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"Armut geht Kindern unter die Haut"

©Vorarlberger Kinderdorf
Auf Einladung von Netzwerk Familie und der Stadt Dornbirn legte Sozialexperte Martin Schenk den Zusammenhang zwischen Kindergesundheit und Armut dar.

80.000 Kinder in Österreich leben in der Mindestsicherung, damit sind ein Viertel der armutsbetroffenen Menschen Kinder. “Soziale Ungleichheit wirkt sich negativ auf die Entwicklung von Kinder aus. Je größer die Schere zwischen Arm und Reich, desto höher die Kindersterblichkeit, desto mehr Erkrankungen von Kindern wie Eltern und desto geringer die Lebenserwartung”, sagt Martin Schenk im Rahmen eines Vortrags auf einer Veranstaltung von Netzwerk Familie und der Stadt Dornbirn.

Ungleich verteilte “LebensMittel”

Ich Wien liege zwischen dem ärmsten und reichsten Bezirk ganze sieben Lebensjahre. Das geringe Einkommen schlage sich auch die familiäre Grundstimmung. Kinder aus armen Familien fühlen sich weit mehr traurig, niedergeschlagen und erschöpft, sie sind weniger offen gegenüber der Welt. “Armut geht unter die Haut und schneidet sich in die Köpfe und Herzen der Menschen.”

Schenk sprach von ungleich verteilten „LebensMitteln“, die man zum Überleben braucht, aber nicht essen kann. Freundschaften und tragende Beziehungen beispielsweise, aber auch Erfahrungen der Selbstwirksamkeit sowie Anerkennung und Respekt. Demgegenüber stehen Einsamkeit, Ohnmacht und Beschämung, die laut Schenk zentral mit Armut verknüpft ist. „Wer damit rechnet, als unterlegen zu gelten, bringt die schlechtere Leistung. Kinder können ihre Fähigkeiten nur dann entwickeln, wenn man an sie glaubt.“

“Auswirkungen katastrophal”

Der Menschenrechtsexperte warnte massiv davor, Leistungen wie Wohnbeihilfe oder Mindestsicherung weiter zu kürzen. „Die Auswirkungen sind für Zehntausende Kinder in Österreich katastrophal und setzen armutsbetroffene und -gefährdete Familien weiter unter Druck.“ Wenn sich das „Hamsterrad im Kopf“ angesichts existenzieller Sorgen und drückender Nöte nicht stoppen lässt, seien Familien kaum in der Lage, sich gut um ihre Kinder zu kümmern. In Vorarlberg leistet Netzwerk Familie – ein Angebot des Vorarlberger Kinderdorfs, der aks Gesundheit und der Kinder- und Jugendärzte – unbürokratische und rasche Hilfe für Familien mit kleinen Kindern und werdende Eltern.

Fast 30 Prozent aller von Netzwerk Familie begleiteten Familien gaben bei Betreuungsbeginn an, dass sie sich in einer akuten finanziellen Notlage befinden und dies ihre größte Belastung sei. Eine Investition in die Frühen Hilfen als Leiter zum sozialen Aufstieg lohne sich gesamtgesellschaftlich. Denn in den ersten drei Lebensjahren werden die Weichen fürs Leben gestellt. Dazu brauche es eine Verbesserung der Rahmenbedingungen sowie Menschen, „die Eltern, die unter schwierigsten Bedingungen das Beste für ihr Kind wollen, stärken, anerkennen und befähigen.“

 

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