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Ältester Bürger Österreichs gestorben

Der Mathematiker Prof. Dr. Leopold Vietoris ist im 111. Lebensjahr in Tirol gestorben. Vietoris starb nur wenige Wochen nach dem Tod seiner Gattin.

Der älteste Bürger Österreichs, Univ.-Prof. Leopold Vietoris, ist in Innsbruck kurz vor seinem 111. Geburtstag gestorben. Vietoris galt als Wegbereiter der technischen Mathematik. Sein Gesamtwerk umfasste 80 Titel. Vor sieben Jahren hatte Vietoris sein letztes Werk publiziert. Das Begräbnis findet am kommenden Dienstag am Städtischen Westfriedhof in Innsbruck statt.

Der 1891 in Radkersburg Geborene promovierte 1920 an der Wiener Universität und habilitierte sich dort zwei Jahre später. 1925 trat der Mathematiker ein dreisemestriges Rockefeller-Stipendium in Amsterdam an. Nach drei Jahren kehrte er als „ordentlicher Professor“ an die Technische Hochschule Wien zurück. 1930 ließ er sich endgültig als Ordinarius in Innsbruck nieder. Dort war er mehr als 30 Jahre lang Universitätslehrer und beschäftigte sich als begeisterter Skifahrer und Bergsteiger in der Tradition der vielfältig interessierten und gebildeten Gelehrten auch mit der Entwicklung von Skiern und der Beobachtung von Gletschern in der Tiroler Bergwelt.

Vietoris wurde am 4. Juni 1891 in Radkersburg geboren. 1910 begann Vietoris sein Studium der Mathematik an der Technischen Universität (TU) Wien, das er – bedingt durch seine Einberufung zum Militär während des Ersten Weltkriegs – erst 1920 mit der Promotion abschließen konnte. Von 1920 bis 1927 arbeitete der Mathematiker als Assistent an der Technischen Universität Graz und der Uni Wien. 1927 wurde Vietoris außerordentlicher Professor an der Universität Innsbruck, wo er mit einer kurzen Unterbrechung bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1961 verblieb. Seit 1973 war Vietoris als Träger des großen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst eines der 18 Mitglieder der Österreichischen Kurie für Wissenschaft.

Vietoris befasste sich früh in seiner akademischen Laufbahn mit Fragen der damals jungen Topologie: Bereits seine Dissertation an der Universität Wien über „Stetige Mengen“ von 1921 entwickelte eine Reihe von grundlegenden Definitionen, Begriffen und Sätzen, die heute zum Gemeingut dieser mathematischen Disziplin gehören. Eine Reihe von Begriffen und Methoden der Topologie trägt den Namen von Vietoris:
Zum Beispiel die „Vietoris-Zyklen“ oder den „Vietoris-Beglesschen Satz“. Zum Handwerkszeug jedes modernen Topologen gehören die „Mayer-Vietoris-Sequenzen“, deren Theorie der österreichische Mathematiker gemeinsam mit dem späteren Einstein-Assistenten und Lehrer am Institut für höhere mathematische Studien in Princeton, Walther Mayer, entwickelte.

Neben der Topologie beschäftigte sich Vietoris auch mit anderen Gebieten der Mathematik: Er leistete wichtige Beiträge zur Theorie der Differentialgleichungen und der Wahrscheinlichkeitstheorie, in die Vietoris den „Eher“-Begriff einführte. Darüberhinaus war Vietoris auch im Bereich der Geodäsie tätig, wo er beispielsweise noch nach seiner Emeritierung über die Entzerrung von Luftbildern arbeitete.

Vietoris starb nur wenige Wochen nach dem Tod seiner Frau Maria (101). Mit ihr war er 66 Jahre verheiratet gewesen.

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