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Altenpflegerin verliert Arbeitsplatz wegen sechs Maultaschen

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Wegen der Mitnahme von sechs übriggeblieben Maultaschen im Wert von drei bis vier Euro hat eine Altenpflegerin in Deutschland ihren Arbeitsplatz verloren.

Das Arbeitsgericht Radolfzell entschied am Freitag, die fristlose Kündigung der 58-Jährigen sei gerechtfertigt. Ihre Klage auf Wiedereinstellung in einem Altenheim in Konstanz wurde abgewiesen.

Die Frau war im April nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit entlassen worden, weil sie mehrere Stücke der schwäbischen Spezialität für den eigenen Verzehr verborgen in einer Stofftasche mit nach Hause nehmen wollte. Sie habe damit in das Eigentum des Arbeitgebers rechtswidrig eingegriffen, urteilte das Gericht. Die Altenpflegerin habe gegen das Verbot verstoßen, wonach Essensreste der Bewohner nicht mitgenommen werden dürfen. Sie hätte ein Personalessen zu einem Preis von 3,35 Euro in Anspruch nehmen können. Diese Art der Verpflegung werde von Mitarbeitern auch genutzt, erklärte das Arbeitsgericht.

Es handle sich bei sechs Maultaschen zwar noch um eine geringwertige Sache; der materielle Wert liege zwischen drei und vier Euro, urteilte das Gericht. “Dennoch bestimmt allein der Arbeitgeber darüber, wie mit seinem Eigentum verfahren wird und zwar selbst dann, wenn er die Reste der Entsorgung zuführt.” Der einzelne Beschäftigte könne nicht seinen Willen nach Gutdünken und gegen ein bestehendes Verbot über denjenigen des Arbeitgebers stellen.

Die Frau hatte erklärt, sie habe nur vier Maultaschen mitgenommen. Und es sei üblich gewesen, dass Personal Reste des Essens verzehre. Der Träger des Heims hatte von einem Diebstahl gesprochen, der das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und der Mitarbeiterin zerrüttet habe, der 58-Jährigen zuerst aber auch 18.000 Euro als Abfindung angeboten. Ein vom Gericht vorgeschlagener Vergleich mit einer Abfindung in Höhe von 25.000 Euro war von der Frau abgelehnt worden.

Die Altenpflegerin ist laut Mitteilung tariflich unkündbar gewesen. Eine Abmahnung als mildere Sanktion sah das Gericht als nicht ausreichend an. Das Interesse des Heims an der Beendigung der Beschäftigung wurde höher eingestuft als das der Klägerin an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Dies unter anderem auch, weil die Kammer es als erwiesen ansah, dass die Frau das bestehende Verbot gekannt habe und habe wissen müssen, dass ein Verstoß Konsequenzen auch ernster Art nach sich ziehen könne.

Der Anwalt der Frau will die Einlegung von Rechtsmitteln prüfen. Kündigungen wegen Bagatelldelikten sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Demnächst verhandelt das Bundesarbeitsgericht den Fall einer Berliner Kassiererin, der wegen zweier Leergutbons im Wert von 1,30 Euro gekündigt worden war.

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