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Afghanistan: 93 Österreicher bei Wahlen

Das österreichische Bundesheer schickt 93 Mann zur Sicherung der Parlamentswahlen nach Afghanistan. Die Soldaten werden von August bis Ende Oktober in Kunduz, rund 350 Kilometer nördlich von Kabul, stationiert.

Sie werden dort Teil eines sogenannten Wiederaufbau-Teams unter deutscher Führung.

Die Wiederaufbauteams in mehreren afghanischen Regionen sind Teil der internationalen Friedenstruppe ISAF und haben keinen Kampfauftrag. Die Soldaten sollen eine sichere Arbeitsumgebung für Hilfsorganisationen schaffen. Aktuell kommt dazu der Schutz der Wahl. Als konkrete Aufgaben des österreichischen Kontingents nannte Generalmajor Günther Höfler, der Kommandant der Bundesheer-Auslandseinsätze, etwa die Durchführung von Patrouillen.

Das Bundesheer schickt überwiegend Soldaten der Kaderpräsenz-Einheit der in Tirol stationierten 6. Jägerbrigade an den Hindukusch. Dementsprechend kommt das Gros des 93-köpfigen Kontingents – 54 Mann – aus Tirol. Mit zwölf bzw. elf Soldaten sind auch Kärnten und die Steiermark stark vertreten. Sechs Angehörige des Kontingents kommen aus Niederösterreich, vier aus Oberösterreich, je drei aus Salzburg und Wien und zwei aus Vorarlberg.

Fünf dieser Soldaten waren schon einmal in Afghanistan: Österreich hatte sich bereits von Februar bis Dezember 2002 an der ersten Phase der internationalen Friedenssicherung in Afghanistan beteiligt. Damals waren in zwei Rotationen insgesamt 170 Heeresangehörige im Raum Kabul für die ISAF abgestellt.

Das Kontingent verfügt ausschließlich über „gehärtete“ Fahrzeuge, die mehr Schutz versprechen. Erstmals eingesetzt werden sechs Stück der neuen Allschutzfahrzeuge „Dingo“, dazu kommen Pandur-Radpanzer, Puch G-Geländewagen sowie geländegängige Lkw. Erstmals zum Einsatz kommt auch die neue Tropnebekleidung des Bundesheeres.

Sicherheitslage vor Wahlen bleibt problematisch

In mehreren Landesteilen kam es in den vergangenen zwei Wochen wieder zu heftigen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und den Rebellen. Vor zehn Tagen waren in der Provinz Khost schwere Gefechte ausgebrochen, nachdem Extremisten einen Stützpunkt der afghanischen Armee angegriffen hatten. Daraufhin töteten die Regierungstruppen mit Unterstützung von US-Kampfflugzeugen mindestens zwanzig radikale islamische Rebellen. In der vergangenen Woche wurden mindestens 14 Menschen bei Kämpfen getötet.

Die Angriffe auf amerikanische Soldaten nehmen ebenfalls seit Monaten zu. In der Provinz Sabul wurde in der vergangenen Woche eine US-Patrouille beschossen, wie ein Militärsprecher bekannt gab. Beim Abschuss eines US-Hubschraubers durch fundamentalistische Rebellen Ende Juni wurden 16 amerikanische Kämpfer getötet. Insgesamt kamen seit Jahresbeginn mehr als 600 Menschen ums Leben, unter ihnen Milizionäre, Zivilisten und rund 50 US-Soldaten.

Auch in der Bevölkerung wächst der Widerstand gegen die US-Truppen. Berichte über Koranschändungen im US-Gefangenenlager Guantanamo lösten im Mai blutige Ausschreitungen aus. Mehrere Menschen starben. Angehörige von Hilfsorganisationen können sich an Ort und Stelle nicht mehr sicher fühlen. So wurde im Mai die italienische Entwicklungshelferin Clementina Cantoni entführt. Sie kam drei Wochen später frei.

Die NATO verfügt in Afghanistan über rund 8.000 Soldaten zur Friedenssicherung. Sie führt die internationale Schutztruppe (ISAF) an. Polen hatte vor Kurzem angekündigt, das Kommando über die ISAF-Truppen in Afghanistan übernehmen und 1.000 eigene Soldaten in das Land schicken zu wollen.

Die USA sind unabhängig davon mit rund 18.000 Soldaten vertreten. Diese sollen nun mit bis zu 700 Soldaten verstärkt werden. US-Präsident George W. Bush und der afghanische Präsident Hamid Karzai hatten Ende Mai in Washington ein Memorandum über die strategische Partnerschaft ihrer Länder unterzeichnet. Darin hatten die USA bekräftigt, sich auch über die Parlamentswahlen hinaus auf lange Sicht politisch, wirtschaftlich und militärisch am Hindukusch zu engagieren.

Mehrere Länder haben vor den Wahlen angekündigt, ihre Truppen in Afghanistan aufzustocken. Österreich beteiligt sich mit vorerst 93 Soldaten zur Unterstützung eines sogenannten Wiederaufbau-Teams in Kunduz. Der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) kündigte an, das deutsche Kontingent von 2.250 auf 3000 Mann erhöhen zu wollen. Frankreich verstärkt seine Truppen für den Zeitraum der Wahlen um sechs Kampfflugzeuge und 600 Mann.

Kanada will in den kommenden Monaten rund 2000 Soldaten und Spezialtruppen in Afghanistan stationieren, vor allem zur Bekämpfung von islamistischen Taliban-Rebellen und Anhängern der Terrororganisation Al Kaida. Die Einheit soll Angriffe abwehren, mit denen Taliban-Anhänger im Vorfeld der für September geplanten Parlamentswahlen gedroht haben. Auch Australien hat zuletzt 150 Elitesoldaten für den Kampf gegen die Taliban nach Afghanistan entsandt.

Die Führung der US-Streitkräfte gibt sich trotz der Berichte optimistisch. Die Situation in Afghanistan verbessere sich, obwohl es noch „Widerstandsnester“ gebe, sagte der scheidende US-Generalstabschef Richard Myers jüngst nach einem Treffen mit dem deutschen Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan in Berlin. Auch Schneiderhan sprach von einem „landesweit erheblichen Zuwachs an Sicherheit“.

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