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Amoklauf in NÖ: Mutmaßlicher Wilderer starb durch einen Kopfschuss

Hier soll der Schütze Selbstmord begangen haben
Hier soll der Schütze Selbstmord begangen haben ©APA
Der 55-jährige mutmaßliche Wilderer Alois H., dessen verkohlte Leiche bei der Durchsuchung seines Anwesens bei Melk am frühen Dienstagabend gefunden wurde, starb, wie nun bekannt wurde, durch einen Kopfschuss. Die Obduktion ist noch im Gange.
Das sagen Bekannte
Beim Haus des Schützen
Schock nach Amoklauf
Cobra durchsucht Grundstück
Trauer um Sanitäter
Am Einsatzort
Polizei bestätigt Todesopfer
Polizist als Geisel genommen

Die Leiterin der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Michaela Schnell, berichtete zur Obduktion des Mannes, der unter dem Verdacht steht, Wilderer gewesen zu sein, und der am Dienstag bei einem Amoklauf ein Blutbad anrichtete: “Wir gehen derzeit davon aus, dass es Selbstmord war”. Die Obduktion sei laut der Behördenleiterin noch in Gang, so die Angaben von Mittwochnachmittag.

Ist Toter tatsächlich der Wilderer?

Dabei geht es auch darum zu beweisen, dass es sich bei der Leiche tatsächlich um jene des mutmaßlichen Wilderers handelt, die drei Polizisten und einen Rettungssanitäter erschossen hat. Die Ermittler sprechen in diesem Zusammenhang vorläufig von “mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit”. Die Ergebnisse des DNA-Vergleichs werden voraussichtlich erst in einigen Tagen vorliegen.

Zahlreiche Waffen nach Amoklauf sichergestellt

Bei den auf dem Anwesen des Transportunternehmers sichergestellten Waffen – laut Polizei eine dreistellige Zahl – handelt es sich laut Schnell um zahlreiche Lang- sowie um Faustfeuerwaffen. Zu deren genauer Zahl machte die Leiterin der Staatsanwaltschaft keine Angaben.

Überprüft wird ihren Angaben zufolge deren Herkunft, “da im Raum steht, dass nicht alle legal erworben wurden”, so Schnell. Polizeisprecher Johann Baumschlager wollte vorläufig keine Angaben zu dem Waffenarsenal machen und begründete dies mit kriminaltaktischen Überlegungen. Auch mehrere gestohlene Kennzeichen wurden gefunden.

Das Blutbad am Dienstag

Der als Wilderer verdächtigte Transportunternehmer hat am Dienstag drei Polizisten und einen Rotkreuz-Sanitäter erschossen. Davor wurde das Fahrzeug des 55-Jährigen, ein Toyota mit gestohlenen Kennzeichen, gefunden und daraufhin eine Straßensperre errichtet. Auslöser der Streifentätigkeit im Bezirk Lilienfeld waren Wildereien der vergangenen Jahre.

Auf seiner Flucht verschanzte sich der 55-Jährige auf seinem Anwesen in Großpriel bei Melk, ein Großaufgebot von Einsatzkräften versuchte den Mann zum Aufgeben zu bringen. Bei dem Polizisten, dessen Leichnam auf dem Grundstück von Alois H. gefunden wurde, war der Todeszeitpunkt noch unklar. Dienstagabend wurde der Bauernhof gestürmt, nach einer stundenlangen Durchsuchung des verwinkelten Gebäudes wurde die verbrannte Leiche des Mannes in einem Geheimbunker im Keller entdeckt.

Großaufgebot der Einsatzkräfte

Insgesamt standen 135 Beamte der Cobra und 200 Exekutivkräfte 24 Stunden lang im Einsatz. Dazu kamen noch rund 70 Mitarbeiter des Roten Kreuzes. Ein Polizist, der bei dem Einsatz verletzt wurde, befand sich am Mittwoch auf dem Weg der Besserung. Der Beamte wurde von Splittern einer zerschossenen Windschutzscheibe leicht verletzt, ist aber psychisch angeschlagen.

Polizeieinsatz wird evaluiert

Der Polizeieinsatz soll nun evaluiert werden, kündigte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, an. Man habe die Gefährlichkeit des Täters nicht unterschätzt. Da in der Gegend bereits ein Mordversuch auf einen Jäger verübt worden war, sei auf das Einsatzkommando Cobra zurückgegriffen worden. “Es hat sich gezeigt, dass diese Einschätzung richtig war.”

Der Verdächtige habe laut Kogler kein typisches Täterverhalten gezeigt, indem er sich nach dem ersten Angriff nicht vom Tatort entfernt habe. Mehrere Polizisten hatten sich um ihren angeschossenen Kollegen gekümmert und Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt. Der Verletzte wurde aus dem Gefahrenbereich hinter ein Fahrzeug gebracht und auch das angeforderte Rettungsauto hätte als Barriere dienen sollen. Doch bereits beim Zufahren der Ambulanz, die eindeutig als Sanitätsfahrzeug zu erkennen war, wurde ganz gezielt auf Höhe des Fahrers durch das Fenster geschossen. Das Projektil traf den 70-jährigen Sanitäter tödlich.

Noch nie gab es ähnlichen Fall

“Gestern war ein sehr fordernder Tag – es ist einmalig in der Zweiten Republik, dass an einem Tag drei Polizisten und ein Sanitäter getötet wurden”, sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit. Das weitere Vorgehen sei sehr professionell erfolgt, vom Versorgen der Verletzten, die Peilung und schließlich die Hausdurchsuchung. Mit viel Augenmaß seien immer die nächsten Schritte gesetzt worden, auch um mögliche Geiseln nicht zu gefährden.

“Es hat sich gezeigt, wie professionell die Polizei und das Einsatzkommando Cobra arbeiten”, meinte Kogler. Auch die Zusammenarbeit – pro Jahr leistet die Eliteeinheit in tausenden Fällen Unterstützung – habe klaglos funktioniert. “Es gibt einen großen Team-Gedanken von beiden Seiten.”

Nun werden die kriminalpolizeiliche Erhebungen durchgeführt, bevor der Fall an die Staatsanwaltschaft geht. Parallel wird das Evaluierungsverfahren gestartet und entsprechende Schlüsse daraus gezogen, betonte Kogler. Dabei geht es nicht nur um etwaige Fehler, sondern auch darum, was trotz der tragischen Ereignisse besonders gut gelaufen ist. Dies wolle man mitnehmen und in die Ausbildung einfließen lassen.

Betroffenheit bei Cobra und Angehörigen

Einen Tag nach dem Tod ihres Kollegen hat am Mittwoch bei der Cobra “betroffene Stimmung” geherrscht, so der Sprecher des Einsatzkommandos Cobra (Eko Cobra), Detlev Polay.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) traf am Mittwoch Angehörige der Opfer. Für die Hinterbliebenen gibt es psychologische und finanzielle Unterstützung.

(apa/red)

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