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Afghanistan-Beratungen in Wien

In Wien gab es Beratungen betreffend Afghanistan.
In Wien gab es Beratungen betreffend Afghanistan. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)
In Wien haben afghanische Organisationen und Aktivisten aus aller Welt über demokratische Perspektiven für das von den islamistischen Taliban beherrschte Land beraten.

Die Konferenzteilnehmer appellierten an UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, den Weg für einen Dialog zwischen Taliban, politischen Gruppen und Zivilgesellschaft zu ebnen. Zugleich übten sie scharfe Kritik am Doha-Prozess, wo nur die Taliban zugelassen wurden.

Afghanistan "sehr diverses Land"

Die dreitägigen Beratungen standen unter der Ägide des Österreichischen Instituts für Internationale Politik (OIIP), das von Montag bis Mittwoch bereits das vierte Treffen im Rahmen des sogenannten "Vienna Process" für ein demokratisches Afghanistan ausrichtete. OIIP-Präsident Wolfgang Petritsch bezeichnete zum Abschluss der Beratungen Afghanistan als "ein sehr diverses Land", dem Rechnung zu tragen sei. Der "Vienna Process" stelle demnach ein wichtiges politisches Forum dar.

Ein prominenter Teilnehmer des Treffens, Ahmad Massoud, äußerte die Dankbarkeit des Forums über die Chance, in Wien "Lösungen für die Zukunft nach dem Terrorregime der Taliban zu erarbeiten". Es gehe hier um Lösungen, an denen die verschiedenen ethnischen Gruppen teilhaben und die besonders auch die von den Taliban ausgegrenzten Frauen berücksichtigen. Der Sohn des legendären Ahmad Shah Massoud, der als Nationalheld gilt, hatte nach der Taliban-Rückkehr 2021 zuerst den militärischen Panjir-Widerstand organisiert und flüchtete später via Tadschikistan.

Dem Doha-Prozess sprach Massoud jegliche "Glaubwürdigkeit" ab. Die Treffen in Katar seien "eine Lüge". Die UNO habe in Doha die eigene Resolution 2721 missachtet, wonach eine Kontaktgruppe den Dialog zwischen den Taliban und den Vertretern politischer Gruppen sowie der Zivilgesellschaft in Doha eröffnen sollte, heißt es auch in dem Offenen Brief an Guterres. Stattdessen habe sich die UNO den Forderungen der Taliban gebeugt, als Alleinvertreter Afghanistans dort aufzutreten. Auch Frauen durften in Doha nicht mitreden. Faktum ist, dass die Taliban von der Staatengemeinschaft nicht als Regierende anerkannt werden und die früheren afghanischen Diplomaten im Ausland weiter amtieren.

"Taliban sind nicht die legitimen Vertreter des Volkes"

Massoud betonte seinerseits: "Wir akzeptieren alle als Gesprächspartner." Nach seiner Einschätzung verliere dieses illegale Regime auch den Kontakt zum Volk. "Die Taliban sind nicht die legitimen Vertreter des Volkes." Die Staatengemeinschaft hat das Taliban-Regime nicht anerkennt. Massoud, der nach der Ermordung seines Vaters eine Zeit lang mit Mutter und Schwestern im Iran lebte, absolvierte Studien an der britischen Militärakademie Sandhurst und am King's College. Der Exilpolitiker schloss in Wien auch nicht aus, dass es in den Reihen der Taliban zu internen Konflikten kommen könnte.

Davood Naji, der die Organisation AFF (Afghanistan Freedom Front) in Großbritannien leitet, erklärte: "Wir wissen, dass die Taliban gegen jeden Dialog sind." Das Forum in Wien hingegen habe Maßnahmen erarbeitet, die Gespräche mit den Taliban im Fokus haben, denn: "Der Kampf für Frieden und Freiheit ist unsere Pflicht." Naji erwartet das Ende des Doha-Prozesses und setzt seine Hoffnung in den Wiener Prozess, wo für das afghanische Volk gearbeitet werde. Der ehemalige Politiker Ustad Mohammed Mohqeq zog den Schluss: "Die Welt muss verstehen, dass die Taliban auf niemanden hören."

Nach Ausführungen des früheren Parlamentariers Hazari Ali fühlen sich Millionen Afghanen "verloren". Viele lebten ohne Perspektive im Ausland. Hazari Ali fügte hinzu: "Wir wissen jetzt, dass auch ausländische Mächte bei der Rückkehr der Taliban an die Macht geholfen haben." Die Verweigerung von Friedensgesprächen habe eine Ablehnung dieses Regimes durch das Volk zur Folge. Mashkur Kabuli, ein in Deutschland lebender schiitischer Geistlicher, warnte, das Taliban-Regime gefährde die Sicherheit der Welt. Denn Afghanistan werde zum Terrain für internationale Terroristengruppen.

Junge Afghanin erzählte von Folter

Die Aktivistin Alya Yalmaz äußerte sich enthusiastisch über die Wiener Gespräche. "Die gesellschaftlichen Ressourcen sind hier versammelt", meinte sie. Auch Amarkali Hunaryar würdigte die angepeilte Einbeziehung der Frauen in den Friedensprozess. Die junge Afghanin Tarwana Ekrahamkhali, Opfer der Taliban nach Teilnahme an Frauenprotesten, saß ebenfalls am Podium. Im APA-Gespräch erzählte sie von der schweren Folter, die sie in der Haft erlitt. Sie kam aus Deutschland, wohin ihre Familie danach flüchtete, nach Wien. Afghanistans Botschafterin in Wien, Manizha Bakhtari, freute sich über die erfolgreiche Erarbeitung von Arbeitsgruppen und -papieren zu den Themen Politik, Wirtschaft, Menschenrechte und internationale Beziehungen.

(APA/Red)

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