Berufstätig, alleinerziehend – obdachlos?

Die
achtjährige Valentina sitzt auf dem Sofa, ihre Zwillingsschwester Luisa
spielt im Kinderzimmer, ihre große Schwester Sara kommt gerade von der
Arbeit heim. Mutter Sandra hatte schon eher Feier-abend und kümmert sich
um den Haushalt, alles ist aufgeräumt und sauber, bald gibt es
Abendessen. So harmonisch und unproblematisch könnte das Leben von
Sandra Raid sein. Könnte. Denn die 45-Jährige muss aus ihrer Wohnung in
Hard ausziehen. Der Vermieter hat den Vertrag ohne Angabe von Gründen
nicht verlängert. Und als wäre das nicht genug, findet Sandra seit einem
halben Jahr täglicher Suche keine neue Bleibe für sich und ihre
Töchter.
„Wir haben in den letzten Monaten alle, aber wirklich alle
Wohnungen und Häuser auf diversen Internetplattformen besichtigt oder
angefragt“, klagt sie im Gespräch mit WANN & WO. „Aber es hagelte
nur Absagen, mit Gründen, die zum Teil haarsträubend sind.“
Stempel „alleinerziehend“
Denn Sandra sucht keinesfalls eine Luxuswohnung zum Schleuderpreis. „Wir brauchen zu viert vier Zimmer. Uns ist klar, dass wir das nicht um 800 Euro bekommen, und wir sind bereit, da Geld in die Hand zu nehmen. Wenn es sein muss auch mehr, als wir jetzt zahlen. Wir haben ja durch meine größere Tochter und mich zwei volle Einkommen“, erklärt Sandra. „Aber ganz offensichtlich will niemand an eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern im Haushalt vermieten.“ Denn genau das sind die Argumente, die die Vermieter und Makler ins Feld führen – sofern sie denn überhaupt Argumente statt lediglich einem einfachen Nein hervorbringen, sagt Sandra: „Als Alleinerziehende bekommt man gleich mal einen ganz bestimmten Stempel aufgedrückt. Dabei hatten wir noch nie Mietrückstände, gehen 40 Stunden in der Woche arbeiten, halten die Wohnung sauber und machen auch sonst keine Probleme.“ Und sie spricht auch ein ganz universelles Problem an: „Viele Eigentümer vermieten lieber gar nicht, bevor sie ein vermeintliches Risiko eingehen. Dadurch stehen Hunderte Wohnungen im Land leer.“ Ein weiteres Desaster, das viele Menschen im Land Vorarlberg teilen: Die Preise für die verfügbaren Wohnungen sind zu hoch, als dass Sandra sie mit zwei vollen Einkommen leisten könnte – und gleichzeitig verdient sie mit Tochter Sara zusammen zu viel, um Wohnungsbeihilfe zu bekommen. „Dafür müsste Sara ausziehen. Ohne sie würde ich aber als Alleinerziehende mit Vollzeitstelle den Haushalt nicht stemmen können“, klagt Sandra. „In diesen Bereich zwischen zu viel und nicht genug fallen viele im Land.“
Endstation Kinderheim?
Auch die Gemeinde Hard und das ifs konnten ihr nicht helfen. „Vierzimmerwohnungen seitens der Gemeinde gibt es nicht, sagte man uns. Zudem stünden aktuell rund 400 Personen auf der Warteliste. Es hieß, dass etwa zwei Wohnungen pro Monat vergeben werden – da haben wir ja tolle Aussichten.“ Welche das tatsächlich sind, daran will Sandra gar nicht denken. „Ein Gemeindemitarbeiter sagte uns, dass wir eine Räumungsklage bekommen, wenn wir bis März nicht aus der Wohnung sind. Und meine Kinder würden im Heim landen.“
Zeichen für alle Mütter in Vorarlberg setzen
Den Kopf in den Sand stecken ist aber alles andere als Sandras Art. Und sie sucht nicht nur für sich selbst Hilfe, sondern will auch ein Zeichen setzen: „Ich bin sicher nicht die einzige Mama in Vorarlberg, die vor solchen Herausforderungen steht und möchte stellvertretend für alle Mütter, vor allem alleinerziehende, die täglich Höchstleistungen erbringen – für unsere Kinder, Familien, Arbeitgeber und auch für die Gesellschaft – endlich einmal gehört werden.“
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