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Björks neues Album "Vulnicura" als ein "Kampf um das eigene Leben"

Das neue Album von Björk zeigt sich sehr persönlich.
Das neue Album von Björk zeigt sich sehr persönlich. ©dpa
Die isländische Sängerin Björk gilt seit mehr als 20 Jahren als musikalische Ausnahmeerscheinung, gleichermaßen schwer greifbar wie fest verankert im Popbetrieb. Sie hat sich dabei stets neu erfunden und auch erfolgreiche Schritte ins Filmgeschäft gewagt.  Auf ihrem aktuellen Album "Vulnicura" verleiht sie nun dem Thema "Trennung" musikalischen Ausdruck.

Die vor wenigen Wochen erschienene Platte behandelt die Trennung der heute 49-Jährigen von ihrem langjährigen Partner Matthew Barney.

Nach dem Vorgänger “Biophilia” (2011) folgt also ein extrem persönlicher Zugang: In ungewohnter Direktheit artikuliert Björk ihr Innerstes. “Vulnicura” sei somit alles andere als ein einfaches Projekt gewesen, erzählt die Isländerin. “Im ersten Jahr habe ich einfach Songs geschrieben, so wie ich das immer mache. Aber es hat einige Zeit gedauert, bis mir bewusst wurde, was ich da vor mir hatte. Als Songwriterin kann ich ja nur die Lieder schreiben, die aus mir herauskommen. Was aber das Arrangement betrifft, bin ich bedeutend flexibler. Also stellte sich die Frage: Wie gehen wir das an?”

“If I regret us, I’m denying my soul to grow”

Es folgte eine Zeit des Ausprobieren, des “Vor- und Zurückgehens”, wie Björk beschreibt. “Und dann gab es die Entscheidung eines Musiknerds, dass die Songs stehen und fallen mit der emotionalen Chronologie in der Narration. Wenn ich das nicht habe, dann habe ich nicht viel.” Dem begegnet man nun in den ersten sechs Songs der Platte: Der Opener “Stonemilker” setzt neun Monate vor der Trennung an, das zentrale Stück “Black Lake” zwei Monate danach und “Notget” ist schließlich nach elf Monaten eine Art Abschluss.

Hier, in einem der dynamischsten und abwechslungsreichsten Songs des Albums, singt Björk: “If I regret us, I’m denying my soul to grow/don’t remove my pain, it is my chance to heal.” Darüber erheben sich Streicher mit energischer Dringlichkeit, während sich sukzessive Beats in das Klangbild drängen.

“Vulnicura” als emotionale Heilung

Ein Album als Heilungsprozess also, wie es schon der Titel, der etwa mit “Wundheilung” zu übersetzen wäre, suggeriert. “Das war es auch”, unterstreicht Björk. “Ich glaube, es gibt nicht die eine Methode, wie man so etwas angeht. Ich fühle eher, dass eine Erfahrung wie diese wie ein Kampf um das eigene Leben ist und jeder dabei das macht, was er impulsiv fühlt und für richtig erachtet.” Dass bei ihr am Ende eine Sammlung von Songs entstanden ist, sei alles andere als selbstverständlich. “Ich bin damit doch nur durchgekommen, weil ich so etwas noch nie gemacht habe. Ich kann nur ein Album wie dieses in meinem Leben machen. Und da spreche ich als Musikerin, nicht als Person.”

Dass die Streicher erneut einen so zentralen Platz einnehmen, wie es zuletzt auf “Homogenic” (1997) der Fall war, habe verschiedene Gründe. “Einerseits habe ich schon so lange nicht mehr für Streicher geschrieben, weshalb es sich wirklich frisch anfühlte. Außerdem passten sie einfach zum Thema. Mit Melodien und dem Text kann man nur bis zu einem gewissen Grad etwas ausdrücken. Ich wollte aber auch diese Unterströmung, diese Dinge, die sich kaum greifen und ausdrücken lassen. Mit den Streichern habe ich genau das versucht.” Unterstützt wurde Björk bei der Arbeit am Album von den Elektronikkünstlern Arca und The Haxan Cloak, wobei deren Einfluss sich eher im Kleinen artikuliert.

Björk gibt sich live minimalistischer

Eine Neudeutung würden die Stücke jedenfalls im Livekontext erfahren, so Björk. “Einige fühlen sich immer gleich an, für andere brauchst du jedes Mal einen neuen Blickwinkel. Aber ich mag diese Art von Musik: Songs, die innere Gesetze haben, denen man sich in gewisser Weise einfach unterordnen muss, denen man folgen muss.”

Dabei grenzt sich die Künstlerin auch durch das Setting deutlich von der vorangegangenen Tour, die durch eine opulente Show und eigens entworfene, überdimensionale Instrumente die Augen auf sich zog, ab. Es ist ein minimalistischer, ganz auf “Vulnicura” zugeschnittener Ansatz, den Björk u.a. in der New Yorker Carnegie Hall realisierte – unterstützt auch vom österreichischen Hang-Spieler Manu Delago.

(APA)

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