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Neues "Metroid": Meisterwerk und doch Enttäuschung!

Lang erwartetes "Metroid Prime 4: Beyond" bringt moderne Features, macht aber fatale Fehler

(Switch 1 & 2) "Metroid Prime" ist Kult: ein First-Person-Action-Adventure mit einzigartigem Protagonisten, das den Fokus klar auf Erkundung, Kämpfe und Atmosphäre legt. Die Prime-Reihe gilt seit den GameCube-Tagen als Paradebeispiel dafür, wie das Erfolgsrezept der "Metroid"-Serie – klassische 2D-Metroidvania-Strukturen – in die Ego-Perspektive übertragen wird. Nach einer langen Durststrecke und mehreren Neustarts in der Entwicklung stand "Beyond" unter enormem Erwartungsdruck. Die Fans hofften auf einen modernen Klassiker, der die Prime-Trilogie würdig fortsetzt und gleichzeitig neue Ideen einbringt. Genau hier hakt es leider etwas: "Metroid Prime 4" wirkt oft wie ein perfektes Comeback, gleichzeitig aber auch wie ein Spiel, das an seinen eigenen Ambitionen scheitert.

In "Beyond" steht erneut die Kopfgeldjägerin Samus Aran im Mittelpunkt, die auf einem fremden Planeten ein Mysterium rund um eine untergegangene Zivilisation und ihren Widersacher Sylux aufklärt.

Im Kern bleibt das neue Spiel der bekannten Formel treu: Spieler:innen erkunden aus der Ego-Perspektive den Planeten Viewros, scannen die Umgebung, finden Upgrades und öffnen damit zuvor verschlossene Wege. Dieses typische "Mit neuem Gadget zurück zum alten Raum"-Prinzip sorgt für den vertrauten Metroidvania-Loop. Die einzelnen Regionen sind über einen großen Hub, das als Wüsten- und Schluchtenlandschaft inszenierte Sol Valley, miteinander verbunden. Während die einzelnen Biome mit verwinkelten Layouts, alternativen Routen und versteckten Geheimnissen punkten, wirkt der Hub leider vergleichsweise leer und funktional.

Viel Neues für Samus

Zu den wichtigsten Neuerungen zählen die Psi-Kräfte. Über ein mysteriöses Relikt erhält Samus Fähigkeiten, mit denen sie beispielsweise Projektile in der Luft umlenken, Plattformen sichtbar machen oder bestimmte Umgebungsobjekte manipulieren kann. In Rätseln führen diese Kräfte zu cleveren Momenten, etwa wenn ein Schuss im letzten Moment um eine Ecke gelenkt wird oder sich neue Wege nur mit präzisem Psi-Timing öffnen. Im Kampf zeigen sich jedoch Schwächen: Das Umschalten zwischen klassischem Schießen, Lock-on und Psi-Einsatz fühlt sich gerade in hektischen Situationen hakelig an und stört so den ansonsten flüssigen Action-Flow.

Ein weiterer Hingucker ist das Vi-0-La-Motorrad, mit dem Samus längere Strecken im Hub sowie in bestimmten Tunnelsektionen schnell überwinden kann. Dieses Bike beschleunigt zwar den Spielfluss und sorgt für dynamische Momente, wirkt aber stilistisch wie ein Bruch mit der sonst sehr bedachten, langsamen Erkundung. Für manche Fans wird es ein willkommenes Komfort-Feature sein, während andere den Eindruck haben dürften, dass hier Geschwindigkeit über Atmosphäre gestellt wurde.

Im Verlauf trifft Samus auch auf bedrängte Soldaten der Galactic Federation, die gegen Sylux’ Kräfte und parasitäre Infektionen kämpfen. Diese NPCs liefern nicht nur Hintergrundinformationen durch Logbucheinträge und Gespräche, sondern unterstützen Samus auch zeitweise im Kampf oder begleiten sie in engen Abschnitten. Dadurch wird das Teamgefühl verstärkt und die Bedrohungslage intensiviert. Allerdings wirken sie stellenweise wie austauschbare Figuren ohne tiefere Charakterentwicklung, was einen Kontrast zu Samus’ Solo-Identität darstellt.

