„Wir begleiten vom Diesseits ins Jenseits“
Der Tod ist allgegenwärtig, aber selten willkommen. Gerade rund um Allerheiligen taucht er aus der gesellschaftlichen Tabuzone kurz auf – bevor man ihn wieder zurück in die Schublade schiebt. Genau deshalb hat LÄNDLE TV-Moderatorin Daniela Wüstner den Bestatter Thomas Willam zum Gespräch eingeladen. Mit dabei: sein Klient Bernhard Bröll, der innerhalb eines Monats beide Eltern verlor – und in der Begleitung durch das Bestattungsunternehmen Halt fand.
Der Beruf, den kaum jemand versteht
Was macht ein Bestatter eigentlich? Thomas Willam bringt es auf den Punkt: „Wir sind rund um die Uhr erreichbar – auch mitten in der Nacht, etwa nach schweren Unfällen.“ Doch das sei nur ein Teil. Der andere: „Wir hören zu. Wir beraten. Und wir organisieren alles – von der Todesanzeige bis zum Blumenschmuck, von der Grabinschrift bis zur Vermittlung eines Floristen.“ Selbst das Öffnen und Schließen des Grabes gehört dazu.
Bestattung sei oft auch Eventorganisation – „nur eben mit mehr Gefühl“.
Ausbildung mit Herz
Einen klassischen Lehrberuf „Bestatter“ gibt es in Österreich nicht. „Wir bilden in der Verwaltung aus und bereiten Interessierte intern auf die Bestatterprüfung vor“, erklärt Willam. Die Nachfrage sei überraschend groß – und auffällig weiblich: „80 Prozent der Bewerbungen kommen von Frauen.“
Warum? Vielleicht, weil der Beruf viel mit Menschlichkeit zu tun hat – und weniger mit morbiden Klischees, wie Willam betont: „Viele sind überrascht, wie erfüllend diese Arbeit ist.“
Wenn das Leben kaum begonnen hat: Sternenkinder
Ein besonders sensibles Thema sind die sogenannten Sternenkinder – also Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt sterben. Willam: „Diese Familien durchleben eine unvorstellbare Zeit. Wir begleiten sie in Vorarlberg kostenfrei – bis zur Grabstätte.“ Dafür arbeitet sein Team mit Spitälern, Fotografen und anderen Einrichtungen zusammen. Warum? „Weil niemand mit diesem Schmerz allein bleiben sollte.“
Persönliche Geschichten statt anonymer Abschiede
Bernhard Bröll berichtet im Talk offen von seiner Erfahrung mit dem Tod beider Eltern – und wie ihm Willam zur Seite stand: „Er hat sich persönlich eingebracht. Es war nicht nur Organisation – es war Anteilnahme.“ Besonders bewegend: Ein Hornist spielte das Lieblingslied seines Vaters „Nähe, mein Gott, zu dir“ direkt am Grab.
„Es ging nie ums Geld – es ging um Menschlichkeit“, sagt Bröll. Genau das sei ihm wichtig gewesen.
Neue Bestattungsformen: Vom Friedhof in den Wald
Die klassische Erdbestattung ist längst nicht mehr Standard. In Vorarlberg finden 85 Prozent der Beisetzungen inzwischen als Feuerbestattung statt. Gründe? Praktisch, weltanschaulich, manchmal auch finanziell.
Und was passiert mit der Urne? „Die meisten landen immer noch auf einem Friedhof – der ist in Vorarlberg gesetzlich vorgeschrieben“, so Willam. Doch wer mehr will, kann ausweichen – etwa in die Schweiz. Dort sind auch Flussbestattungen möglich.
Seit kurzem gibt es auch im Klosterwald Bludesch eine legale Möglichkeit für Baumbestattungen. „Der Andrang ist groß“, bestätigt der Bestatter.
Digitalisierung & Livestreams
Selbst im sensiblen Bereich der Bestattung hält die Technik Einzug: „Es gibt zunehmend Anfragen für Livestreams von Begräbnissen“, sagt Willam. Auch organisatorisch ist vieles digitalisiert – das spart Zeit und Nerven, gerade für Angehörige in Ausnahmesituationen.
Keine Angst vorm Tod – mit Planung zur Erleichterung
Immer mehr Menschen kümmern sich frühzeitig um ihre Bestattung. „Gerade seit Corona ist das Interesse stark gestiegen“, sagt Willam. Sein Unternehmen bietet eine umfassende Vorsorgeberatung an – inklusive Journal mit Infos zu Organspende, Patientenverfügung & Co. Kostenlos.
Der Bestatter betont: „Wer vorsorgt, nimmt seinen Angehörigen eine große Last ab – und kann selbst beruhigter leben.“
Abschied mit Sinn
Trotz aller Schwere: Willam erlebt seinen Beruf als sinnstiftend. „Wir sind Helfer in einer Ausnahmesituation. Wenn wir spüren, dass wir entlasten konnten, ist das ein gutes Gefühl.“ Die Geschichten der Menschen, die er begleitet, tragen ihn – auch wenn nicht jede leicht zu verarbeiten ist.
Doch gerade darin liegt für ihn der Sinn: „Der Tod gehört zum Leben. Und wenn wir ihn würdevoll gestalten, kann daraus auch Trost entstehen.“
Quelle: LÄNDLE TV
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