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Diese neue Zugstrecke führt direkt in die Welt der Maya

Von Cancún aus beginnt eine Reise zu verborgenen Tempeln, stillen Dschungelstädten – und einem Weltwunder.

Der Bahnhof von Cancún wirkt wie aus einem Werbefilm geschnitten. Breite Glasfronten, helle Böden, automatische Türen. Eine Putzfrau zieht im Minutentakt ihre Bahn, Sicherheitskräfte stehen an den Zugängen, und auf den Bildschirmen laufen Animationen, die die neue Verbindung anpreisen. Wenn der Tren Maya ein Symbol sein soll, dann dieses: Mexiko präsentiert sich plötzlich sehr modern. Zumindest hier. Minuten später setzt sich der Zug in Bewegung und bringt uns in den Süden der Halbinsel im Südosten Mexikos, und damit vom Bundesstaat Yucatán nach Quintana Roo. An den Fenstern ziehen dichte Baumreihen vorbei, viel mehr ist nicht zu sehen in den vier Stunden von Cancún nach Bacalar. Erst vor rund einem Jahr wurde die erste Strecke des Megaprojekts, das vor allem Touristen in Zukunft bequem und sicher zu den wichtigsten Orten der Halbinsel bringen soll, eröffnet. Pünktlich auf die Minute und noch immer mit blitzblankem Boden erreichen wir unser erstes Etappenziel. Unweit von Bacalar, berühmt für seine Lagune, beginnt auch unsere Reise auf den Spuren der Maya: in Ichkabal.

Bacalar ist vor allem auch bekannt für seine traumhafte Lagune aus Süßwasser, die in sieben Blautönen leuchtet. ©Edelweiss/Loren Bedeli

Geschichte ohne Trubel

Während sich in Tulum und Cobá, etwas weiter nördlich die Touristenmassen durch die Ruinen drängen, spazieren wir hier in Ichkabal ganz alleine durch die Ausgrabungen, die erst seit wenigen Monaten überhaupt für Touristen zugänglich sind. Nur die herumspringenden Affen durchbrechen die Stille des Ortes, und sogar ein kleiner Fuchs lässt sich nicht von unserer Anwesenheit beeindrucken. „Ichkabal ist älter und größer als das berühmte Chichén Itzá“, erklärt uns unser Guide Roberto Strada. Wir erklimmen die mit 40 Metern höchste Pyramide des Areals und genießen den spektakulären Blick über die Wälder während Roberto uns in die faszinierende Welt der Maya einführt und wir uns beinahe bildlich vorstellen können, wie es hier vor 2400 Jahren ausgesehen haben muss. Wie die Menschen damals all dies erbauen und berechnen konnten, bleibt allerdings unvorstellbar.

Toller Blick von der 40 Meter hohen Pyramide in Ichkabal. Bisher finden nur wenige Touristen den Weg hierher. ©Edelweiss/Loren Bedeli

Weiter nach Valladolid

Zurück im Tren Maya geht es wieder Richtung Norden. Nach einem Umstieg in Puerto Murelos erreichen wir die schöne Kolonialstadt Valladolid und damit die nächste Maya-Stätte: Ek Balam. Der Name bedeutet „Schwarzer Jaguar“. Die Stadt diente über Jahrhunderte als königliches Zentrum und war von mehreren Mauerringen umgeben. Die gewaltige Akropolis ist hier nicht schlicht, sondern geschmückt mit beeindruckenden Reliefs. Jaguare, Schlangen, gefiederte Gottheiten und ein riesiges, aufgerissenes Schlangenmaul-Tor machen den Ort zu einem einzigartigen Beispiel für Maya-Kunst.

Die Hauptpyramide in Ek Balam darf noch bestiegen werden. So kann man die Reliefs aus nächster Nähe sehen. ©Beate Rhomberg

Nach all den unbekannteren Maya-Stätten muss aber auch für uns am nächsten Tag endlich der wohl bekannteste Ort der Maya-Welt folgen: Chichén Itzá, eines der modernen sieben Weltwunder und damit der Touristen-Hotspot schlechthin. Fast bereue ich es, hergekommen zu sein, als ich am Eingang all die Busse stehen sehe, aber ich werde schnell eines Besseren belehrt. Nicht nur die beinahe perfekt erhaltene Pyramide an sich ist beeindruckend, vor allem aber die Geschichte dahinter.

91 Stufen führen an jeder Seite der Kukulcán-Pyramide hinauf – zusammen mit der obersten Plattform ergibt das 365, die Tage eines Jahres. Der gesamte Bau folgt astronomischen Prinzipien. Zur Tag-und-Nacht-Gleiche im März und September fällt der Schatten einer scheinbaren Schlangenlinie über die Treppenstufen – ein Schauspiel, das Menschen seit Jahrhunderten beeindruckt. Dass sich etliche Mythologien der Maya mit der Bewegung der Sonne erklären lassen, macht den Ort noch faszinierender. Doch die Präzision dieser Kultur zeigt sich auch im Klang: Klatscht man an einem bestimmten Punkt in die Hände, prallt der Schall an der Stufenkante der Kukulcán-Pyramide ab und kehrt als hoher, pulsierender Ton zurück – ein Akustikeffekt, der dem Ruf des heiligen Quetzal-Vogels ähnelt. Die Maya wussten genau, wie sie ihre Bauwerke formen mussten, um solche Effekte zu erzeugen. Spätestens jetzt bin ich endgültig überwältigt von diesem Ort und froh, eine der jährlich rund 2,5 Millionen Besucherinnen zu sein.

