AA

Auf Nessies Spuren

©VN-srt/K.T. Raab
Bilder

Gemütlich schippert die „Royal Scot“ über den See. So weit das Auge reicht, nur spiegelglattes Wasser. Vergeblich warten rund 30 Augenpaare darauf, dass sich plötzlich etwas Gigantisches aus dem Wasser des 38 Kilometer langen und bis zu 300 Meter tiefen Gewässers erheben möge. Doch heute zeigt sich das Monster vom Loch Ness nicht.

Geschichten und Mythen
Keine Frage, um kaum ein anderes Wesen ranken sich mehr Geschichten und Mythen als um Nessie. Und auch wenn das Phänomen gerne als Spinnerei abgetan wird, hofft jeder insgeheim, das Ungeheuer doch zu Gesicht zu bekommen. Schon im 6. Jahrhundert will der irische Missionar St. Columban jene Kreatur mit echsenähnlichem Kopf, langem Schlangenhals und zwei Höckern gesichtet haben.
Seine eigentliche Popularität erlangte Nessie jedoch erst, als 1933 ein gewisser Hugh Gray ein – selbstverständlich unscharfes – Foto des Monsters schoss.  Wenige Wochen zuvor will ein Mr. Spicer bei der Fahrt entlang der damals neu gebauten Uferstraße, der heutigen A82, einen schwarzgrauen Fleischberg mit über zehn Meter Länge, riesigem Hals und kleinem Kopf im See gesehen haben. Und in dem Maße, wie sich die Zahl der Augenzeugenberichte mehrte, lösten die mysteriösen Vorfälle eine wahre Monstermania aus. 1934 stellte das schottische Parlament Nessie sogar unter gesetzlichen Schutz.

7000 Augenzeugen bisher
Seither geben mehr als 7000 meist illustre Zeitgenossen vor, das Ungetier, das von dem britischen Zoologen Sir Peter Scott auf den wissenschaftlichen Namen Nessiteras rhombopterix getauft wurde, persönlich zu Gesicht bekommen zu haben.
Und die Liste der Augenzeugen zieren beileibe nicht nur Namen von Pub-Besuchern, denen nachgesagt werden könnte, sie hätten ein Pint zu viel gehabt, sondern auch die von honorigen Bürgern wie Parlamentsangehörigen, Rechtsanwälten und sogar Geistlichen.
Um auch sicherzugehen, dass keine Fotomontagen vorliegen, wurden viele der Fotos des Monsters den Labors der NASA und des britischen Verteidigungsministeriums übergeben. Beim Gros der Aufnahmen – so die Ansicht der Experten – scheinen Fälschungen ausgeschlossen. Als Konsequenz nahmen auch wissenschaftliche Forscherteams ihre Untersuchungen auf. In den 1960er-Jahren wurde das Loch Investigation Bureau ins Leben gerufen und mit einer systematischen Untersuchung des Sees begonnen. Mit Echolot und Unterwasserkameras, U-Booten und Sonargeräten machten sich die Wissenschafter auf die Suche nach dem Unbekannten – bislang jedoch vergebens.

500.000 Pfund für „Nessie“

Die irische Guinness-Brauerei setzte sogar ein Kopfgeld in Höhe von 500.000 Britischen Pfund auf den Fang des Monsters aus. Seither besitzt der Loch Ness eine magische Anziehungskraft auf Touristen aller Herren Länder. Und fast alljährlich hebt sich in den Sommermonaten nach einem exakten Zeugnis aller am Fremdenverkehr gut verdienender Bewohner des Great Glens die sagenumwobene Mischung aus Walfisch und Dinosaurier aus den Fluten, um neue Werbewellen aus den großen Nüstern zu blasen – und dann ebenso schnell wieder in den Tiefen des Lochs zu verschwinden.  
Obwohl die Wahrscheinlichkeit, einen Blick von „Nessie“ zu erhaschen, etwa so groß ist wie die Chance, dass es im Frühjahr in Schottland nicht regnet, ist eine Bootsfahrt auf dem malerischen Binnensee fast schon ein Muss und lässt die Mythen und Geschichten um das Ungeheuer in einem ganz neuen Licht erscheinen.
Loch Ness gehört als Teil des Kaledonischen Kanals zusammen mit Loch Linnhe, Loch Lochy und Loch Oich zu der 97 Kilometer langen Verbindung zwischen Nordsee und Atlantik, die Anfang des 19. Jahrhunderts nach Plänen des berühmten Architekten Thomas Telford hergestellt wurde. Es wäre also denkbar, dass sich Nessie je nach Lust und Laune mittels dieser Wasserstraße in das offene Meer verflüchtigt. Allerdings müsste das Monster dann verschiedene Staustufen überwinden.

