Auch die menschliche Dimension der Moralparabel soll bei “Besuch der alten Dame” eine Rolle spielen. Kostproben wurden am Montag der Presse vorgestellt.
“Besuch der alten Dame”: 80 Prozent Dürrenmatt
Das dürrenmattsche Grundgerüst der Geschichte um die alte Claire Zachanassian, die als Milliardärin in ihren Heimatort Güllen zurückkehrt und den Dorfbewohnern ein Vermögen verspricht, wenn ihr einstiger Liebhaber Alfred Ill stirbt, wurde beibehalten. 80 Prozent der Bühnendialoge stammen von Dürrenmatt. Vom zynischen Metaphernspiel habe man sich allerdings etwas entfernt, so Christian Struppeck, Musicalchef der Vereinigten Bühnen (VBW) und im aktuellen Fall auch der Buchautor: “Wir haben versucht, die Geschichte heutiger anzulegen und uns ein bisschen entfernt von den Schablonen, dem Parabelhaften, das in den 1950ern modern war.”
Kirchenkritik und Live-Entbindung im Ronacher
Der Satire und dem Humor des Schweizer Autors bleibe man aber treu, unterstrich Regisseur Andreas Gergen. Man handle nach dem Motto: “Den Menschen das Herz mit einem Lachen öffnen, um dann mit der Emotion genüsslich reingreifen zu können.” So werde es auch leichte Kirchenkritik oder eine Live-Entbindung auf der Bühne geben, so der Künstler im APA-Gespräch.
Großes Orchester wie in “Elisabeth”
Musikalisch hält man sich jedenfalls mit dem 2013 bei den Thuner Seefestspielen uraufgeführten Stück eher an den Erfolgshit “Elisabeth” denn an den unmittelbaren Vorgänger “Natürlich blond”, indem man auf großes Orchester setzt. “Wien ist einer der wenigen Orte auf der Welt, wo man Stücke noch so symphonisch entwickeln kann”, zeigte sich Komponist Michael Reed erfreut darüber, mit einem 35 Musiker umfassenden Orchester arbeiten zu können.
Erfolgsdruck ist groß
Dass nach den bescheidenen Verkaufszahlen von “Natürlich blond” der Druck in Richtung Erfolg groß ist, sei selbstverständlich, unterstrich Regisseur Gergen: “Druck ist immer da. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass alles ein Zuckerschlecken ist. Aber ich muss den Druck in Spaß umwandeln.”
Und er sei zuversichtlich, mit “Der Besuch der alten Dame” breite Publikumsschichten anziehen zu können: “Auch die Burgtheatergänger werden das Stück wiedererkennen. Und ein junges Publikum wird sich mit mehr Lust an die nächste Deutschstunde machen.” Schließlich bleibe man Dürrenmatt bis zum Ende hin treu: “Musical heißt nicht unbedingt Happy End.”
(apa/red)
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