Abgesang auf verglühten Popstar: "Wish You Were Here"
"Es war zunächst recht schwierig, uns alle vier ins Studio zu bringen", erinnert sich Drummer Nick Mason über den mühsamen Start von "Wish You Were Here" gegenüber dem britischen Magazin "Uncut". Der Schlagzeuger ist im Rückblick überzeugt, dass man mit "Dark Side" länger touren hätte sollen. Aber sobald mit der Arbeit an dem neuen Album tatsächlich begonnen wurde, seien alle vier Bandmitglieder gleichermaßen "dabei" gewesen - wiewohl Bassist Roger Waters zunehmend die Richtung vorgab. Bei Konzerten in Großbritannien und Frankreich hatte man 1974 bereits die neuen Songs "Raving And Drooling", "You Gotta Be Crazy" und "Shine On You Crazy Diamond" vorgestellt.
Unerwarteter Besuch im Studio
"Wir hatten das Gefühl, keine zwei Konzeptalben hintereinander machen zu können", so Mason zu "Uncut". Als dann Barrett im Studio auftauchte, änderte sich alles und die Suite "Shine On You Crazy Diamond" rückte in den Fokus. "Raving And Drooling" sowie "You Gotta Be Crazy" wurden verworfen (später als "Sheep" bzw. "Dogs" für das Album "Animals" verarbeitet), "Shine On" geteilt und an den Anfang und das Ende des Albums gepackt und um den Titelsong sowie zwei Stücke ergänzt, die sich kritisch mit der Musikindustrie auseinandersetzen.
Barrett, einstiger Star der britischen Psychedelic-Bewegung, LSD-Konsument, Mitbegründer der Band und kreativer Kopf beim Debüt "Pink Floyd", war 1968 wegen zunehmender psychischer Probleme aus der Gruppe geflogen. Nach zwei Soloalben zog sich Barrett (gestorben 2006) ab Mitte der 70er-Jahre komplett aus der Öffentlichkeit zurück.
Unerwartete Begegnung
Sieben Jahre nach dem Aus bei Pink Floyd tauchte Barrett also beim Mixen von "Shine On You Crazy Diamond" im Studio auf. Die ehemaligen Mitmusiker erkannten den mittlerweile übergewichtigen Mann mit kahl geschorenem Kopf und rasierten Augenbrauen zunächst nicht. Die Begegnung beeinflusste den Ton der endgültigen Fassung von "Shine On".
Auch die Verpackung der LP ist legendär. Das Coverfoto zeigt zwei Männer, die sich die Hand reichen, einer brennt. Aubrey "Po" Powell von der Kreativschmiede Hypgnosis erinnert sich: "In den 1970er-Jahren waren Albumcover ebenso wichtig wie die Musik selbst. Plattengeschäfte führten rund 10.000 verschiedene Covermotive, also musste das, was wir machten, anders aussehen und aus der Masse herausstechen. Ich erinnere mich, wie ich mich zu Storm (Thorgerson von Hypgnosis) umdrehte und sagte: Wie sollen wir einen Mann in Brand setzen? Denn damals gab es keine digitale Möglichkeit, so etwas zu machen. Er sagte: Po, du musst es einfach in echt machen. Das war's."
Atmos-Mix und Erstfassungen
"Wish You Were Here" wurde zum nächsten großen Erfolg von Pink Floyd. Nachdem das Album bereits 2011 für ein "Immersion Box Set" um Livematerial ergänzt wurde, haben sich die Verantwortlichen der 50-Jahre-Edition redlich bemüht, neue Kaufanreize zu schaffen. Statt Murmeln, Bierdeckeln, Schal und sonstige Beigaben wie in der "Immersion Box" wartet man diesmal mit hochwertigen Bonustracks und sensationellem Sound auf.
Ein Box-Set, eine Drei-LP- und eine Zwei-CD-Version bieten Demos und Erstfassungen diverser Songs, was die Entwicklung des Albums dokumentiert, einen Pedal-Steel-Mix des Titelsongs (der dem Lied eine andere Atmosphäre verpasst) und einen neuen Stereo-Mix von "Shine On" als 25-Minuten-Epos. Das Ganze wurde von den Kreativdesignern von Hypgnosis kunstvoll neu verpackt (inklusive dem ikonischen Originalcover).
Außerdem erscheint eine einfache LP auf gelbem Vinyl. Ein besonderes Zuckerl ist ein Atmos-Mix auf einer in der Box und separat angebotenen Blu-Ray (plus Bonustracks, einem aufpolierten Live-Mitschnitt eines legendären Bootleggers und einem Kurzfilm). Die hochpreisige Vinyl-CD-Box wird in Sachen Inhalt und Aufmachung dem Meisterwerk mehr als gerecht, ein Poster, eine Replika-Single und einen Comic gibt es darin als Zugabe. Ein Buch im LP-Format bietet Einblicke in die Zeit der Entstehung von "Wish You Were Here", auch die Begegnung mit Barrett ist mit Fotos festgehalten.
(Von Wolfgang Hauptmann/APA)
(S E R V I C E - ; neuer Mix von "Shine On You Crazy Diamond": )
(APA)
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