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Beethoven echt draufgängerisch

Bregenz - Jung und dynamisch, strotzend vor Energie – so präsentierte sich das Symphonieorchester Vorarlberg gestern bei seiner jährlichen Festspielmatinee im voll besetzten Haus einem internationalen Publikum.

Im Zentrum auch diesmal Chefdirigent Gérard Korsten, eine Persönlichkeit, wie man sie sich in dieser Übersicht, Klarheit und Konsequenz nicht besser wünschen kann. Ein spannendes, forderndes Programm zum Thema „Macht und Musik“ und zum Krenek-Schwerpunkt, zwischen Neoklassizismus und Klassik angesiedelt, ist bis ins kleinste Detail top vorbereitet, braucht nur noch abgerufen zu werden. Und das tut der Herr ohne Frack in seiner bekannt federnden, tänzerischen, mitreißenden Art, findet dabei vollste Zustimmung bei seinem Orchester und beim Publikum.

Kleine Enttäuschung

Eine kleine Enttäuschung gilt es anfangs freilich zu verdauen. Das als 2. Symphonie (1935) von Erwin Schulhoff angekündigte Stück erweist sich als bloß belanglose Spielmusik im Fahrwasser Bartoks, mit immerhin originellen Ausflügen im swingenden dritten Satz in die Welt eines Kurt Weill mit einem lasziv geblasenen Saxophonsolo im langsamen Bluestempo. Dennoch hat sich das SOV damit viel Mühe gegeben, spielt es so gut wie eben möglich. Weit mehr eigenständiges Profil und Anspruch besitzt das erste Violinkonzert (1924) von Ernst Krenek. Mit energischem Strich und wunderschönem Ton, wenn auch etwas unterkühlt, geht die junge österreichische Geigerin Hanna Weinmeister ihre schwere Aufgabe an, singt die Melodiebögen und Kadenzen klang­sinnlich aus, tritt in innigen Dialog mit dem leidenschaftlich agierenden Orchester und einzelnen Solisten. Ein pointiertes Werk in teils grellen, teils melancholischen Farben und in seinem sehr persönlichen Ausdruck als großes Liebeslied noch überzeugender als das zweite Violinkonzert Kreneks, das man vor wenigen Tagen hier gehört hat.

Begeisterung

Bei Beethovens ursprünglich Napoleon gewidmeter „Eroica“ entscheidet sich Korsten unter den zahlreichen möglichen Deutungsvarianten für die draufgängerischste. Forsche Tempi, überraschende dynamische Akzente, harte Schläge im ersten Satz signalisieren von Beginn an Aufbruchstimmung. Selbst im berühmten Trauermarsch des zweiten Satzes verflüchtigt sich jede Erdenschwere. Das Scherzo wird so zum eleganten Überflieger, mit brillant geblasenen Hörnern im Trio, der vierte Satz geht in den Streichern los wie eine Rakete und führt zum siegreichen Finale von leuchtender Größe und Wirksamkeit. Begeisterung diesseits und jenseits der Rampe.

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