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Amoklauf Nenzing: "Diese Nacht vergisst man nicht – als ob es gestern war"

Dietmar "Flash" Halbeisen ist Präsident des MC The Lords Walgau.
Dietmar "Flash" Halbeisen ist Präsident des MC The Lords Walgau. ©Sams
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Nach dem Amoklauf beim Lords-Treffen 2016 in Nenzing organisiert der Motorradclub am 30. September zum ersten Mal wieder ein größeres Event. Präsident Dietmar "Flash" Halbeisen im exklusiven W&W-Sonntagstalk.

Der Amoklauf des Todeschützen Gregor S. beim Motorradclubtreffen der Lords in Jahr 2016 kostete zwei Menschenleben und rund ein Dutzend Verletzte, die teilweise heute noch mit den Schäden zu kämpfen haben.

Dank vier Helden aus den Reihen der Lords konnte Schlimmeres verhindert werden. Präsident Dietmar "Flash" Halbeisen im exklusiven Gespräch anlässlich des ersten Lords-Treffens seit jener grauenhaften Nacht.

Dietmar "Flash" Halbeisen ist mit seinen 66 Jahren der Präsident der Lords ©Sams

WANN & WO: Lords-Treffen am 30. September: Worauf dürfen sich die Besucher freuen?

Dietmar "Flash" Halbeisen: Damals feierten wir unser 35-jähriges Jubiläum und es wäre so oder so das letzte Treffen in dieser Größenordnung gewesen. Durch den damaligen Verlauf hat sich das natürlich alles relativiert. Inzwischen haben sich unsere jungen Lords aber aufgedrängt, sie wollen wieder etwas machen. Und am 30. September werden wir zum ersten Mal seit jenem schicksalhaften Abend am Fußballplatz der Bettler Äule wieder eine Lords-Party organisieren. Mit Live-Musik, erstklassiger Gastronomie und natürlich bei freiem Eintritt. Der alte Platz kam aus nachvollziehbaren Gründen nie mehr in Frage. Außerdem steht dort nun eine Gedenktafel für die Opfer. 

15 Mitglieder zählt der legendäre Verein aus Nenzing. ©The Lords

WANN & WO: Wie präsent ist die damalige Nacht vom 16. Mai 2016 noch bei Dir persönlich?

Dietmar "Flash" Halbeisen: So eine Nacht vergisst man nicht. Als ob es gestern passiert wäre. Ich kann mich noch an jede einzelne Sekunde des ganzen Abends erinnern. Es gäbe noch viel zu erzählen. Dafür ist hier aber nicht der richtige Platz. Viel wichtiger ist es, nicht in der Vergangenheit zu leben, sondern nach vorne zu schauen. Jedes einzelne Mitglied des Clubs hat versucht, die damaligen Ereignisse zu verarbeiten. Ich glaube, die Lords haben inzwischen ihren Frieden gemacht. Auch dank der Welle an Solidarität, die uns damals widerfahren ist. Ohne den Zusammenhalt der ganzen Community, im Speziellen der Vorarlberger Biker Union, hätten wir zum damaligen Zeitpunkt nicht die Charity-Ausfahrten und das Sammeln von Spendengeldern für Opfer und Hinterbliebene auf die Beine stellen können.

MC The Lords Walgau. ©THe Lords

WANN & WO: Welche Auswirkungen hatte die grauenhafte Bluttat auf den Motorradclub?

Dietmar "Flash" Halbeisen: Der Zusammenhalt war seit eh und je gegeben. Und man kann die Leistung jenes vier Lords, die damals auf den Schützen losgegangen sind und das Schlimmste verhindert haben, nicht hoch genug einschätzen. Der Täter wollte einen unserer Member vor Ort erschießen. Als dieser dann gesagt hat, dazu müsse er ihm in die Augen sehen, hat sich der Amokläufer umgedreht und sich selbst erschossen. Zuvor hat er aber ein ganzes Magazin NATO-Munition in die Menge abgefeuert.

WANN & WO: Ab wann habt ihr realisiert, dass es sich um einen Amoklauf handelt?

Dietmar "Flash" Halbeisen: Zunächst dachen wir, dass es sich um eine Böllerei von einem Polterabend handelt. Als dann eine Kugel neben mir einschlug und eine weitere die Wirbelsäule meines Motorradclub-Kollegen aus dem Liechtenstein um Haaresbreite verfehlt hat, haben wir nur noch reagiert. Da sind dann auch schon die ersten Leute in der Menge umgefallen.

Dietmas "Flash" Halbeisen erinnert sich genau an jenen Abend. ©Sams

WANN & WO: Wurdet ihr mit Vorwürfen konfrontiert?

Dietmar "Flash" Halbeisen: Nur von ein paar Revolverblättern. Der mediale Rummel war enorm, CNN wollte sogar ein Mitglied von uns in die USA einfliegen, um über den Vorfall zu berichten. In einer Schlagzeile war von einem „Rockerkrieg“ zu lesen. Der Schütze hätte überall auftauchen können. Egal ob Disko, Feuerwehr- oder Zeltfest. Ausgegangen war ein Streit mit seiner Freundin. Wer kann denn davon ausgehen, dass er daraufhin mit einem Firmenauto nachhause fährt und schwerbewaffnet zurückkehrt? Und glücklicherweise konnte er nicht schießen. Undenkbar, wie viele Opfer mehr es hätte geben können. Vor Ort waren etwa 2000 Besucher.

Die Scheune hinter dem Clubheim im Nenzing ziert das Wappen des Motorradclubs. ©Sams

WANN & WO: Wie haben sich die Lords seit jener schicksalsträchtigen Nacht verändert?

Dietmar "Flash" Halbeisen: So eine Tat beweist einmal mehr, wieso ein Motorradclub mehr als nur ein Verein ist. Wir haben uns intensiv mit den Ereignissen auseinandergesetzt. Egal, ob junge oder alte Members, bei den Lords kann man aufeinander zählen. Natürlich haben wir uns so gut wie möglich um die Opfer und Hinterbliebenen gekümmert, Spenden gesammelt und uns auch für die Errichtung der Gedenktafel eingesetzt. Und wir haben versucht, den medialen Rummel so gut wie möglich vom Club und den Opfern
fernzuhalten.

"Flash" im Interview. ©Sams

WANN & WO: Was zeichnet den MC Lords aus? Woher stammt der Name?

Dietmar "Flash" Halbeisen: Ursprünglich hieß der Club Black Lords, mit dem Namen hatten die Black Souls aber ihre Probleme – damals gab es schon mal die eine oder andere Prügelei untereinander. Inzwischen herrscht zwar gesunder Respekt, Probleme werden aber am Tisch besprochen. Etwas, wovon sich viele eine Scheibe abschneiden könnten. Die Lords stehen für einen edlen Motorradclub, jedes Mitglied muss außerdem einen Zylinder sein Eigen nennen, unser Markenzeichen. Der wird dann auch zu besonderen Anlässen getragen. Motorräder aller Marken sind erlaubt, sie müssen nur mindestens 600 cm³ Hubraum aufweisen. Und ein Lord hat sich wie ein Lord zu verhalten.

Treffen MC The Lords Walgau
am 30. September

WANN: 30. September, ab 12 Uhr
WO: Bettler Äule Fußballplatz 
(Nenzing)
Rigo & Chili live ab 18.30 Uhr, danach Common Ground live
Eintritt frei!

(WANN & WO)

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