".
ÖVP: "Kühlen Kopf bewahren"
Die ÖVP-Bundespartei versuchte, betont gelassen auf das blaue Gewitter zu reagieren, mit dem man auch deshalb nicht gerechnet hat, weil man die FPÖ eigentlich im Vorfeld von dem Medientermin informiert hatte. "Es bringt nichts, jetzt die Nerven zu verlieren", meinte Generalsekretär Alexander Pröll. Alle sollten einen "kühlen Kopf bewahren". Es sei klar, dass die Volkspartei die Mitte repräsentiere. "Ob sich ÖVP und FPÖ in der Mitte treffen können, werden die Verhandlungen zeigen."

Gekontert wurde zudem ebenfalls mit Stellungnahmen aus den Ländern. "Emotionen sind selten ein guter Ratgeber. Damit Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis finden können, braucht es einen kühlen Kopf", mahnte Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). "Zum Regieren braucht es zwei Partner auf Augenhöhe, die die breite Mitte im Auge haben." Es stehe völlig außer Frage, dass für die ÖVP "Grundpfeiler der Demokratie wie Presse- und Meinungsfreiheit oder auch ein klares Bekenntnis zur EU nicht verhandelbar" seien. Nun sei es wichtig, dass sich die Emotionen legen und man sich wieder "vernünftig am Verhandlungstisch begegnet". Die ÖVP wolle zu einem guten Ergebnis kommen - "aber nicht um jeden Preis", stellte Stelzer klar. Die geschäftsführende steirische ÖVP-Chefin Manuela Khom wünschte sich mit Blick auf die Steiermark "von der Bundes-FPÖ, dass sie ebenfalls die Bereitschaft an den Tag legt, sich ein Stück weit auf den potenziellen Partner zuzubewegen".
Kickl: "FPÖ für einheitliches Auftreten der Bundesregierung auf EU-Ebene"
Vergleichsweise versöhnliche Töne waren dann von FPÖ-Chef Herbert Kickl zu vernehmen: Er fand in einem Posting zwar Stockers Aussagen in Medien erstaunlich, wonach man eine Regelung finden wolle, auf EU-Ebene einheitlich zu handeln. "Eigentlich würde man sich erwarten, dass ein Verhandlungspartner - in unserem Fall die ÖVP - zuerst mit uns über ihre Absichten spricht.

Leider wählte man hier einen gänzlich anderen Weg..." Allerdings, gab sich Kickl milde, "auch die FPÖ spricht sich für ein einheitliches und klares Auftreten der Bundesregierung auf EU-Ebene aus". Dieses gemeinsame Handeln müsse "auf einem klaren Bekenntnis zum Einstimmigkeitsprinzip und zur Subsidiarität beruhen". Klar sei damit auch, "Österreich wird künftig keine weiteren Kompetenzerweiterungen der EU mehr unterstützen und sich aktiv für die Rücknahme bereits erfolgter Fehlentscheidungen, wie der Schuldenunion, einsetzen".
Steger: EU-Parlament "Herz des Unrechts"
Allerdings wurden am Samstag auch wieder noch deutlich harschere blaue Töne gegen die EU bekannt: Die freiheitliche EU-Abgeordnete Petra Steger bezeichnete am Mittwoch im EU-Parlament in Straßburg das Europaparlament als "Herz des Unrechts".

Bei einer von der Abgeordneten gemeinsam mit AfD-Europapolitiker Alexander Jungbluth ausgerichteten Podiumsveranstaltung kritisierte Steger "Zensur" durch europäische Behörden. Geladen waren Vertreter von "alternativen" Medien aus dem rechten Spektrum, etwa von AUF1 oder report24.
FPÖ will Bankenabgabe
Und ein weiterer inhaltlicher Stolperstein könnte ausgerechnet die Forderung nach einer Bankenabgabe werden: Wie mehrere Medienportale am Samstag online berichteten, tritt die FPÖ für eine Bankenabgabe ein - zumindest bisher ein absolutes No-Go für die ÖVP. So sollen ja die Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und NEOS unter anderem daran gescheitert sein, dass die Roten auf einer Bankenabgabe beharrt haben. Kickl sei dies ein wichtiges Anliegen, hieß es aus Verhandlerkreisen.
In der FPÖ wurde das auf APA-Anfrage zwar nicht offiziell bestätigt, aber auch nicht in Abrede gestellt: Man wolle nicht permanent laufende Verhandlungen kommentieren. Aus der FPÖ-Pressestelle hieß es aber auch: "Die Menschen erwarten am Ende ein Ergebnis, das klar widerspiegeln soll: Das Sanieren des Budgets ist eine Aufgabe für das ganze Land. Deshalb brauchen wir auch eine ausgewogene und faire Verteilung unter denen, die dazu etwas beitragen - mit dem Ziel, Österreich möglichst rasch wieder dort hin zu bringen, wo wir hingehören, nämlich in die Rolle eines der wirtschaftlich stabilsten und besten Länder Europas und der ganzen Welt."
(APA/red.)
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