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Automobilindustrie: Krise immer drastischer

Die weltweite Krise der Automobilindustrie wird immer dramatischer. Der ums Überleben kämpfende US-Autohersteller Chrysler will mit dem italienischen Autobauer Fiat eine Allianz eingehen. Autoexperte: Unternehmen Chrysler im Prinzip wertlos

Beide Unternehmen leiden massiv unter der Talfahrt am Automarkt. BMW plant in vier deutschen Werken Kurzarbeit. Frankreich greift der heimischen Autoindustrie erneut mit Milliardensummen unter die Arme. Unterdessen warnte EU-Vizepräsident Günter Verheugen, jedes fünfte Unternehmen der Autobranche in Europa sei in Gefahr.

Mitten in der Talfahrt der Autobranche steigt Fiat beim notleidenden US-Hersteller Chrysler ein. In einem ersten Schritt soll Fiat 35 Prozent an dem kleinsten der großen Drei unter Amerikas Autobauern übernehmen. Beide Unternehmen unterzeichneten eine entsprechende vorläufige Vereinbarung, wie Chrysler am Dienstag in Auburn Hills (US-Bundesstaat Michigan) mitteilte. Das Bündnis soll beide Unternehmen gegen die Konkurrenz globaler Wettbewerber wie etwa Toyota und Volkswagen stärken. Die Allianz benötige noch die Zustimmung der US-Regierung. Chrysler überlebt derzeit nur mit Hilfe eines milliardenschweren staatlichen Notkredits.

Fiat bezahlt nicht mit Bargeld, stattdessen bekommt Chrysler Zugang zu Fiat-Technologie für den Bau vor allem von Kleinwagen. Im Gegenzug will sich Fiat den US-Markt für Klein- und Mittelklassewagen erschließen. Fiat-Chef Sergio Marchionne hatte unlängst erklärt, er stehe vor dem schwierigsten Jahr seines Lebens, es würden wohl nur sechs Autokonzerne die Krise überstehen können.

BMW und MAN schicken zehntausende Beschäftigte in Kurzarbeit. In den kommenden Wochen solle rund ein Viertel aller Mitarbeiter weniger arbeiten, teilte BMW mit. Betroffen sind 26.000 Mitarbeiter in Dingolfing, Regensburg, Landshut und Berlin. Geplant sei, im Februar und März insgesamt 38.000 Fahrzeuge weniger zu bauen als geplant. Von April an solle die Produktion wieder normal laufen. Weitere Stellenstreichungen sind nicht geplant. Der Nutzfahrzeughersteller MAN vereinbarte für die Standorte München, Nürnberg und Salzgitter Kurzarbeit, davon sind 9.400 Mitarbeiter betroffen.

Unterdessen hat die Wirtschaftsflaute dem japanischen Autobauer Toyota im vergangenen Kalenderjahr das Geschäft verhagelt. Die Zahl der verkauften Autos schrumpfte um 4 Prozent auf 8,97 Millionen Stück, wie das Unternehmen in Tokio mitteilte. Besonders der wichtige US-Markt war zusammengebrochen. In den vergangenen Wochen hatten die erfolgsverwöhnten Japaner die Produktion bereits deutlich gedrosselt. Erstmals in seiner Geschichte erwartet Toyota einen operativen Verlust von 150 Mrd. Yen (1,28 Mrd. Euro). Das Geschäftsjahr läuft noch bis Ende März. Die spanische VW-Tochter Seat darf wegen der Absatzflaute rund 5.300 von 11.000 Beschäftigten vorübergehend unbezahlt in den Urlaub schicken.

Frankreichs Premierminister Francois Fillon forderte als Gegenleistung für Milliardenhilfen, dass Renault und PSA Peugeot Citroen ihre Produktion in Frankreich halten und im Inland einkaufen. Der Staat wolle den Herstellern fünf bis sechs Mrd. Euro bereitstellen, sagte er auf einer Konferenz zur Lage der Autobranche in Paris. Die EU solle schnell den Weg für Hilfen freimachen. Auf der Konferenz gründete die Regierung zudem mit Renault und PSA gemeinsam einen 300 Mio. Euro schweren Fonds, um international wettbewerbsfähige Zulieferer zu schmieden.

Renault-Chef Carlos Ghosn erklärte, im laufenden Jahr könnten 15 bis 20 Prozent der Auto-Arbeitsplätze in Europa verloren gehen. Die Produktion werde um 15 Prozent fallen. Es gehe um das Überleben von Herstellern, Lieferanten und Händlern. EU-Vizepräsident Verheugen betonte, im EU-Budget gebe es keinen Spielraum für Hilfen. Die Europäische Investitionsbank gebe aber Mittel zur Entwicklung “grüner” Produkte. Zudem dürfe die neue US-Regierung nichts tun, was den Wettbewerb verzerre und die europäischen Hersteller benachteilige.

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