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Attac: Steigender Einfluss von Rüstungslobby auf EU

Die Rüstungslobby hat ihren Einfluss auf die europäische Politik in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der globalisierungskritischen NGO Attac. Eine Auswertung des EU-Lobbyregisters zeigte, dass die Kontakte zwischen Lobbyisten und EU-Politikern ein neues Rekordniveau erreicht haben. Parallel dazu stiegen die Lobbybudgets der zehn größten Rüstungskonzerne und die Zahl der in Brüssel registrierten Lobbyisten vervielfachte sich.

Mehrmals wöchentlich (89-mal) hätten sich Lobbyisten von Rüstungskonzernen heuer mit Vertretern der EU-Kommission getroffen. Das sei, verglichen mit früheren Zeiträumen, "ein Rekord", schrieb Attac. Unternehmen wie Leonardo, Rheinmetall, Airbus, Saab, SAFRAN oder Thales hätten jeweils mehrere Treffen zu den Themen Aufrüstung, Geopolitik sowie zur Ausgestaltung des EU-Aufrüstungsprogramms "Readiness 2030" mit Vertretern der Kommission gehabt.

Im selben Zeitraum habe es zu diesen Themen aber nur 15 Treffen mit Gewerkschaften, NGOs oder Wissenschaftern gegeben, kritisierte die NGO in ihrem 16-seitigen Bericht, der der APA vorliegt. Die Rüstungsbranche habe ihre Lobbyarbeit auch im EU-Parlament deutlich intensiviert. Laut Daten von Transparency International wurden zwischen Juni 2024 und Juni 2025 insgesamt 197 Treffen mit Abgeordneten organisiert - im Vergleich zu 78 Treffen in den fünf Jahren davor.

Rüstungsindustrie mit "maßgeblichem Einfluss" auf sicherheitspolitische Strategien

Parallel dazu sind die Lobbybudgets der zehn größten Rüstungskonzerne laut Attac zwischen 2022 und 2023 um 40 Prozent gestiegen und erreichten 2024 ein neues Rekordniveau von 7,2 Mio. Euro. Der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus ist hier mit über 2,2 Mio. Euro klarer Spitzenreiter. Die Zahl der in Brüssel registrierten Lobbyisten habe sich dadurch in den vergangenen Jahren vervielfacht. Beim französischen Konzern Thales wuchs das Team seit 2022 beispielsweise von vier auf zehn Mitarbeiter. Laut Attac mache sich der zunehmende Einfluss der Konzerne immer deutlicher bemerkbar. Etwa im EU-Aufrüstungsprogramm "Readiness 2030", im Zuge dessen 800 Milliarden Euro in Aufrüstungsprojekte investiert werden sollen.

"Durch frühe Einbindung in politische Entscheidungsprozesse kann die Industrie maßgeblich beeinflussen, welche Technologien gefördert, welche Beschaffungsziele gesetzt und welche sicherheitspolitischen Strategien verfolgt werden", hieß es im Bericht. Die aktuelle Aufrüstungsdynamik mache deutlich, wie stark sicherheitspolitische Entscheidungen von privatwirtschaftlichen Interessen beeinflusst werden. Airbus kündigte etwa zuletzt eine Verdopplung der Produktion des Kampfjets Eurofighter an. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall baue seine Produktion und Geschäftsfelder massiv aus, errichte neue Produktionsstätten und mache Rekordgewinne - auch in Österreich. "Wer an Aufrüstung verdient, darf nicht die Richtung der Sicherheitspolitik mitbestimmen - so wenig wie die Tabaklobby die Gesundheitspolitik", kritisierte Max Hollweg von Attac.

Attac fordert Abkehr von "Aufbauplan 2032+"

Auch auf den Finanzmärkten boome die Rüstungsindustrie. Aktien würden hohe Renditen erzielen, was immer mehr Fonds dazu bewege, sich von Nachhaltigkeitskriterien zu verabschieden, um Rüstungsunternehmen aufzunehmen. Die EU strebe zudem an, Rüstung als "nachhaltiges" Investment einzustufen. All dies führe dazu, dass immer mehr Gelder in die Branche fließen und die Aktienkurse der großen Konzerne sich vervielfachen. Der Kurs der Rheinmetall-Aktie stieg etwa von 82 Euro Ende 2021 auf rund 1.750 Euro im Herbst 2025. Das entspricht einem Wertzuwachs um das 21-fache.

Von Österreich forderte die NGO, seine Verteidigungsausgaben auf ein notwendiges Minimum zu begrenzen und Abstand vom "Aufbauplan 2032+" zu nehmen. Dieser Plan sieht vor, die österreichischen Verteidigungsausgaben bis 2032 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen. Die Regierung solle sich zudem auf EU-Ebene nicht am "Readiness 2030"-Programmen beteiligen und, "wo möglich", ein Veto gegen Rüstungsinitiativen einlegen. "Statt weiterhin Milliarden in militärische Aufrüstung zu stecken", müsse man öffentliche Mittel gezielt in die Sozial- und Klimapolitik investieren.

(APA)

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