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Berlusconi seit zwei Jahren am Ruder

Am 11. Juni 2001 wurde mit einem Festakt im Quirinalpalast, dem Sitz des Staatschefs, die 59. Regierung seit der Gründung der italienischen Republik eingeweiht.

Die italienische Mitte-Rechts-Regierung unter Silvio Berlusconi feiert ihren zweiten Geburtstag.

Knapp drei Wochen waren seit dem triumphalen Sieg des Mailänder TV-Königs Berlusconi bei den Parlamentswahlen am 13. Mai 2001 vergangen, dank denen die Mitte-Rechts-Koalition „Haus der Freiheit“ sowohl im Senat als auch in der Abgeordnetenkammer die absolute Stimmenmehrheit erobert hatte. Seit dem Zerfall der alten Großparteien Anfang der 90er Jahre war das niemandem mehr gelungen. Zum zweiten Mal seit Beginn seiner Polit-Karriere Ende 1994 stieg Berlusconi zum Ministerpräsidenten auf.

„Italien feiert heute einen historischen Tag. Für das Land beginnen fünf Jahre des Wohlstands und der Stabilität“, hatte der heute 64-jährige Berlusconi nach der Vereidigung seines Kabinetts proklamiert. Zwei Jahre sind seit diesem Tag vergangen. Die triumphalen Parolen sind in Berlusconis Reden längst durch gemäßigtere Slogans ersetzt worden. Eine Phase wirtschaftlichen Abschwungs, stagnierende Reformen, Spannungen mit der Opposition und vor allem die ständigen Probleme mit der Justiz werfen einen düsteren Schatten auf die politische Zukunft des TV-Tycoons, der am 1. Juli den EU-Vorsitz übernimmt.

Justizfragen stehen seit Monaten im Mittelpunkt heftigster politischer Debatten. Der Ministerpräsident, der in Mailand wegen mutmaßlicher Richterbestechung auf der Angeklagtenbank sitzt, scheute bisher kein Kräftemessen mit der Linken, um umstrittene Justizreformen durchzusetzen, mit denen er laut Opposition sich und seine Vertrauensmänner vor einer Verurteilung zu retten versucht. Nach einem neuen Gesetz mit milderen Strafen bei Bilanzfälschung, der Erschwerung des Austauschs von Gerichtsakten mit anderen Staaten und der Einführung eines „Sonderschutzes“ für Angeklagten, die sich von „voreingenommen“ Richtern verfolgt fühlen, setzte Berlusconi vergangene Woche eine umstrittene Vorlage zur Stärkung der Immunität der hochrangigsten Staatsvertreter durch.

Justizverfahren gegen Regierungschef, Staatspräsident, Kammerpräsidenten und Chef des Verfassungsgerichts sollen demnach ausgesetzt werden, solange diese ihre Staatsämter ausüben. Berlusconi will auch die Immunität von Parlamentariern und Minister nach EU-Vorbild stärken. Die Opposition warnt vor der Eile, mit der Berlusconi die Immunität vor Beginn des italienischen EU-Semesters durchpeitschen will. Laut der Linken befürchtet er eine weitere Verurteilung seines Vertrauensmannes und Ex-Rechtsanwalts Cesare Previti, der wegen Richterbestechung erstinstanzlich im April bereits zu elf Jahren Haft verurteilt worden war.

Seit drei Jahren stehen Previti und Berlusconi wegen Richterbestechung bei der Privatisierung des Lebensmittelkolosses SME im Jahr 1985 vor Gericht. Berlusconis Verfahren musste kürzlich neu aufgerollt werden. Während Previti bereits in den nächsten Wochen erneut verurteilt werden könnte, ist das Ende des Prozesses gegen Berlusconi nicht vor nächstem Jahr zu erwarten. Die Opposition betonte öfters, die Justizschwierigkeiten Berlusconis beeinträchtigten Italiens Image im Ausland – und das in einer Phase, in der das Land wegen seiner europäischen Verpflichtungen im Rampenlicht der Medien stehen wird.

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