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Arbeitszeitgesetz: Führende Mitarbeiter ohne Höchstarbeitszeit

©APA, VOL.AT
Am Donnerstag soll das Arbeitszeitgesetz im Parlament beschlossen werden. Kritiker sprechen weiterhin von einem schlecht durchdachten Gesetz - und nicht nur für das mittlere bis untere Management könnte es Überraschungen bergen.

Am Donnerstag soll nach dem aktuellen Wissenstand das neue Arbeitszeitgesetz mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ beschlossen werden, trotz des Widerstands von Opposition, Arbeiterkammer und Gewerkschaften. Eine Berufsgruppe wird man bisher wohl nicht unter den Demonstranten gefunden haben: Mitglieder der sogenannten Dritten Managementebene. Im Gesetz sind dies alle Arbeitnehmer mit maßgeblichen Führungsausgaben und Entscheidungsbefugnis, die auch ihre Arbeitszeit selbst festlegen können.

Letztes Wort bei Gerichten

Sie werden jedoch künftig – wie davor schon ihre Vorgesetzten – ganz aus dem Arbeitszeitgesetz herausgenommen. Dies bedeutet unter anderem, dass es für sie keine Beschränkungen mehr bei der Arbeitszeit oder -dauer gibt. Wer genau betroffen sein wird, werden laut Rechtsanwalt Clemens Pichler wohl die Gerichte zu klären haben. Mögliche Kennzeichen wären dabei Budgethoheit, Personalhoheit oder die Teamleitung. Betroffen wären damit beispielsweise Filialleiter einer dörflichen Bankniederlassung, warnt NEOS-Landtagsabgeordneter Gerald Loacker gegenüber dem Kurier.

Großer Interpretationsspielraum

Die Arbeiterkammer Wien geht in ihrer Aussendung noch weiter: Selbstständige Entscheidungsbefugnisse fände man vor allem in der IT, Technik, Kreativbranchen und den Gesundheits- und Sozialberufen. Was die Gesetzesnovelle für diese Berufsgruppen bedeute, sei laut Christoph Klein, Honorarprofessor an der Universität Salzburg und Direktor der AK Wien, unklar: “Für Personalabteilungen und Gerichte tun sich schwer lösbare Interpretationsrätsel auf, Anwaltskanzleien werden ihre Freude haben.”

Anwalt: Viele kaum betroffen

Zumindest mit Blick auf den 12-Stunden-Tag rechnet Pichler nicht mit Klagswellen. Einerseits habe die Regierung einen gesetzlichen Kündigungsschutz für jene angekündigt, die die freiwilligen Überstunden nicht leisten wollen. Auch gebe es die meisten Konflikte erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnis bei der Frage, welche und wie viele Überstunden auszubezahlen seien. Für die meisten Arbeitnehmer würde sich voraussichtlich nichts ändern, vermutet Pichler.

Machtverschiebung zugunsten der Arbeitgeber

Das Gesetz stelle jedoch eine Machtverschiebung zugunsten der Arbeitgeber dar: Trotz des neuen Gesetzes müssten wohl weder Betriebsvereinbarungen noch Dienstverträge, Gleitzeitvereinbarungen oder All-in-Verträge nachverhandelt werden. Und bei künftigen Verhandlungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern wie Betriebsrat und Sozialpartnern wird, wenn es zu keiner Einigung kommt, einfach das arbeitgeberfreundlichere Arbeitszeitgesetz gelten.

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