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Aufhören, wenn’s am schönsten ist

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Vincent Müller aus Bludesch wurde am Mittwoch zum zweiten Mal in Folge mit dem österreichischen American-Football-Nationalteam Europameister. Beim 27:0-Finalsieg gegen Finnland feierte er ein perfektes letztes Spiel im Nationaltrikot.

Als das österreichische Team im deutschen Krefeld den EM-Titel verteidigte, war Vincent Müller nicht nur dabei, er war mittendrin. Zum zweiten Mal nach 2023 holte das Nationalteam den Titel gegen Finnland. "Damals 28:0, jetzt 27:0 – ich würde sagen, das passt", sagt Müller im Gespräch mit VOL.AT mit einem Augenzwinkern. Unterstützung gab es von der Tribüne, seine Eltern waren mit in Nordrhein-Westfalen und drückten die Daumen.

Das österreichische Nationalteam feiert den zweiten EM-Titel in Folge. ©GEPA

Auch wenn das Finalergebnis klar ausfiel, der Weg dahin hatte seine Tücken: "Emotional war das Halbfinale gegen Deutschland bereits das vorgezogene Finale", spricht Müller die ewige Rivalität zwischen Deutschland und Österreich an. "Das Finale gegen Finnland war dann nur noch eine Draufgabe."

Revanche geglückt

2014 verlor Österreich gegen die Nachbarn in Wien in der Overtime. Ein Trauma, das Müller seit seiner Zeit als Zuschauer im Ernst-Happel-Stadion mit sich trug. "Wir mussten elf Jahre auf die Revanche warten und haben die Chance jetzt genutzt."

Die Freude nach dem Sieg gegen Deutschland kannte keine Grenzen. ©GEPA

Mit 30:9 fegte das Team von Headcoach Max Sommer die Deutschen im Halbfinale von Krefeld vom Platz. Es war der erste Sieg überhaupt gegen das deutsche Nationalteam. Für Müller ein Moment für die Geschichtsbücher: "Das war das Größte, so was hat es noch nie gegeben. Einfach Wahnsinn", freute er sich über den einzigartigen Sieg gegen den ewigen Rivalen.

Für Vincent Müller war das EM-Finale gegen Finnland zugleich das letzte Spiel im Nationalteam. ©GEPA

Vom Blue Devil zum Europameister

Vincent Müllers Karriere begann 2010 bei den Blue Devils in Hohenems, dort schnupperte der junge Bludescher erstmals American-Football-Luft. 2015 wechselte er zu den Raiders Tirol, parallel zum Beginn seines Medizinstudiums in Innsbruck. Mit den Tirolern holte er fünf österreichische Meistertitel, seine Leistung beim Austrian Bowl 2018 brachte ihm zudem den MVP-Award.

Seine Karriere begann Müller bei den Cineplexx Blue Devils in Hohenems. ©Schwämmle

Heute steht Müller im zweiten Jahr seiner Facharztausbildung für Unfallchirurgie und Orthopädie an der Innsbrucker Uniklinik. Seine Motivation? "Als Sportler war für mich klar, dass ich auch beruflich etwas mit meinem Hobby zu tun haben möchte. Manche werden Physiotherapeuten, ich habe mich für die Sportmedizin entschieden", sagt er. Und lacht: "Nach einem Tackle kann man dem Gegenüber gleich die Visitenkarte zustecken."

Seit 2015 spielt Müller für die Raiders in Tirol. ©GEPA

"Ich will gesund abtreten"

Sein Rücktritt aus dem Nationalteam kommt für viele überraschend, doch für Müller war die Entscheidung gereift. "Mit 30 Jahren bin ich für die Safety-Position schon recht alt. Jetzt wäre die Zeit, die Position zu wechseln. Im Alter wird es nicht leichter. Ich möchte meine Zeit im Nationalteam gesund beenden und nicht aufgrund einer Verletzung."

Auch wenn er sich selbst augenzwinkernd in "Altersteilzeit" sah, zeigte der 30-Jährige bei der EM eindrucksvoll, dass er noch immer auf Top-Niveau spielt. Passversuche der Gegner unterband er routiniert, als ob er wüsste, was kommt, bevor es passiert.

Müller (Nr. 35 hinten) präsentierte sich bei seinen EM-Einsätzen auf Top-Niveau. ©Privat

European League of Football als neue Bühne

Seit 2022 spielt er mit den Raiders Tirol in der European League of Football (ELF). Die Liga bringt internationalen Wind in den Sport und genau das reizt Müller: "Mit der Zeit wurde der ewige Kampf in Österreich zwischen den Raiders und den Vienna Vikings langweilig. Die ELF kam genau richtig." Schon in der ersten Saison erreichte das Team das Halbfinale.

Ein ewiges Duell: Die Raiders Tirol gegen die Vienna Vikings

Ein Kapitel endet, das nächste beginnt

Der Abschied aus dem Nationalteam fällt Vincent Müller nicht leicht, das spürt man. Und doch klingt in seinen Worten kein Bedauern mit, eher Dankbarkeit. Bleibt nur eine Frage offen: Wird der Arzt im OP-Saal je denselben Adrenalinkick spüren wie am Spielfeldrand in Krefeld?

(VOL.AT)

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