Starke Technik

In puncto Präsentation überzeugt "Metroid Prime 4: Beyond" auf beiden Switch-Konsolen. Besonders die Darstellung der Umgebungen sticht hervor: dichte Vegetation, rostende Metallstrukturen, fremdartige Ruinen und subtil eingesetzte Lichtquellen schaffen eine glaubwürdige und manchmal bedrohliche Welt. Die Switch-2-Version profitiert von einer höheren Auflösung und einer stabileren Bildrate. Dadurch kommen Details und Effekte besser zur Geltung. Die normale Switch-Version bleibt technisch solide, stößt aber sichtbar an Grenzen.

Das Sounddesign zählt zu den größten Stärken des Spiels. Anstatt durchgehend Musik abzuspielen, setzt das Spiel auf lange, ruhige Passagen, in denen nur Maschinen brummen, Windgeräusche zu hören sind oder ein Echo in der Ferne ertönt. Diese Stille verstärkt das Gefühl von Einsamkeit und Erforschung. Wenn Musik einsetzt, handelt es sich meist um sphärische, leicht düstere Klangteppiche oder dezente Themen, die sich nahtlos in die Umgebung einfügen.

Bei der Steuerung setzt der Titel auf ein klassisches Dual-Stick-Layout mit optionaler Bewegungserkennung zum Feinzielen. In Kombination mit dem Lock-on-System lassen sich Standardgegner und die zahlreichen Bossgegner sehr gut bekämpfen. Gerade die Bosskämpfe nutzen häufig die Umgebung, wechselnde Phasen und Schwachpunkte, wodurch die Auseinandersetzungen abwechslungsreich und anspruchsvoll werden. Problematisch bleibt jedoch die Integration der Psi-Kräfte in den Steuerungsmix, da sich zeigt, dass zusätzliche Komplexität nicht automatisch zu mehr Spielspaß führt, wenn sie nicht sauber in die bestehende Bedienlogik eingebettet ist.

Zwischen Meisterwerk und Enttäuschung

"Metroid Prime 4: Beyond" erreicht in vielen Momenten genau das, was sich Fans seit Jahren wünschen: ein intensives Gefühl von Entdeckung, das ständige Kribbeln, wenn hinter der nächsten Tür ein neues Upgrade, ein versteckter Raum oder ein überraschender Bosskampf wartet. Wer die Prime-Trilogie mochte, wird sich dank der dichten Atmosphäre sofort zu Hause fühlen.

Gleichzeitig fallen die Schwächen im Spieldesign auf. Hinzu kommt eine Story, die sich anfangs groß aufbaut, im Finale jedoch eher konventionell wirkt und viele interessante Ansätze nur anreißt, statt sie konsequent zu Ende zu führen.

Diese Mischung führt zu dem Eindruck, dass "Beyond" gleichzeitig ein beeindruckendes Comeback und eine verpasste Chance ist. Einerseits steht ein herausragend inszeniertes Metroid-Erlebnis mit starken Bosskämpfen, exzellenter Stimmung und solider Modernisierung des Gameplays. Auf der anderen Seite stehen Designentscheidungen, die das Tempo bremsen, den Spielfluss unterbrechen oder den Purismus der Reihe unnötig verwässern.

Fazit: 8 von 10

"Metroid Prime 4: Beyond" ist in vielerlei Hinsicht ein gelungenes Spiel und fast ein Meisterwerk, insbesondere was Atmosphäre, audiovisuelle Gestaltung und die klassische Metroidvania-Struktur betrifft. Gleichzeitig enttäuscht es in zentralen Bereichen: beim Aufbau der Oberwelt, bei der Einbindung seiner wichtigsten neuen Mechanik und bei der Auflösung der Geschichte. Wer einen makellosen Nachfolger der Prime-Trilogie erwartet, wird daher mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Empfehlenswert ist der Titel vor allem für "Metroid"-Fans, die bereit sind, mit den Schwächen zu leben, um im Gegenzug eine der intensivsten Erkundungserfahrungen im Sci-Fi-Genre der letzten Jahre zu erhalten. Auch Besitzer einer Switch 2, die nach einem technisch beeindruckenden Titel mit starken Bosskämpfen suchen, werden fündig.

(VOL.AT/Ländle Gamer)

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