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Abbas: Volk am Rande eines Bürgerkriegs

Ramallah - Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hat sein Volk vor einem Bürgerkrieg in den Autonomiegebieten gewarnt.

Die innerpalästinensischen Kämpfe hätten inzwischen sogar schlimmere Auswirkungen als die israelische Besatzung, sagte Abbas am Dienstag in einer Rede zum 40. Jahrestag des Sechs-Tage-Kriegs. Dieser hatte am 5. Juni 1967 begonnen. In seinem Verlauf kamen unter anderem der Gaza-Streifen und das Westjordanland sowie Ostjerusalem unter israelische Kontrolle.

Abbas sprach im Hinblick auf die damaligen Ereignisse von einem „schwarzen Tag“ für die Palästinenser. Diese hätten einen hohen Preis für die Niederlage der arabischen Welt bezahlt. Die jüngsten Kämpfe zwischen rivalisierenden palästinensischen Gruppen seien jedoch ganz besonders schlimm für das Ansehen der Palästinenser in der Welt. Den Extremisten, die immer wieder Raketen auf israelisches Gebiet abfeuern, warf Abbas vor, sie erwiesen den Palästinensern einen schlechten Dienst, da sie ständig Gegenangriffe der israelischen Streitkräfte provozierten.

In die Kämpfe im Gaza-Streifen waren in jüngster Zeit vor allem die Fatah des Präsidenten sowie die Hamas von Ministerpräsident Ismail Haniyeh verwickelt. Seit März sind beide Gruppen zwar in einer Regierung vereint. Es ist seither aber immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen.

Abbas erklärte in seiner Fernsehansprache weiter, er werde bei seinem bevorstehenden Treffen mit dem israelischen Premier Ehud Olmert auf eine Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen dringen. Dabei werde er ferner den Ausbau der jüdischen Siedlungen im Westjordanland anprangern und den Verlauf der israelischen Grenzanlagen mit ihren tiefen Einschnitten in palästinensisches Gebiet. Auch das Schicksal palästinensischer Häftlinge und schließlich die ausstehenden Transferzahlungen wolle er zur Sprache bringen, sagte Abbas. Sein Treffen mit Olmert soll nach palästinensischen Angaben am Donnerstag in Jericho stattfinden.

Der Palästinenser-Präsident zeigte sich zudem zuversichtlich, dass sein Volk in absehbarer Zeit in einem eigenen Staat leben könne. Abbas betonte die Fortschritte auf dem Weg zu diesem Ziel. Allen Schwierigkeiten zum Trotz rücke es näher.

In Israel wurde der 40. Jahrestag des Sechs-Tage-Kriegs am Dienstag nicht gefeiert, da dies nicht mit dem jüdischen Kalender übereingestimmt hätte. In Zeitungen waren jedoch teilweise sehr kritische Bilanzen zu lesen. „Je länger die Besatzung anhält, desto weniger erleuchtend und desto mehr unmenschlich, unerträglich, korrupt und korrumpierend ist sie geworden“, schrieb Sever Plocker in der „Yedioth Ahronoth“.

In Hebron riefen am Dienstag etwa 300 Mitglieder der israelischen Friedensorganisation „Shalom Achshaw“ zur Räumung aller israelischer Siedlungen auf. Etwa 30 Siedler hielten eine Gegendemonstration ab. Die Siedler beschimpften die Demonstranten als „Verräter“. An der ägyptischen Grenze zum Gaza-Streifen demonstrierten zudem arabische Schriftsteller aus 15 Ländern gegen die Besatzung. In Ramallah im Westjordanland versammelten sich hunderte Menschen, um an die „große Niederlage“ der arabischen Welt zu erinnern.

UNO-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour warf den Konfliktparteien im Nahen Osten vor, seit 40 Jahren die Menschenrechte zu verletzen. „Das Recht auf Leben wird in der Region weiterhin durch ein allgemeines Klima der Straffreiheit verletzt“, sagte Arbour am Dienstag in Genf. Mit ihrer Kritik sie sich sowohl auf die Luftangriffe der Israelis wie auf Anschläge militanter Gruppen auf israelische Zivilisten.

Israelische Truppen zogen am Dienstag nach einem Vorstoß in den südlichen Gaza-Streifen wieder ab. Eine Armeesprecherin teilte mit, während des Einsatzes seien vier gesuchte militante Palästinenser festgenommen worden. Israelische Soldaten waren am Montag mit rund 15 Panzern und vier Bulldozern einen Kilometer tief in das Palästinensergebiet vorgedrungen. Bei einem ähnlichen Einsatz in einem Dorf bei Jenin im nördlichen Westjordanland wurden am Dienstag zehn Palästinenser verletzt und 14 weitere festgenommen.

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