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Überstellung von Tolimir an Haager Gericht

Bosnien-Herzegowina - Einer der meistgesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher der Balkan-Kriege, Zdravko Tolimir, ist festgenommen und zum UN-Tribunal nach Den Haag ausgeflogen worden.

Einen Tag nach seiner Festnahme startete am frühen Freitagnachmittag in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo das Flugzeug mit Tolimir an Bord in Richtung Niederlande, wie ein NATO-Sprecher mitteilte. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und weitere Vertreter der Union begrüßten die Festnahme des einstigen Generals der bosnischen-serbischen Armee. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana forderte weitere Anstrengungen, um auch die flüchtigen mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic und Radovan Karadzic festzunehmen.

Der bosnisch-serbische Ex-General Tolimir war am Donnerstag in einer gemeinsamen Aktion der Sicherheitskräfte der bosnischen Serbenrepublik und Serbiens nahe der Grenze zu Serbien festgenommen worden. Nach Angaben eines Beamten der bosnisch-serbischen Polizei ist sein Gesundheitszustand schlecht. Medienberichten zufolge leidet er an Krebs. Er ist einer der engsten Vertrauten des ehemaligen bosnisch-serbischen Armeechefs Ratko Mladic und gilt als einer seiner wichtigsten Fluchthelfer.

Dem 59-Jährigen werden werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Massaker in Srebrenica im Jahr 1995 sowie der Ermordung von Muslimen in der bosnischen Enklave Zepa vorgeworfen.

Auf der Fahndungsliste des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag stand Tolimir zuletzt an dritter Stelle, hinter Mladic und früheren Anführer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic. Das Gericht sucht nun noch fünf Verdächtige: Neben Mladic und Karadzic sind dies der frühere Präsident der serbischen Republik Krajina, Goran Hadzic, der bosnisch-serbische Politiker Stojan Zupljanin sowie der serbische Polizeioffizier Vlastimir Djordjevic.

EU-Vertreter begrüßten die Verhaftung. Die Festnahme Tolimirs sei ein „wichtiger Schritt“, um alle Flüchtigen vor Gericht zu bringen, erklärte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn am Donnerstagabend in Brüssel. Der EU-Kommissar hatte Belgrad zuletzt eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Assoziierungs- und Stabilisierungsabkommen in Aussicht gestellt. Die Gespräche liegen seit Mai 2006 auf Eis, weil die alte serbische Regierung aus Sicht der EU nicht genug unternahm, um Kriegsverbrecher festzunehmen.

Ein positives Signal sendete die deutsche EU-Ratspräsidentschaft nach Belgrad: Mit der Verhaftung des Mladic-Helfers hätten Bosnien-Herzegowina und Serbien erneut ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal bewiesen, hieß es in einer Erklärung am Freitag. Über eine Annäherung an Serbien wollen Rehn und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Nachmittag in Berlin mit Serbiens Präsident Boris Tadic verhandeln.

Der internationale Bosnien-Beauftragte Christian Schwarz-Schilling wies darauf hin, dass erstmals die bosnisch-serbische Polizei an der Festnahme eines vom UN-Tribunal gesuchten Verdächtigen beteiligt gewesen sei. Er erwarte, dass die Polizei der bosnischen Serbenrepublik nun auch zur Ergreifung von Karadzic und Mladic beitragen werde.

Der Leiter des serbischen Regierungskomitees für die Zusammenarbeit mit dem Haager Gericht, Rasim Ljajic, äußerte unterdessen die Erwartung, dass die Festnahme von Tolimir auch zu einer neuen Vertrauensbasis zwischen Belgrad und dem Haager Gericht führen werde. Er forderte die fünf noch flüchtigen Haager Angeklagten auf, sich „möglichst schnell“ selbst zu stellen. Die serbischen Sicherheitskräfte würden ihre Fahndung nach den Angeklagten noch intensivieren.

Er hoffe außerdem, dass nach der Festnahme von Tolimir auch der Bericht der UNO-Chefanklägerin Carla Del Ponte über die Zusammenarbeit Belgrads mit dem Haager Gericht positiv ausfallen werde, sagte Ljajic weiter. Del Ponte wird Belgrad am Montag auf Einladung der serbischen Regierung besuchen. Dass die Verhaftung so kurze Zeit vor diesem Besuch erfolgte, bezeichnete Ljajic hingegen als „bloßen Zufall“.

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