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Auf den Spuren der Elche

Mit Schneeschuhen, Langlaufski und Steigeisen im Nationalpark Jotunheimen.

Nordic Cruising, Schneeschuhwandern oder einfach nur einem vereisten Flusslauf folgen: Wintersport auf die sanfte Tour ist in, weil er Naturerlebnis und Bewegung an der frischen Luft perfekt miteinander verbindet. Folgen Sie uns ins Mutterland des nordischen Skisports, wo all dies seinen Ursprung hat und wo der Winter auch abseits der Skipiste ein besonderes Erlebnis ist.

Nicht auf die Spur
Die erste Lektion sei die wichtigste, betont Magnus, während wir unsere frisch gewachsten Langlaufski anschnallen. „Schaut nicht auf die Spur”, beschwört er uns, „sondern genießt die Landschaft”. Ein Rat, der leicht zu befolgen ist. Auch wenn die Loipe, auf der wir den zugefrorenen See Øvre Sjodalsvatn überqueren, nach den Schneestürmen der letzten Tage bisweilen ihre Tücken hat. Doch wer vermisst eine perfekte Spur, wenn er mit jedem Schritt tiefer in eine Bilderbuchlandschaft hinein läuft? Birkenwäldchen, rote Holzhäuser unter dicken Schneemützen und Schnee, der wie ein Teppich aus Diamanten in der Morgensonne funkelt.

Winterfaszination
In Bessheim, gute zweieinhalb Autostunden nordwestlich der Olympiastadt Lillehammer, haben wir Quartier bezogen. Von hier aus wollen wir im Jotunheimen, Nordeuropas größter und höchster Gebirgsregion, die Faszination des Winters in Norwegen erspüren. Natürlich gehört Langlaufen dabei zum Pflichtprogramm. Magnus zeigt uns den Weg, gibt Tipps zur Skitechnik und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf Kleinigkeiten am Wegrand. Zum ersten Mal sehen wir hier die tiefen Tritte der Elche und breite Kuhlen, in die sich die Tiere zur Nachtruhe kuschelten. So wird jede Verschnaufpause auf dem Weg zum Gjende-See nebenbei zur Lehrstunde über Land und Leute.

Viel mehr noch erfahren wir, als wir uns nach dreistündiger Tour am Lagerfeuer wärmen. Gut tut der heiße Tee und köstlich ist das gebratene Rentierfleisch, das mit sahnig- dickem Romo und hauchdünnem Papierbrot serviert wird. Während das Fleisch in der Pfanne brutzelt, erzählt Skilehrer Magnus von seinem Beruf als Rentierhirte hier im Hochtal, einer „herrlichen Arbeit”, bei der er im Sommer mit fünf Kollegen etwa 4000 Tiere hütet. Im Winter, wenn es genügt, dass ein Hirte regelmäßig mit dem Skidoo die Herde kontrolliert, habe er Zeit, seine Liebe zur Natur auf die sportliche Art auszuleben.

Versilberte Winterwelt
Am nächsten Morgen scheint die Winterwelt vor der Bessheim Fjellstue versilbert. Gefroren ist die Schneedecke, die tags zuvor unter der warmen Nachmittagssonne zu tauen begann. „Schlechte Bedingungen für die geplante Langlauftour durchs unverspurte Gelände”, entscheidet Ragnhild Sjurgard. Zusammen mit Schwester Kari leitet sie den Familienbetrieb auf 964 Meter, seit die betagten Großeltern jugendliche Unterstützung brauchten.

Uns hält es dennoch nicht in der holzgetäfelten Stube, zumal die Sonne über die Bergrücken spitzt. Als Alternative zu den Langlaufskiern verteilt Ragnhild Schneeschuhe und stapft mit Boardercollie Bessie voraus in Richtung Hindsæter. Rundum nur unberührte Natur. Abgesehen vom Schrei eines Vogels oder dem Glucksen eines Baches hört man nur den eigenen Atem. Mal geht es durch schmale Pfade, mal über lichte Ebenen mit weitem Blick auf die Zweitausender rundum, denen Jotunheimen seinen Namen verdankt: Heimat der Riesen. Nach knapp zwei Stunden Marsch erahnen wir den Bergsee.

Geduldiges Eisangeln
Aus einem Tipi am Ufer steigt ein dünner Rauchfaden in den stahlblauen Himmel. Drinnen empfängt uns Andre Sundero mit heißem Kaffee und Geschichten von Trollen und Rentierherden. Das Mittagessen müssen wir uns erst fangen. Bergforelle steht auf dem Speiseplan, und so haltenwir geduldig unsere Köder in die Bohrlöcher und hoffen auf Anglerglück. Die Ausbeute ist köstlich und stärkt uns für den Weg nach Hindsæter.

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