AA

Alice Weidel: Wenn öffentliche Empörung auf private Doppelmoral trifft

Alice Weidels Doppelmoral: Öffentlich gegen Paragrafen, privat genutzt. Enthüllungen zeigen Diskrepanz zwischen Forderung und Realität. (Bild: APA/AFP/JOHN MACDOUGALL)
Alice Weidels Doppelmoral: Öffentlich gegen Paragrafen, privat genutzt. Enthüllungen zeigen Diskrepanz zwischen Forderung und Realität. (Bild: APA/AFP/JOHN MACDOUGALL)
Stell dir vor, du kämpfst lautstark gegen eine Regel, weil sie angeblich die Meinungsfreiheit einschränkt und missbraucht wird. Gleichzeitig bist du aber die Erste, die genau diese Regel anwendet, wenn es dir in den Kram passt. So oder so ähnlich agiert Alice Weidel, die AfD-Co-Chefin, wenn es um Paragraf 188 des Strafgesetzbuches geht. Dieser Paragraf erlaubt es Politikern, sich juristisch gegen Beleidigungen zur Wehr zu setzen. Weidel selbst sprach im Dezember 2024 von einer „mimosenhaften politischen Klasse“, die die Justiz missbrauche, um kritische Bürger zum Schweigen zu bringen. Ihre Partei hat sogar einen Gesetzentwurf zur Abschaffung dieses Paragrafen eingebracht.

Doch wie aktuelle Enthüllungen zeigen, scheint die Realität eine ganz andere zu sein. Während Weidel öffentlich diesen Paragrafen anprangert, nutzen sie und einige ihrer Parteikollegen ihn nur allzu gerne im Stillen. Anwälte berichten von einem regelrechten Anzeigen-Wahn.

Der Paragraf, den sie angeblich hasst, aber liebt?

Stell dir vor, du wärst Anwalt und hättest einen Aktenschrank voller Fälle gegen Beleidigungen gegen Politiker – und 90 Prozent davon beträfen Alice Weidel! Das ist kein Witz, sondern die Aussage eines Juristen, der Betroffene im Rechtsstreit gegen die AfD-Chefin vertritt. Eine andere Anwältin bestätigt ähnliche Zahlen. Das Pikante daran: Die Beklagten ärgern sich weniger über die Anzeigen selbst, sondern vielmehr über die eklatante Doppelmoral. Weidels Sprecher räumte zwar eine zweistellige Anzahl an Anzeigen ein, begründete die Nutzung des von ihr so verhassten Paragrafen jedoch mit „rechtlicher Waffengleichheit“. Das klingt doch sehr nach: Wasser predigen, Wein trinken!

Es ist, als würde ein überzeugter Vegetarier, der sich für ein Verbot von Fleischkonsum einsetzt, heimlich Steaks braten und sich dann damit rechtfertigen, dass er das Fleisch ja essen müsse, solange es noch legal sei. Wer ein Gesetz für falsch hält, nutzt es nicht exzessiv für eigene Zwecke. Das ist ein grundlegender Widerspruch, der die Glaubwürdigkeit massiv untergräbt.

Nicht nur der Paragraf: Weidels doppelte Standards im Privatleben

Doch diese unerträgliche Doppelmoral zieht sich nicht nur durch ihren Umgang mit Gesetzen, sondern auch durch Weidels Privatleben. Die AfD propagiert die „traditionelle Familie“ aus Vater, Mutter und Kindern und möchte die Ehe für alle am liebsten wieder abschaffen. Eine klare Linie, oder?

Doch dann wirft man einen Blick auf Weidels persönliche Lebenssituation: Sie lebt seit etwa 16 Jahren in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit ihrer Partnerin Sarah Bossard, die Wurzeln in Sri Lanka hat. Gemeinsam ziehen sie zwei Kinder groß. Damit verkörpert die AfD-Co-Chefin genau das, was ihre Partei erbittert bekämpft: eine Regenbogenfamilie. Es ist eine unübersehbare Diskrepanz zwischen öffentlicher Forderung und privater Realität.

Spätestens bei solchen Enthüllungen muss auch der letzte Sympathisant ins Grübeln kommen. Wer derart offensichtlich das Gegenteil von dem lebt, was sie predigt, disqualifiziert sich selbst als ernsthafte Politikerin. Glaubwürdigkeit? Fehlanzeige!

  • VOL.AT
  • Welt
  • Alice Weidel: Wenn öffentliche Empörung auf private Doppelmoral trifft