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Bayern: Pfiffe für CSU-Ikone

Das hat es beim Aschermittwoch der CSU noch nicht gegeben. Edmund Stoiber spricht über Haushaltspolitik und die starke bayerische Wirtschaft, als den Zuhörern der Kragen platzt.

„Langweilig“ ruft auf einmal einer, dann pfeifen einige, später wieder derselbe unerbittliche Ruf: „Langweilig“. Nur mit Hilfe des Reizthemas Ausländerpolitik schafft Stoiber noch die Wende und bekommt vom aus CSU-Sicht „größten Stammtisch der Welt“ Beifall. Doch die Watschn der Zechbrüder dürfte Stoiber länger schmerzen, als der Jubel nachklingt. Es war Stoibers erster großer Auftritt vor dem Parteivolk seit seinem Rückzug aus der großen Koalition, bisher hatte er sich nur Parteifunktionären gestellt. Und obwohl die CSU alles daran setzte, die Stimmung aufzulockern, wieder früher Bier ausschenken ließ als in den Vorjahren und statt auf Show-Effekte auf Bierzeltatmosphäre setzte, stand die Veranstaltung unter schlechten Vorzeichen. Denn nur etwa 3500 bis 4000 Menschen kamen in die Dreiländerhalle, etwa 2000 weniger als in den Vorjahren.

Dass der Chef der CSU Niederbayern und bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber gleichwohl “6000 CSU-Anhänger“ begrüßte, konnte den Eindruck einer keineswegs vollen Halle nicht mindern. Auch sonst fielen die Versuche Hubers auf, die Stimmung zugunsten Stoibers zu drehen. „Die großen Erfolge“ der CSU in den vergangenen 30 Jahren schrieb er ihm in seiner Rede zu, machte Stoibers „schier unmenschlichen Einsatz“ für die vergangenen Wahlerfolge verantwortlich und pries ihn fast schon messianisch als „Gestalter der Gegenwart und Zukunft“.

Doch so laut Huber auch auf die Pauke haute, so schwer tat sich der spürbar verunsicherte CSU-Chef. „Wie ist denn die CSU beieinander, wie ist der Stoiber beieinander?“ seien die Fragen, die sich die Menschen derzeit stellten, gestand Stoiber zu Beginn seiner zweistündigen Rede selbst ein. Vorsichtig versuchte er, mit einigen Umgarnungen der Gäste Sympathien zurückzugewinnen. Erster Jubel brandete auf, als Stoiber noch einmal gegen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) nachtrat und rief, „der rot-grüne Klaumauk hat endlich ein Ende“. Doch in dem Teil seiner Rede, in dem Stoiber seine Vorschläge zur Bundespolitik platzierte, flachte die Stimmung rasant ab.

Schließlich schaffte Stoiber doch noch die Wende. Nachdem unzählige Maßkrüge Bier durch die Kehlen der Zuhörer geflossen waren, heizte Stoiber die Stimmung mit altbekannten Stammtischparolen zur Ausländerpolitik an. „Wer nicht deutsch kann, der gehört nicht auf eine deutsche Schule“ lederte Stoiber los. „Hier bei uns gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia“, schob er nach. Und männlichen Ausländern riet er, die Gleichberechtigung der Frauen zu akzeptieren. „Wer das nicht akzeptiert, braucht gar nicht zu uns kommen.“ In dieser Tonlage und mit einem Bekenntnis zur Heimat – „Mein Herz schlägt für Bayern“ – rettete Stoiber die Stimmung bis ans Ende der Rede. Von dem Aschermittwoch gehe ein starkes Signal aus, sagte CSU-Generalsekretär Markus Söder zufrieden, nachdem es wie in den Vorjahren sogar noch „Zugabe“-Rufe für seinen Parteichef gegeben hatte.

Aber ob dies auf Dauer reicht? Friedrich Rudolf Busse glaubt das nicht. Schon zum dreißigsten Mal war der aus Peine in Niedersachsen stammende Busse zum Aschermittwoch gereist, er erlebte alle Jubelstürme um Stoiber bis hin zu dessen Kanzlerkandidatur. Doch allmählich sieht er das Ende der Ära Stoiber kommen. „Er wird die Legislaturperiode noch bis 2008 zu Ende machen, aber dann wird es jemand anderes machen“, prophezeite der norddeutsche Beobachter. Auch Sandra Ahrens, als Vorsitzende der Frauen-Union Bremen Gast in Passau, sieht das politische Aus für Stoiber kommen: „Es gibt eine Ära vor Stoiber, es wird auch eine Ära nach Stoiber geben.“

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