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Anders Behring Breivik: Vom coolen Typen zum Massenmörder

Verrückt oder kaltblütiger Mörder? - Oslo-Attentäter bekennt sich stolz zu seinen Taten.
Verrückt oder kaltblütiger Mörder? - Oslo-Attentäter bekennt sich stolz zu seinen Taten. ©EPA
Anders Bering Breivik kennt keine Reue. Im Gegenteil: Er brüstet sich mit seinen Taten und setzt alles daran, als zurechnungsfähig anerkannt zu werden. Völlig wahnsinnig oder geistig gesund und ein kaltblütiger Mörder?

Das ist die Frage, die seit dem Anschlag in Oslo und dem Massenmord auf der Insel Utöya vor einem Jahr die Norweger spaltet. Auch unter den zuständigen Psychiater scheiden sich die Geister.

“Ich würde es wieder tun”

77 Menschen starben im vergangenen Sommer für Breiviks menschenverachtende Ideologie. “Ja, ich würde es wieder tun”, betonte der Rechtsradikale heuer vor Gericht. Dabei ist er sich des Leids, das er verursacht hat, durchaus voll bewusst. “Ich weiß, es geht ihnen grauenvoll”, sagt er zu den Angehörigen der Opfer.

Breivik: Aus Notwehr gehandelt

Breivik selbst ist wie besessen von seiner Mission. Er will als zurechnungsfähig gelten, weil er mit seinen Taten ernst genommen werden will. Schließlich sieht er sich als “politischer Aktivist”, der auf einem “Kreuzzug” gegen eine multikulturelle Gesellschaft und die “muslimische Invasion” in Europa war. Zurechnungsfähig, aber unschuldig, so plädierte er vor Gericht. Er habe aus Notwehr gehandelt, Norwegen sei von der Islamisierung bedroht.

Sein Image ist dem Selbstdarsteller extrem wichtig. Kühl kalkulierend nützte er den zehnwöchigen Prozess seit April als Bühne. Bei seinen Auftritten vor Gericht wirkte Breivik kontrolliert, gepflegt und durchaus intelligent, wenn auch vollkommen emotionslos. Nur als ein von ihm selbst produzierter Kurzfilm über islamistische Fundamentalisten eingespielt wurde, musste sich Breivik Tränen aus den Augen wischen. Ab und zu huschte ein irres Lächeln über sein Gesicht.

Vor Attentat unbescholten

Der Islamhasser war bis vor einem Jahr unbescholten, bis auf eine Jahre zurückliegende Strafe für ein Verkehrsdelikt. Die Nachbarn beschrieben ihn als netten Mann, der in einem roten Backsteinhaus im gediegenen Westen Oslo lebte. Laut Bekannten aus seinen Jugendtagen war Breivik als Teenager in der Sprayerszene aktiv und feierte gerne Partys. Der spätere Rechtsextremist war demnach ein “cooler Typ” mit Kontakten zu verschiedenen Cliquen in seiner Schule.

Andere beschrieben den heute 33-Jährige nach seiner Schulzeit als “ein wenig merkwürdig”. Wenn man Breivik zu Hause besucht habe, sei er immer vor seinem Computer gesessen und habe “World of Warcraft” gespielt, ein Fantasy-Rollenspiel. Ende der 2000er Jahre habe sich der spätere Attentäter zurückgezogen und habe wieder bei seiner Mutter gewohnt. Damals sei der Kontakt abgebrochen, heißt es von Freunden, die nicht namentlich genannt werden wollen.

Vater: Er hätte besser Selbstmord begangen

Laut eigenen Angaben bereitete er sich daraufhin ein volles Jahr mit Computerspielen und Schießübungen auf die Anschläge vor. Der abgrundtiefe Hass, der sich in Breivik aufstaute, erschließt sich aus seinem 1.500-seitigen wirren “Manifest”. Darin malt er wilde Bedrohungsszenarien einer Islamisierung Norwegens aus und stilisiert sich selbst zum Kreuzritter “gegen die multikulturellen Eliten Europas”. Sowohl sein Vater als auch seine Mutter, die sich kurz nach seiner Geburt scheiden ließen, waren Sympathisanten der Arbeiterpartei, die Hauptziel seines Massakers war. Nach der Tat distanzierte sich sein Vater, mit dem Breivik seit seiner Jugend keinen Kontakt hatte, von seinem Sohn. Anders hätte besser Selbstmord begangen, statt “so viele Menschen zu töten”, sagte er.

Frage der Schuldfähigkeit

Nach einem ersten psychologischen Gutachten, dass ihm eine “paranoide Schizophrenie” und Schuldunfähigkeit bescheinigte, kam ein zweites Gutachten zum gegenteiligen Schluss und stufte ihn als zurechnungsfähig ein. Die Staatsanwaltschaft zweifelte bis zum Schluss und forderte schließlich die Einweisung in eine Psychiatrie. Gespannt wird daher das Urteil am 24. August erwartet. Wird dem Wunsch Breiviks und wohl auch vieler seiner Opfer entsprochen, ihn als eiskalten zynischen Mörder zu verurteilen, oder wird er gemäß der Forderung der Staatsanwaltschaft in einer Psychiatrie eingewiesen? Wie das Urteil kommenden Monat ausfallen wird, ist völlig offen.

(APA)

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