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Beginners

Das Leben ist ein steter Anfang: Romantische Lebensphilosophie über Generationen und sexuelle Orientierungen hinweg. Hier geht's zum Kinotrailer Alle Spielzeiten auf einen Blick

Das ganze Leben ist ein steter Anfang – ob man mit knapp 40 lernen muss, dass Papa eigentlich zeitlebens schwul war, ob man nach dem Tod der Ehefrau mit Mitte 70 die schwule Szene erkundet oder ob man sich als Suchender auf das altbekannte und doch ewig neue Spiel der Entwicklung einer Liebe einlässt. All diese scheinbar außergewöhnlichen und letztlich alltäglichen Konstellationen des Lebens schildert “Beginners” von Regisseur Mike Mills, der am Freitag (16.9.) in den heimischen Kinos anläuft.

Mills hat dabei für seine Erzählung eine renommierte Besetzung gewonnen. Hauptfigur ist Oliver (Ewan McGregor), der nach dem Tod des Vaters Hal trauert. Zugleich beginnt er einen Flirt mit der bezaubernden Anna (Melanie Laurent) auf einer Kostümparty, auf die er als Sigmund Freud gegangen ist. Verschränkt ist dieser Strang mit Rückblenden auf die letzten vier Jahre im Leben von Olivers Vater (Christopher Plummer). Nach dem Tod seiner Frau wird der 75-Jährige bis zu seinem Krebstod Aktivist der Schwulenbewegung, hat einen Lebensgefährten und überfährt damit bisweilen den Sohn.

Mittels weiterer Zeitebenen aus der Lebensgeschichte der Eltern wird die Narration darüber hinaus auch zum Rückblick auf 50 Jahre Lieben in den USA. Aus dieser vermeintlich überdrehten Konstellation schält sich ein wahrhaftiges Spiel des Lebens, des Alltags, des Zwischenmenschlichen, der Romantik ungeachtet des Alters, erzählt in ruhigen Bildern.

Oliver muss sich nicht nur mit seiner eigenen Haltung zur Beziehung seiner Eltern, zur eigenen Einstellung zu Homosexualität auseinandersetzen, er muss auch die Fragen von Tod und Vergänglichkeit beantworten, die sich durch die Erkrankung des Vaters stellen. Diese Reifung ermöglicht ihm, aus dem stets gleichen Kreislauf auszubrechen, den er mit potenziellen Partnerinnen vollzieht und sich ungeachtet aller Hindernisse Anna zu öffnen. “Beginners” benötigt dabei nicht die großen Gesten, es genügen meist beglückende Mikroaufnahmen, um Situationen und Menschen zu charakterisieren, etwa wenn Oliver nach dem Tod seines Dads dem hinterbliebenen Hund die neue Wohnung vorstellt.

“Beginners” ist ungeachtet des Plots in erster Linie kein Entwicklungsstoff, keine Handlungsanweisung, die ihre Personen vom Schlechteren zum Besseren führt. Er zeigt Leben in seiner banalsten, wahrsten Form, wenn etwa Anna beim Einzug in Olivers Haus Beklemmung spürt, ohne diese zunächst artikulieren zu können. Aber auch das Reden und der Streit erweisen sich nicht als Allheilmittel, auch wenn dies oft vermittelt wird. Wenn überhaupt, dann sind dies Aufraffen, Dranbleiben, Konsequenz und die stete Bereitschaft, sich anderen zu öffnen – eben stets aufs Neue zu beginnen. Als Beginner. (APA)

 

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