AA

Am kurzen Althaus-Prozess scheiden sich die Geister

Am Verfahren gegen den thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus scheiden sich die Geister der Juristen. Der CDU-Politiker wurde am späten Dienstagnachmittag am Bezirksgericht Irdning in Abwesenheit wegen fahrlässiger Tötung zu 33.300 Euro Geldstrafe verurteilt, nur wenige Tage nach der Anklage und etwas mehr als eine Stunde, nachdem der Prozesstermin bekanntgegeben worden war.

Gegenstand der Verhandlung war die Kollision zwischen dem CDU-Politiker und einer 41-jährigen Slowakin am 1. Jänner auf einer Skipiste, bei der die Frau tödlich und Althaus schwerst verletzt worden waren.

Nachdem Richard Soyer, Sprecher der Strafverteidiger, von einer “keineswegs üblichen Vorgangsweise” gesprochen hatte, wies die Richtervereinigung die Kritik zurück. Die rasche Durchführung des Verfahrens sei möglich gewesen, da alle Verfahrensbeteiligten ausdrücklich zugestimmt hätten und ordnungsgemäß geladen wurden. “Unter gleichartigen Voraussetzungen wäre daher jedem anderen Angeklagten ein solcher rascher Prozesstermin ermöglicht worden, weil die österreichische Justiz – nach Maßgabe personeller Kapazitäten – generell bemüht ist, die Verfahren rasch und effizient durchzuführen”, erklärte die Vereinigung in einer Aussendung.

In Justizministerium teilte man diese Ansicht. In bezirkgerichtlichen Verfahren gehe es um Einfachheit und Raschheit. Da sich sämtliche am Verfahren Beteiligte mit der kurzfristig anberaumten Verhandlung einverstanden erklärt und alle Fakten am Tisch gelegen hätten, sei die gewählte Vorgangsweise “völlig gesetzeskonform”, betonte die Sprecherin von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (V), Katharina Swoboda. Althaus sei “behandelt worden wie jeder andere auch”.

“Ein bisschen Sonderbehandlung für einen Prominenten ist es sicher gewesen”, bemerkte demgegenüber Klaus Schweighofer, Vorstand am Institut für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Innsbruck. “Das Gesetz wurde ein klein wenig zurechtgebogen. Man hat gezielt nach Möglichkeiten gesucht, möglichst entgegenkommenden für Herrn Althaus das schnell über die Bühne zu bringen.” Rechtlich gesehen sei die Vorgangsweise ungewöhnlich, bei “wohlwollender Betrachtung” aber gedeckt.

Für Helmut Fuchs, Vorstand am Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien, war das Schnellverfahren demgegenüber “voll und ganz in Ordnung” und “keine schlechte Lösung”. Dass Althaus damit dem zu erwartenden medialen Rummel um seine Rolle als Angeklagter in einem Strafprozess entkam, gestand Fuchs diesem zu: “Durch die Vorgangsweise des Gerichts ist der Prominentenmalus ausgeglichen worden.”

Die Präsidentin der steirischen Rechtsanwaltskammer, Gabriele Krenn, meinte, dass es solche “überaus schnelle Vorgangsweise” in der Praxis so nicht üblich sei, wohl aber, dass sich ein Beschuldigter durch einen sogenannten Machthaber vertreten lasse. Laut der Präsidentin des Landesgerichts Leoben, Ulrike Haberl-Schwarz, ist ein schnelles Verfahren am Bezirksgericht “absolut Usus”, wenn alle Voraussetzungen zutreffen.

Georg Zanger, prominenter Wiener Anwalt, kann die Kritik seines Kollegen Soyer “nicht nachvollziehen”. Im gegenständlichen Verfahren sei alles in Ordnung, ihm seien zahlreiche Fälle bekannt, in denen Prozesstermine ebenso kurzfristig angesetzt worden seien, und zwar nicht nur bei bekannten Persönlichkeiten, sondern auch bei – leichten – Drogendelikten. “Üblicherweise beschweren sich die Rechtsanwälte, dass Verfahren zu lange dauern. Geht es einmal schnell, ist es offenbar auch nicht recht”, meinte Zanger.

Auch Politiker meldeten sich am Mittwoch zu Wort. Die schnelle Abwicklung eines Verfahrens – am Bezirksgericht als normal anzusehen – sei sowohl im Sinne des Angeklagten als auch der Angehörigen des Opfers, erklärte ÖVP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer, selbst Rechtsanwalt. FPÖ-Generalsekretär Herbert Krickl bemängelte, dass es bei geringsten Anlassfällen “oft elendslange Verfahren” gebe, hingegen bei “politischer Prominenz aus dem rot-schwarzen Bereich”, ein Prozess geradezu mit Lichtgeschwindigkeit abgewickelt werde, um länger andauernde Medienberichterstattung aufkommen zu lassen. Der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser sieht in dem schnellen Verfahren keinen guten Dienst an der Justiz. Er ortete eine Sonderbehandlung und sprach von einem “Schlag ins Gesicht jener Rechtssuchenden, die keinen Promistatus genießen”. Gerald Grosz vom BZÖ äußerte den Verdacht, dass die deutsche CDU im Wege der Schwesterpartei ÖVP Druck auf die österreichischen Justizbehörden ausgeübt hätte.

  • VOL.AT
  • Politik
  • Am kurzen Althaus-Prozess scheiden sich die Geister