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Aiginger: EZB soll Zinsen unter 2 Prozent senken

Der Tiefpunkt der internationalen Finanzkrise dürfte nach Ansicht von Wifo-Chef Karl Aiginger bereits erreicht "oder sogar schon überwunden sein".

Der Tiefpunkt der Realwirtschaft werde aber erst im kommenden Jahr erreicht werden, sagte Aiginger Montag Abend beim “Finanzfoyer” der Wirtschaftsprüfungskanzlei Leitner & Leitner in Wien. Das Risiko dabei: Finanzkrise und Krise der Realwirtschaft verstärken sich gegenseitig – ein weiteres Absacken der Konjunktur könnte also die Finanzkrise wieder verschärfen, warnt Aiginger.

Für die Reaktion der Politik auf die Krise fand der Wifo-Chef lobende Worte. “Die Politik hat aus den Erfahrungen und Fehlern der Weltwirtschaftskrise in den 1930-er Jahren gelernt.” Die Budgetdefizite würden jetzt richtigerweise ausgeweitet, die Geldpolitik senke die Zinsen und stelle Liquidität zur Verfügung und es seien keine Autarkie-Bestrebungen der einzelnen Staaten zu bemerken. Allerdings: “Tempo und Qualität der Maßnahmen entsprechen nicht dem Tempo und der Qualität der Krise.”

Aiginger forderte eine EZB-Zinssenkung unter 2 Prozent und eine weitere Ausweitung der Budgetdefizite sowie eine Koordinierung der nationalen Hilfen, um Wettbewerbsstreitigkeiten zu vermeiden. Die EZB hatte die Leitzinsen im Euroraum seit Anfang Oktober um einen Prozentpunkt in zwei Schritten auf heute 3,25 Prozent gesenkt.

“Die Finanzkrise ist das größte Problem unserer Zeit und die tiefste Prüfung der Akzeptanz unseres Wirtschaftssystems”, sagte Aiginger, “aber es gibt auch ein Danach”.

Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny sieht für Aigingers Forderung nach einer weiteren Zinssenkung gute Chancen. “Die Inflation wird im nächsten Jahr deutlich zurückgehen, das schafft Spielraum für eine Zinssenkung.”

Am 4. Dezember werde die EZB eine neue Konjunkturprognose vorlegen, die voraussichtlich eine weitere Revision nach unten, aber auch einen Rückgang der Inflation auf knapp unter 2 Prozent bringen werde. Bei dieser Teuerungsrate könne man von “Preisstabilität” sprechen. Einige Experten würden sogar eine Deflation für möglich halten, die wäre aber “eine wirtschaftliche Katastrophe”, so Nowotny, “denn sie bedeutet langanhaltende Depression. Dagegen sind die Notenbanken machtlos.”

Der Finanzexperte Nowotny sieht auch technische Gründe für Optimismus. Bisher habe man eine inverse Zinskurve gehabt – die kurzfristigen Zinsen seien höher gewesen als die langfristigen. Das sei immer ein Zeichen für einen Konjunkturabschwung. “Aber jetzt ist die Kurve wieder normal.”

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