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Bayern: Machtkampf in CSU

Ein schwerer Machtkampf in der bayerischen CSU - Edmund Stoiber fordert ein Duell "Wer gegen mich ist, soll gegen mich kandidieren" - Unklarheit besteht über die Nachfolge.

Landrätin Gabriele Pauli lächelte in die Kameras, dann ging sie auf Edmund Stoiber zu und schüttelte ihm die Hand: „Viel Kraft für alles, was da kommt“ wünschte die Widersacherin dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef beim Neujahrsempfang in der Münchner Residenz. Und für Stoiber kam es gleich am Wochenende ???.

„Ich weiß, dass ich im Feuer stehe“, sagte der Ministerpräsident am Freitagabend in seiner Rede vor 1.500 Gästen. „Wer in der Küche arbeitet, muss auch Hitze vertragen. Aber ich will schon etwas tun, das es wieder abkühlt“, sagte er kämpferisch. Ein Abgeordneter zitierte ihn mit den Worten: „Wer gegen mich ist, soll gegen mich kandidieren.“

Das ließe einen längeren Machtkampf in der CSU erwarten. Denn die Stimmung hat sich inzwischen gegen Stoiber gedreht. Was Fraktionsmitglieder beim Neujahrsempfang noch hinter vorgehaltener Hand sagten, sprach Fraktionschef Joachim Herrmann am Samstag im Bayerischen Rundfunk erstmals offen aus: Unüberhörbar mehrten sich die Stimmen, die in einer anderen Formation in die Landtagswahl 2008 gehen wollten. Darüber müsse man auf der am Montag beginnenden CSU-Fraktionsklausur in Wildbad Kreuth offen diskutieren.

Er habe nicht den Eindruck, dass Stoiber seine Ämter kampflos aufgeben würde, zitierte der BR den CSU-Fraktionschef. Der Ministerpräsident fühle sich stark und vital. Eine Hau-Ruck-Aktion sei nicht sinnvoll. Aber die Stimmung draußen müsse wahrgenommen werden.

In den Umfragen ist nicht nur Stoiber regelrecht abgestürzt, auch die CSU fiel jetzt auf 45 Prozent – da schrillen bei der Partei sämtliche Alarmglocken. Nach dem Treueschwur des CSU-Präsidiums vor knapp einer Woche hatte sich Stoiber weitere schwere Fehler erlaubt: Er meldete seinen Anspruch an, bis 2013 zu regieren. Und sein wegen der Nachforschungen über Paulis Privatleben entlassener Büroleiter nahm an der Kabinettssitzung teil. Solche Fehler hätten für erhebliche zusätzliche Unruhe gesorgt, sagte Herrmann. Der ursprüngliche Plan, dass sich die Fraktion in Kreuth für eine erneute Spitzenkandidatur Stoibers 2008 ausspricht, wurde fallen gelassen – zu groß erschien die Gefahr, dass eine Abstimmung für Stoiber zum Fiasko werden könnte.

Von Angeordneten wurde Herrmann aufgefordert, mutig Führungsstärke zu zeigen – aber in welche Richtung, darüber gab es völlig verschiedene Ansichten. Auch in der Fraktion hat Stoiber weiterhin Gefolgsleute, die auf seine Verdienste und auf seine Kraft verweisen, die verschiedenen Flügel der Partei zusammenzuhalten. Andere fordern den Wechsel – aber wann, wie und mit welchen Nachfolgern, darüber werden ganz unvereinbare Meinungen geäußert.

Schon vor Weihnachten habe es eine Diskussion mit Landtagspräsident Alois Glück gegeben, ob Stoiber den Parteivorsitz nicht besser an den Parteivizechef und deutschen Landwirtschaftsminister Horst Seehofer abgeben sollte, sagte ein Abgeordneter. Glück favorisiere auch den bayerischen Innenminister Günther Beckstein als Ministerpräsidenten. Aber das sei nur eine denkbare Lösung von mehreren. Putschpläne, Bündnisse oder Absprachen gegen Stoiber wurden von allen angeblich Beteiligten allerdings entschieden dementiert.

Beckstein, der zu den beliebtesten und angesehensten Politikern in Bayern gehört, trug auf dem Neujahrsempfang Frack und Verdienstorden und genoss den Abend sichtlich. Wie Seehofer hat auch er betont, dass er nie gegen Stoiber antreten würde. Aber er hat zuletzt auch mehrfach die innere Zerrissenheit der CSU beklagt und Klarheit gefordert.

Ein CSU-Politiker, der dem bayerischen Wirtschaftsminister Erwin Huber näher steht, sähe Beckstein und Seehofer als Nachfolger eher skeptisch. Der 63-jährige Franke wäre nur eine Übergangslösung, und Seehofer stehe für den Sozialflügel der Partei. Ein anderer CSUler sagte: „Es ist tragisch und dramatisch, dass sich eine Reihe guter Leute gegenseitig im Weg stehen.“

Hinter wem sich die Truppen letztlich sammeln, scheint noch unklar zu sein. Voraussetzung für einen Wechsel ist ohnehin, dass Stoiber seinen Platz mehr oder minder freiwillig räumt. Nur mit, nicht gegen ihn ließe sich der Wechsel anständig über die Bühne bringen: Sonst „fliegt uns der Laden um die Ohren“, sagte ein Abgeordneter. Ein Bruch wäre verheerend für die CSU, warnte ein anderer.

Für Montagvormittag hat Stoiber Glück und Herrmann zum Gespräch in die Staatskanzlei gebeten – einzeln. Dass sich Stoiber von Herrmann zur Aufgabe überreden lassen würde, sei schwer vorstellbar, sagte ein CSU-Mann mit Hinweis auf dessen eigene Ambitionen: Wer selbst von einem Wechsel profitieren könnte, dem unterstelle Stoiber unlautere Motive. Auf seinen langjährigen Weggefährten Glück dagegen könnte er hören. „Ich weiß nur nicht, ob Glück es versucht.“

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