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Auch Karfreitag muss sein

Bildstein (VN) -  Pfarrer Paul Burtscher schätzt die Karwoche als „Mysterienspiel“.

Als Paul Burtscher im Dezember 1954 in Fontanella zur Welt kam, hatte seine Familie ihren ganz persönlichen Karfreitag schon Monate hinter sich. Später besuchte er an der Hand seiner Mutter oft die Gräber von Paul, Tobias und Elsa. Was in dem Kind wohl vorging? Wie hat der kleine Paul Burtscher sich seine Nichte vorgestellt? Er hätte mit ihr und seinen Brüdern spielen können, wenn die Lawine im Jänner 1954 nicht auch diese drei jungen Leben unter sich begraben hätte. „Meine Eltern waren damals auch verschüttet worden.“ Im Frühjahr haben sie ihr Haus wieder aufgebaut. Im Dezember wurde Paul geboren.

„Nie ein Drama draus gemacht“

 „Meine Eltern haben nie ein großes Drama daraus gemacht“, erzählt der Seelsorger der Pfarre und Wallfahrtskirche von Bildstein. „Das Ereignis hat einfach zu unserem Leben dazu gehört.“ Pauls Eltern waren Bauern. Kein großer Hof. Bergbauern halt. In seinen Kindheitserinnerungen sind die Kreuze für Paul, Tobias und Elsa fest eingerammt. Paul Burtschers Eltern waren gläubige Christen. „Das hat ihnen geholfen.“ Ihrem Sohn gaben sie dieses Konfrontiert-Sein mit der Härte des Lebens und der unbarmherzigen Natur mit auf den Weg, diese nüchterne Erkenntnis, „dass das Leben fortwährend Kampf und Einsatz braucht“. Burtscher sagt in Anlehnung an einen Song: „Das Leben isch ka Schocki“. Er sagt das nicht bitter. Er stellt es nur fest.

Bauernbub in der Stadt

Mit elf Jahren schickten seine Eltern Paul nach Bregenz aufs Gymnasium. „Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich in eine Eisenbahn eingestiegen, ich sah zum ersten Mal den Bodensee.“ Aus einer einklassigen Volksschule kam Paul 1966 in die höhere Schule mit 600 Jugendlichen. Seine Eltern hatten ihn im Marianum, dem Studieninternat der Diözese, untergebracht. Sie gaben ihm Werthaltungen mit: „Fleißig sein, sein Geld ehrlich verdienen und sparsam damit umgehen

Für ihn ist die Karwoche „wie ein Mysterienspiel“. Die ganze Leidensgeschichte Jesu, die am Palmsonntag in drei Rollen vorgetragen wird, verteilt sich auf mehrere Tage. Menschen, die am Palmsonntag in die Kirche gehen und dann das nächste Mal zu Ostern, kommen ihm vor wie Fernsehkonsumenten, „die vom Spielfilm die ersten und die letzten Minuten ansehen, um sicher zu sein, wie es ausgegangen ist“. Tatsächlich wäre der Weg vom feierlichen Einzug Jesu in Jerusalem, mündete er ohne Umschweife in der Auferstehung, ein immerwährendes Fest.

Nur, „ohne Karfreitag ist die Auferstehung sinnlos“. Beim Kreuzweg für Volksschüler und Kindergärtler hat Paul Burtscher es eingangs der Karwoche betont: „Christen dürfen dem Kreuz ins Gesicht schauen. Es ist da. Es zählt zu unserem Leben. Wir können es tragen, weil einer auferstanden ist.“ Mit diesen Gedanken wird Pfarrer Paul Burtscher am Gründonnerstag im Gottesdienst Menschen die Füße waschen. Mit diesen Gedanken wird er mit anderen am Ölberg Wache halten und am Karfreitag um 15 Uhr, zur Todesstunde Jesu, die Andacht zelebrieren. Das Ende allen Leidens aber bringt der Ostermorgen, der von Bildstein aus mit etwas Glück in opulenter Pracht über dem ganzen Rheintal heraufdämmert.

Zur Person

  • Paul Burtscher ist Seelsorger in Bildstein, erfahren in Kontemplation und Pilgern
  • Geboren: 1954 in Fontanella
  • Ausbildung: Theologiestudium
  • Laufbahn: Kaplan in Fraxern, Weiler, Klaus und Bludenz, Pfarrer in Meiningen und Bildstein

 

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