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Bereits drei schwere Meningokokken-Erkrankungen

Schwarzach - Vorarlberg hat zur Jahresmitte bereits drei schwere Erkrank­ungs­fälle durch eine Meningokokken-Infektion zu verzeichnen.

Bundesweit erkrankten in diesem Jahr bereits 52 Österreicher an den lebensgefährlichen Meningokokken-Bakterien, weitere sechs Menschen – darunter vier Kleinkinder – starben an der Infektion. Aus der österreichweiten Zwischenbilanz lässt sich eine steigende Tendenz an schweren Erkrankungs- und Todesfällen ableiten, meinen die Experten. Deshalb und weil das Wissen über die Bakterien-Infektion noch sehr gering ist, verstärkt das Österreichische Grüne Kreuz für Gesundheit nun seine Aufklärungsarbeit. 

Durchschnittlich infiziert sich in Österreich jeden dritten Tag ein Mensch mit den (lebens-)gefährlichen Meningokokken-Bakterien. „Im letzten Jahr wurden 100 Erkrankungsfälle registriert, für weitere elf Menschen endete die Infektion tödlich“, informiert Dr. Sigrid Heuberger von der Nationalen Referenzzentrale für Meningokokken der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit), die alle Meningokokkenfälle registriert und analysiert. „62 Prozent der Erkrankten waren unter 25 Jahre alt. Die meisten Infektionen findet man bei unter 1-jährigen Kindern, gefolgt von Jugendlichen zwischen 15-19 Jahren.“ Im Jahr davor gab es bundesweit 95 Erkrankungen und 10 Todesfälle, 2007 erkrankten 69 Menschen, weitere 4 starben.

In diesem Jahr infizierten sich österreichweit bereits 52 Menschen, weitere 6 starben. Heuberger: „Heuer liegen wir schon deutlich über dem Schnitt der letzten Jahre, wodurch sich eine weiterhin steigende Tendenz an Meningokokken-Infektionen abzeichnet.“ Die meisten Erkrankungsfälle traten einmal mehr in der Steiermark auf. Bis Ende Juni musste das Bundesland bereits 14 Erkrankungen und 3 Todesfälle verzeichnen. „In der Steiermark hat sich ein besonders aggressiver Meningokokken-Stamm der Serogruppe C etabliert, der Jahr für Jahr für ein Viertel aller Erkrankungen in Österreich verantwortlich ist“, erklärt Heuberger. Manche Bundesländer (z.B. Tirol, Burgenland, Kärnten, Salzburg) müssen zur Jahresmitte bereits fast genauso viele Erkrankungsfälle verzeichnen wie im gesamten letzten Jahr. „Nieder- und Oberösterreich hingegen liegen mit 3 bzw. 5 Fällen glücklicherweise noch deutlich unter dem Vorjahresschnitt (18 bzw. 12 Fälle 2009)“, so die Mikrobiologin.

Reisemedizin: Stämme W135 & Y im Vormarsch

Insgesamt gibt es 13 unterschiedliche Gruppen von Meningokokken (sog. Serogruppen). 5 davon – die Serogruppen A, B, C, W und Y – sind für den Menschen (lebens-)gefährlich. In Österreich sind fast ausschließlich Bakterien der Serogruppen B und C für die Erkrankungen verantwortlich. In einigen Bundesländern ist eine Zunahme an Serogruppe C-Erkrankungen zu erkennen. Doch: „Im letzten Jahr infizierten sich 4 Österreicher mit Bakterien der Serogruppe Y, die vorwiegend in den USA vorkommt und 2 mit W135, ein Bakterienstamm, der in afrikanischen Ländern und Arabien dominiert“, informiert Heuberger. „Heuer wurden bis zur Jahresmitte schon 3 Y-Fälle und genauso viele W135-Erkrankungen gemeldet. Ein 22-Jähriger starb an einer Infektion mit Meningokokken-Y.“

Generell ist die Verteilung der Serogruppen geografisch unterschiedlich und kann sich über die Zeit ändern. Die Dynamik der Meningokokken wird am Beispiel USA deutlich, wo sich die Serogruppenverteilung in den letzten 15 bis 20 Jahren stark verändert hat: „Anfang der 1990er Jahre verursachten die Serogruppen B und C mit je etwa 40% den größten Anteil der Meningokokken-Erkrankungen. Die Serogruppe Y spielte mit rund 9% eine eher untergeordnete Rolle. Seither hat sich ihr Anteil jedoch mehr als vervierfacht und lag 2006 bei 39%. Die Anteile der Erkrankungen, die durch die Serogruppen B und C verursacht wurden, gingen indes auf weniger als je ein Drittel zurück“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Ingomar Mutz, Vorsitzender des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates im Bundesministerium für Gesundheit und Präsident des Österreichischen Grünen Kreuzes für Gesundheit. „Wann und wo solche Veränderungen auftreten, ist nicht vorhersehbar. Eine reisemedizinische Beratung ist jedenfalls zu empfehlen.“

ÖGK für Gesundheit verstärkt Information

Eine Infektion durch Meningokokken-Bakterien ist besonders heimtückisch und gefürchtet, da sie plötzlich und unerwartet auftritt und sehr rasch voranschreitet. „Innerhalb kürzester Zeit erkranken bis dahin völlig gesunde Menschen lebensgefährlich an einer Hirnhautentzündung (Meningitis) und/oder Blutvergiftung (Sepsis). Die Folgen sind schwerwiegend und können zu Hirnschäden, Taubheit oder Amputation von Gliedmaßen führen. Für etwa jeden 10. Erkrankten endet eine Meningokokken-Infektion mit dem Tod“, beschreibt Mutz die Dramatik. Um für die Gefährlichkeit dieser Infektionskrankheit zu sensibilisieren, wird die unabhängige Vereinigung österreichischer Ärzte, Wissenschafter und Gesundheitsexperten in den nächsten Wochen und Monaten über die noch relativ unbekannte und weitgehend unterschätzte Infektionskrankheit verstärkt informieren.

Der beste Schutz gegen die lebensbedrohende Meningokokken-Infektion ist die vorbeugende Impfung, die für 4 der 5 wichtigsten Bakterienstämme (ACWY) zur Verfügung steht. Der Vorarlberger Kinderfacharzt Dr. Bernhard Jochum: „Wenn mich Eltern fragen, was ich ihnen für zusätzliche Impfungen empfehle, rate ich ihnen zur Meningokokken-Impfung.  Als Kinderarzt, aber auch als Vater hoffe ich, dass möglichst bald auch eine brauchbare Meningokokken B-Impfung verfügbar sein wird.”

Österreichweite Impfaktion

Bis zum 30. September 2010 sind die sog. Konjugat-Impfstoffe gegen

}         Meningokokken C (ab dem 3. Lebensmonat) sowie 

}         Meningokokken ACWY (für Erwachsene und Jugendliche ab 11 Jahren)

zum Aktionspreis in der Apotheke erhältlich. In diesem Zeitraum ist auch das ärztliche Impfhonorar gesenkt.

ÖGK-Präsident Mutz: „Wir hoffen, dass durch die Impfaktion und unsere Aktivitäten noch mehr Menschen auf die wichtige Präventionsmaßnahme aufmerksam werden und sich vor allem Kinder und Jugendliche, für die diese Impfung besondere Bedeutung hat, schützen lassen.“

Informationsangebot des ÖGK für Gesundheit:

www.gruenes-kreuz.org (Vorsorgemedizin, Infektionen)

office@gruenes-kreuz.org: Die ÖGK-Experten beantworten Fragen gerne per E-Mail

Info-Flyer werden bei Ärzten verteilt.

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