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AfD-Einstufung ist vor allem für die Union ein Problem

Der deutsche Bundesverfassungsschutz stuft AfD als "gesichert rechtsextrem" ein.
Der deutsche Bundesverfassungsschutz stuft AfD als "gesichert rechtsextrem" ein. ©APA
Abgrenzungsdebatte trifft CDU und CSU härter als SPD und Grüne - Ostpolitiker der CDU warnen intern vor Verbotsverfahren - AfD könnte "Opferrolle" bei Landtagswahlen ausspielen

Als der deutsche Bundesverfassungsschutz am Freitag überraschend seine Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextrem" verkündete, brach sofort eine Debatte über ein mögliches Parteiverbotsverfahren los. Aber Reaktionen der Unions-Führung blieben lange aus.

Als erster wagte sich der künftige Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) mit einem wenig begeisternd klingenden Kommentar nach vorne, dass nun sicherlich eine gerichtliche Überprüfung stattfinde und man die AfD weiter beobachten müsse. Die Zurückhaltung hat Gründe: Denn vor allem die künftige Kanzlerpartei CDU und die CSU als Hauptgegner der AfD stürzt die Neueinstufung in die Bredouille - was am designierten Kanzler Friedrich Merz, dem vorgesehenen künftigen CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn und den Meinungsumfragen liegt. Das liegt nicht etwa daran, dass man in CDU und CSU an dem Urteil des Verfassungsschutzes Zweifel hätte. Aber die Einstufung löst eine Debatte zur Unzeit aus.

Kann man die zweitstärkste Partei verbieten?

Auf dem Kirchentag in Hannover warnte der scheidende Kanzler Olaf Scholz vor einem "Schnellschuss" und verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahren alle Parteiverbotsverfahren gekippt habe. Scholz spricht damit nur aus, was viele denken: Die Einstufung mag berechtigt sein, aber es gibt rechtliche Zweifel der Durchsetzbarkeit eines Verbots. Und die Wahlen in Ostdeutschland haben bereits gezeigt, dass die dortige Einstufung der AfD durch drei Landesämter für Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" auf Wähler keinen abschreckenden Einfluss mehr zu haben scheint. Sogar bundesweit lag die AfD in den vergangenen Wochen in Umfragen vorübergehend an der Spitze der Zustimmung - trotz aller Hinweis auf rechtsradikale Kräfte in der Partei.

Merz und die Unvereinbarkeit

Während Linken, SPD und Grünen schnell abgenommen wird, dass sie mit der AfD nicht kooperieren, ist dies bei Union anders. Seit Jahren hadern CDU und CSU mit dem Umgang mit der rechtspopulistischen Partei - woran zuletzt auch Parteichef Merz selbst nach Meinung einiger führender Unions-Politiker nicht ganz unschuldig ist. Zwar gilt der Unvereinbarkeitsbeschluss für die Zusammenarbeit der CDU mit der AfD und den Linken. Merz betonte auch immer, dass er dafür stehe. Aber er selbst hatte im Bundestag Ende Jänner in Kauf genommen, dass eine Mehrheit für einen Unions-Antrag nur mit der AfD zustande kam. Das hatte solche Empörung ausgelöst, dass Merz im Koalitionsvertrag mit der SPD schriftlich zusagen musste, dass sich ein solches Vorgehen nicht wiederholen wird. Dennoch ist das Misstrauen bei SPD-Politikern nicht ganz verschwunden.

Das liegt auch daran, dass es in der CDU gerade im Osten nicht nur auf lokaler Ebene immer wieder Forderungen oder gar Versuche gibt, das Zusammenarbeitsverbot mit der AfD zu unterlaufen. Spricht sich Merz gegen ein Parteiverbot aus, könnte man ihm andere Motive als nur die von Scholz vorgebrachten Zweifel an der Durchsetzbarkeit unterstellen. Spricht er sich dafür aus, wird die AfD argumentieren, er wolle mit rechtlichen Schritten die politische Konkurrenz ausschalten.

Spahn schnürt Misstrauen

Dazu kam gerade in den vergangenen Wochen die Debatte, wie man im Bundestag mit der AfD als zweitstärkster Fraktion umgehen solle. Der bisherige Unions-Fraktionsvize Spahn pocht darauf, dass er dabei keineswegs eine Normalisierung im Umgang mit der AfD gefordert hatte. Aber Spahn, immerhin einer der starken Kräfte in der künftigen schwarz-roten Koalition, hatte sehr wohl vorgeschlagen, die AfD in Bundestagsabläufen wie die anderen Oppositionsparteien Grüne und Linke zu behandeln. Er beschrieb die Gefahr: Ansonsten könne sich die AfD immer wieder als Opfer vermeintlicher Kartellpolitik der anderen Parteien präsentieren.

Allerdings ging der Vorstoß auch CSU-Chef Markus Söder zu weit. Wie SPD-Chef Lars Klingbeil betonte er, kein CSU-Politiker werde für einen AfD-Ausschussvorsitzenden die Hand heben. Merz selbst hielt sich auch in dieser Debatte auffallend zurück.

Die schwierigen Ostwahlen

Die Entscheidung über ein Verbotsverfahren ist auch deshalb heikel für die Union, weil 2026 zwei Landtagswahlen in Ostdeutschland bevorstehen - in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Dort hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die letzte Wahl mit einer klaren Abgrenzung zur AfD gewonnen. Es gibt aber unter ostdeutschen Ost-Politikern unter der Hand die klare Warnung, dass eine Verbotsdebatte der AfD nur weiteren Auftrieb geben würde. "Das würde nur ihr Opfer-Narrativ bedienen, ohne dass man etwas erreicht hätte", sagt ein führender ostdeutscher CDU-Politiker. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Manuela Schwesig (SPD) hat es da leichter, wenn sie am Freitag forderte, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben dürfe.

APA/dpa

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