Nessie in Plüsch oder Porzellan
In Drumnadrochit wird alles Wissenswerte rund um das Seeungeheuer mithilfe von Fotos, Zeichnungen, Modellen und verschiedenen multimedialen Medien in zwei Dauerausstellungen präsentiert. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse werden ebenso verständlich aufbereitet wie wilde Theorien und Erklärungsversuche. Und, damit das Phänomen Loch Ness, das bei nüchterner Betrachtung eher wie ein riesiger, enorm erfolgreicher PR-Gag anmutet, zumindest bei den Andenkenjägern nicht verebbt, steht Nessie für ein paar Pfund in allen erdenklichen Formen aus Plüsch, Plastik und Porzellan zum Verkauf.

„Nessie“ in einer Reihe mit dem Yeti und Bigfoot
Das Ungeheuer von Loch Ness soll ein Tier oder eine Gruppe von Tieren sein, die in Loch Ness, einem See in Schottland in der Nähe der Stadt Inverness, leben. „Nessie“ wird normalerweise als Seeschlange bezeichnet, die eine Länge bis zu 20 Metern haben soll. Zusammen mit Bigfoot und Yeti ist Nessie wahrscheinlich eines der bekanntesten Kryptidien.

565
soll der heilige Columban der Überlieferung nach das Loch-Ness-Ungeheuer, das zuvor einen unglücklichen Schwimmer erlegt hatte, durch die Anrufung Gottes in die Flucht getrieben haben. Erst im 16. Jahrhundert tauchte wieder ein Monster aus dem Loch auf und tötete drei Jäger mit seinem mächtigen Schwanz …

Gewöhnliche Tiere wurden fehlinterpretiert
Wissenschaftler und Experten finden die Beweise für Nessies Existenz unglaubwürdig und erklären sich solche Berichte als Falschmeldungen oder Fehlbestimmungen von gewöhnlichen Tieren. Regional ist der Mythos natürlich zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden, da der See heute eines der Hauptziele für den Tourismus in Schottland ist.

Wanderungen in der näheren Umgebung
Wer von der Jagd auf das legendäre Ungeheuer genug hat, kann vom Loch Ness nach Norden in die Highlands weiter wandern. Direkt am nördlichen Ende liegt mit Inverness die größte Ortschaft am See und in Nord-Schottland. Etwas weiter südlich bei Fort William liegt der Ben Nevis – mit 1343 Metern der höchste Berg Schottlands. Unerfahrene Wander werden davor gewarnt, ihn zu unterschätzen. Plötzliche Wetterumschwünge (an 300 Tagen im Jahr herrscht Nebel!), Geröllfelder und die unterschätzte Höhe haben schon manche kalt erwischt. Nach Westen geht es auf Aberdeen zu und in Richtung zahlreicher Whisky-Brennereien, die mit Führungen und Museen locken.

Reiseinfos

Anreise: Es gibt vier internationale Flughäfen: Aberdeen, Edinburgh, Glasgow und Glasgow Prestwick. Die Londoner Flughäfen Gatwick, Stansted und Heathrow dienen oft als Umsteigeflughäfen nach Schottland.
Essen & Trinken/Unterkunft: Chez Roux Restaurant, Rocpool Reserve, Culduthel Road, Inverness IV2 4AG, Schottland, Tel. +44 1463 240089, www.rocpool.com. Das Restaurant von Chefkoch Albert Roux bietet eine exzellente Mischung aus französischer und schottischer Küche. Angeschlossen ist auch ein modernes Designhotel (Doppelzimmer mit Frühstück ab 166 Brit. Pfund).
Nessie im Internet: Livebilder vom Loch Ness unter www.lochness.co.uk/livecam.
Loch Ness Centre, Drumnadrochit, Loch Ness, Invernessshire IV63 6TU, Schottland, Tel. 0044/1456/450573, www.lochness.com.
Loch Ness Bootstouren: Verschiedene Betreiber bieten Bootstouren auf dem Loch Ness an, darunter auch Cruise Loch Ness, Knockburnie, Inchnacardoch, Fort Augustus, Invernessshire PH32 4BN, Schottland, Tel. 0044/1320/366277, www.cruiselochness.com.
Literaturtipp: Ulrike Katrin Peters und Karsten-Thilo Raab (Autor dieses Beitrags): Britannia Kuriosa, Westflügel Verlag, ISBN 978-3- 939408-08-8
Weitere Informationen: Visit Britain, Dorotheenstr. 54, 10117 Berlin, Tel. +49 1801 468642, Internet www.visitbritain.com/de.

VN-srt/K.T. Raab

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite