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Abgasskandal beschäftigt wieder die Gerichte

Eingefrorene Verfahren gegen VW im Abgasskandal laufen wieder
Eingefrorene Verfahren gegen VW im Abgasskandal laufen wieder ©APA/dpa
Die Welle an Klagen wegen manipulierter Abgaswerte bei Volkswagen und anderen Autofirmen kommt wieder ins Rollen. Hunderte Verfahren, die ausgesetzt waren, wurden von der Kanzlei von Rechtsanwalt Michael Poduschka vergangene Woche wieder aktiviert. VW habe alle Fälle, die vor Höchstgerichten anhängig waren, durch Zahlung der geforderten Beträge plus Zinsen "daschlogn" und damit eine Klärung europarechtlicher Grundsatzfragen verhindert, kritisiert Poduschka.

In den Verfahren geht es um den Motor EA-288 von VW und vergleichbare EU-6-Motoren anderer Hersteller. Bei diesen sind einige grundsätzliche Rechtsfragen noch nicht geklärt. Der OGH wie auch zahlreiche Untergerichte haben dabei festgestellt, dass es sich um bisher ungelöste EU-rechtliche Fragen handelt, die nur vom EuGH geklärt werden können und dafür ihre Verfahren unterbrochen. Höchstgerichtliche Entscheidungen gibt es bisher nur zu EU-5-Motoren (EA189 Motor).

Etwa zehn Grundsatzfragen offen

Zu den etwa zehn offenen Grundsatzfragen, die vom EU-Gericht zu klären sind, gehört, ob es bereits unzulässig ist, wenn die Abgaskontrolle schon im normalen Fahrbetrieb beeinträchtigt ist oder erst, wenn zusätzlich die gesetzlichen Grenzwerte in Summe überschritten sind. Der Europäische Gerichtshof sollte unter anderem auch auslegen, ob der Autokäufer die volle Beweislast tragen muss und ob die gesetzlichen Abgasbestimmungen nur bei der Typisierung oder auch im realen Fahrbetrieb eingehalten werden müssen.

Alleine Poduschka hat nun 660 Verfahren wieder in Gang gesetzt. Er schätzt, dass in Österreich 1.000 bis 1.500 Klagen wiederbelebt werden dürften. VW habe sich zwar ursprünglich dazu bekannt, dass einige Fälle zur Klärung der Grundsatzfragen vor das Höchstgericht kommen, dann aber "daschlogn sie genau die 10 leading cases mit der beabsichtigten Rechtsfolge: so ein Pech, dann müssen wir wieder von vorne beginnen. Obwohl der einzelne Betroffene jedes Mal viel Geld erhält, ist und bleibt es eine Irreführung der Justiz", kritisiert Poduschka das Vorgehen des Volkswagen Konzerns in den letzten 20 Jahren in einer Stellungnahme an die APA.

"Roter Faden" der "Irreführung der Justiz"

In seinem Antrag an das Gericht auf Fortführung eines Verfahrens schreibt er: "Der durchgehende "rote" Faden dieser Vorgangsweise heißt IRREFÜHRUNG", wobei nunmehr "nicht mehr der Volkswagen-Kunde, sondern die österreichische Richterschaft und der Rechtsstaat" in die Irre geführt würden. Es stelle sich die Frage, ob die Schadenersatzzahlungen, die Gerichte bisher VW auferlegt haben, überhaupt "wirksam, verhältnismäßig und für einen Konzern abschreckend sind, wenn nunmehr nicht nur Kunden, sondern auch Richter an der Nase herumgeführt werden".

Dadurch, dass VW in diesen exponierten Fällen alle Ansprüche anerkannt habe, gebe es nun keine höchstgerichtliche Entscheidung und alle anderen Verfahren müssen umgehend fortgesetzt werden. Poduschka spricht von "Frustration" bei Geschädigten und Gerichten. Die Gerichte müssten die Verfahren nun fortsetzen, obwohl klar sei, dass nur der EuGH die damit verbundenen grundsätzlichen europarechtlichen Fragen als letzte Instanz entscheiden könne.

Die Gerichte hätten nun nur die Möglichkeit, alle Fälle einzeln oder mehrere Verfahren verbunden dem EuGH vorzulegen. Solange aber VW nicht entweder allen Geschädigten ihren Schaden ersetze oder zumindest ein Verfahren bis zum Höchstgericht durchlasse, werde es keine endgültige Klärung der Situation geben, sagt Poduschka.

(APA)

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