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Besuch des Dalai Lama im Zeichen des Konflikts mit Peking

©AP
Der Dalai Lama war schon oft in Deutschland. Doch noch nie ist ein Besuch des tibetischen Exil-Oberhaupts und Friedensnobelpreisträgers mit so viel Spannung erwartet worden wie seine am Donnerstag beginnende Visite in Bochum, Mönchengladbach, Nürnberg, Bamberg und Berlin.
Dalai Lama in Deutschland eingetroffen

Knapp drei Monate vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking wartet die Öffentlichkeit auf Äußerungen des 73-Jährigen zu den anti-chinesischen Protesten in Tibet und zu seinen Bemühungen um Verhandlungen mit Peking.

Das geistliche und weltliche Oberhaupt der Tibeter will seinen Deutschland-Besuch offenbar nutzen, um den Druck auf die chinesischen Führer zu erhöhen. Die Vortragsreise des 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso, steht unter dem Motto “Kein Frieden ohne Menschenrechte”. Und es war wohl kein Zufall, dass er in einem “Spiegel”-Interview den Chinesen Menschenrechtsverletzungen in seiner Heimat vorwarf. Höhepunkt des Besuchs dürfte am kommenden Montag eine Ansprache auf einer “Großen Solidaritätskundgebung für Tibet” vor dem Brandenburger Tor in Berlin sein.

Der Besuch hat für politische Verstimmungen gesorgt. Sowohl Außenminister Frank-Walter Steinmeier als auch Bundespräsident Horst Köhler lehnten eine Zusammenkunft mit dem Dalai Lama ab, nachdem es im vergangenen Jahr wegen eines Empfangs des Exil-Oberhaupts durch Bundeskanzlerin Angela Merkel im Berliner Kanzleramt scharfe Proteste Pekings gegeben hatte. Andere Politiker sind weniger reserviert. Unmittelbar nach seiner Ankunft in Frankfurt am Main trifft der Dalai Lama am Donnerstag mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch zusammen. Und danach reißt der Strom bekannter Namen nicht ab: Auf dem Terminkalender stehen Treffen mit Bundestagspräsident Norbert Lammert, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Ruprecht Polenz, Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, Grünen-Chefin Claudia Roth und der Vorsitzenden des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses, Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, dem Unions-Faktionschef Volker Kauder und den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Jürgen Rüttgers und Christian Wulff.

Daneben bleibt noch Zeit für vier Vorträge vor insgesamt rund 18.000 Zuhörern zu den Themen “Menschenrechte und Globalisierung”, “Frieden und Menschenrechte”, “Menschenrechte als Verpflichtung” und “Religion: Friedensstifter oder Kriegstreiber”. Und der Dalai Lama nimmt sich noch die Muße für menschliche Begegnungen. So wird er in Bochum den Kindergarten St. Nikolaus besuchen und Fragen der Kinder beantworten. Seine eigenen Vorstellungen für die Zukunft Tibets hat der Dalai Lama unmittelbar vor seiner Deutschland-Reise noch einmal im “Spiegel” verdeutlicht. Dabei plädierte er vehement für eine echte Autonomie seiner Heimat. “Die Tibeter müssen für alle kulturellen, religiösen, den Umweltschutz betreffenden Fragen die Entscheidungsgewalt haben. Das ist etwas ganz anderes als eine staatliche Unabhängigkeit. Auch dieses neue Tibet wäre völkerrechtlich Bestandteil der Volksrepublik China, die für Außen- wie für Sicherheitspolitik zuständig bliebe.”

Wenn die Bemühungen um eine Einigung scheiterten, drohe eine noch brutalere Unterdrückung seiner Landsleute und ein Tibet der Han-Chinesen, warnte der Dalai Lama. Jede freie Gesellschaft, gerade auch Deutschland, müsse deshalb den Druck auf Peking in der Tibet-Frage aufrechterhalten, verlangte der Friedensnobelpreisträger.

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