Weltweit befinden sich die Börsen auf Talfahrt. Ist das nur eine vorübergehende Korrektur oder eine lang anhaltende Erscheinung? Die VN sprachen darüber mit Roland Rupprechter, MBA, Leiter Asset und Portfolio-Management bei der Hypo-Landesbank Vorarlberg.
Zunehmende Rezessionsängste in den Vereinigten Staaten und wachsende Sorgen vor einer neuerlichen Eskalation der Staatsschuldenkrise in Europa drückten stark auf die Kurse. Ausgehend von kritischen Stellungnahmen von Ökonomen zu der Einigung über das amerikanische Programm zur Eindämmung der Staatsverschuldung kursierten an den Märkten Ängste vor einem Wiedereintritt der amerikanischen Wirtschaft in eine Rezession.
Die Regierungen haben bei den Anlegern aufgrund des unentschlossenen Handelns in der Schuldenkrise viel an Vertrauen eingebüßt. Daher bauten Investoren Positionen ab oder sicherten diese über den Verkauf von Index-Futures ab, was wiederum den Druck auf die Aktienkurse noch erhöhte.
Wie üblich, wenn die Schuldenkrise den Börsen zusetzt, verzeichnen die Finanzwerte die markantesten Kursverluste. Die Konjunktursorgen manifestierten sich aber auch in Verkäufen der Aktien sogenannter Zykliker, also überdurchschnittlich stark von der Konjunktur abhängiger Unternehmen.
In Europa profitierten besonders der Euro-Bund Future sowie die Märkte für Staatsanleihen aus Skandinavien und der Schweiz von einer lebhaften Nachfrage, die sich in rückläufigen Renditen äußerte. Aber auch Gold wurde stark nachgefragt und erreichte ein neues Rekordhoch. Neben der Angst vor einer Verlängerung der ultra-expansiven Geldpolitik (QE3) zur Vermeidung einer US-Rezession durch die US- Notenbank Fed erhielt Gold auch Unterstützung von Goldkäufen durch diverse Zentralbanken. So hat etwa die koreanische Zentralbank diese Woche zum ersten Mal seit 19 Jahren ihre Goldreserven aufgestockt und dabei auf eine Reduktion der Abhängigkeit vom Dollar verwiesen.
Die Flucht in den Franken führte zu einem neuen Rekordhoch des Franken gegenüber dem Euro. Diese Frankenstärke bedroht die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz und erhöht die Inflationsrisiken. Die Schweizer Nationalbank (SNB) ergriff gestern Maßnahmen gegen den starken Franken und senkte die Zinsen. Darüber hinaus beabsichtigt die SNB, die Giro-Guthaben der Banken bei der SNB von derzeit rund 30 Milliarden auf 80 Milliarden Franken auszudehnen. Mit sofortiger Wirkung wird die SNB darum auslaufende Repos und SNB-Bills nicht mehr erneuern und ausstehende SNB-Bills zurückkaufen, bis der angestrebte Giro-Bestand erreicht ist.
Das bedeutet nichts anderes als: Die SNB wirft die Geldmaschine an, um zusätzliche Franken zu erschaffen. Je mehr davon in den Umlauf kommt, desto weniger ist dieses zusätzliche Geld wert zum Beispiel auch zum Euro.
Vor dem Hintergrund der Schuldenkrise ist die kommende Gewinnberichterstattung insgesamt negativer zu sehen, weil die Aussichten etwas vorsichtiger beschrieben wurden. Derzeit haben Aktien nur wenig Potenzial nach oben. Vor allem die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft ist von einem globalen Wirtschaftsabschwung betroffen, und die Ifo-Geschäftserwartungen sowie die Daten zum ISM-Einkaufsmanagerindex in Amerika sprechen nicht für eine schnell Entspannung an den Weltmärkten. Wir haben daher gestern unsere Empfehlung für Aktien von Neutral auf Untergewichten geändert.
Es gilt jene Aktien herauszusuchen, die möglichst unabhängig von den geschilderten Problemen in Zukunft ein gutes Gewinnwachstum erreichen, weil die Produkte unabhängig von der Konjunkturentwicklung nachgesucht werden. Das werden in erster Linie Konsum- und Agrartitel sowie ausgesuchte deutsche Exportspezialitäten sein.
(VN)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.