Fundamente vergangener Kulturen

Deutlich ruhiger geht es da schon weiter westlich im Städtchen Izamal zu. Die Häuser im Zentrum leuchten in sattem Maisgelb, eine Tradition, die in den 1960er-Jahren begann und bis heute gepflegt wird. „Die Farbe sollte die Stadt besonders machen – und sie war die günstigste Option“, erzählt unser Guide.
Doch Izamal ist weit mehr als ein hübsches Fotomotiv. Lange vor der Kolonialzeit war der Ort eines der wichtigsten religiösen Zentren der Maya. Hier beteten sie die Elemente an, verehrten die Sonne und errichteten gewaltige Tempel.

Der größte davon ragte einst über 50 Meter in den Himmel. In der Kolonialzeit wurden viele dieser Bauwerke abgetragen, ihre Steine in Kirchen und Häuser verbaut. Noch heute aber sitzt man in manchen Innenhöfen sprichwörtlich auf den Fundamenten vergangener Kulturen. Wir erkunden die Stadt per Quad, fahren über Kopfsteinpflaster zu Aussichtspunkten und spüren, wie eng sich hier Vergangenheit und Gegenwart berühren.

Unser Tag endet, wie er begonnen hat: in Bewegung. Diesmal nicht im Zug, sondern im Kopf. Denn wer mit dem Tren Maya reist, fährt nicht nur durch zwei Bundesstaaten, sondern auch durch mehrere Jahrtausende Geschichte. Jede Station zeigt ein neues Stück dieser faszinierenden Kultur – und lässt erahnen, wie viele Geheimnisse der Halbinsel noch in den Wäldern verborgen liegen. BER

YUCATAN HALBINSEL

ANREISE Edelweiss fliegt ganzjährig mehrmals wöchentlich von Zürich nach Cancún. Ein Stück Sportgepäck pro Person fliegt gratis mit. Infos und Buchung auf www.flyedelweiss.com
LAGE Die Halbinsel Yucatán befindet sich im Südosten Mexikos und teilt sich in die Bundesstaaten Yucatán, Quintana Roo und Campeche auf. Der südliche Teil der Halbinsel umfasst auch Gebiete in Guatemala und Belize.
FORTBEWEGUNG Eine gute Option, um die Region sicher und bequem zu erkunden ist der relativ neue Tren Maya, der die wichtigsten Orte der Halbinsel verbindet: https://trenmaya.gob.mx


Kochen mit den Maya von heute

©Beate Rhomberg

In einem kleinen Dorf nahe Valladolid öffnet eine Maya-Familie ihre Küche für Besucherinnen und Besucher – und gibt dabei einen interessanten Einblick in eine jahrhundertealte Esskultur. Gekocht wird über offenem Feuer und unter der Erde, gemörsert wird mit schweren Steinwerkzeugen. Aus gerösteten Kürbiskernen, Tomaten und Kräutern entsteht „Sikil P’ak“, ein cremiger Dip, der zu frischen Tortillas serviert wird. Auch „Huevo encamisado“ – ein Ei im Maismantel – gehört zu den traditionellen Gerichten, die hier noch wie früher zubereitet werden. Eine äußerst sympatische Begegnung, die zeigt, wie lebendig diese Kultur geblieben ist. Weitere Informationen und Reservierungen online auf www.aldeaxbatun.com.


Cancún: Das Tor zur Halbinsel Yucatán

Cancún ist vor allem für seinen wunderschönen, langen Strand berühmt. ©Beate Rhomberg

Die Reise beginnt und endet für die meisten Urlauber in Cancún, einer Stadt, die für ihre langen Strände, Hotels und lebhafte Gastronomie bekannt ist. Abseits der Küste bietet Cancún jedoch auch traditionelle Märkte wie den „Market 28“, auf dem Kunsthandwerk, Stoffe und Gewürze verkauft werden.


Maya-Geschichte auf einen Blick

Das Museum erklärt die komplexen Mythen und Bauwerke der Maya. ©Edelweiss/Loren Bedeli

Das Museo Maya in Chetumal veranschaulicht das Wissen, die Rituale und die astronomischen Systeme der alten Hochkultur. Dioramen zeigen detailreiche Stadtmodelle, Fundstücke erzählen vom Alltag und machen die Maya-Welt zugänglich. Optimal, um das Gesehene in Ichkabal, Ek Balam oder Chichén Itzá besser einzuordnen.

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